VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Beschluss vom 18.01.2008 - 8 K 878/06 - asyl.net: M13146
https://www.asyl.net/rsdb/M13146
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Daueraufenthaltsrichtlinie, Antrag, Bearbeitungsdauer, Erledigung, Kostenentscheidung, billiges Ermessen, Untätigkeitsklage, Zulässigkeit
Normen: VwGO § 161 Abs. 3; VwGO § 75; RL 2003/109/EG Art. 7 Abs. 2
Auszüge:

1. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Klägers vom 11. Dezember 2007 und des Beklagten vom 14. Dezember 2007 ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

Im Rahmen der nach § 161 VwGO nur noch zu treffenden Kostenentscheidung waren die Kosten des Verfahrens nach Maßgabe von § 161 Abs. 3 VwGO dem Beklagten aufzuerlegen. Danach fallen in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Ein Fall des § 75 VwGO lag vor. Die dreimonatige Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO war im Zeitpunkt der Klageerhebung am 15. Mai 2006 abgelaufen, und zwar unabhängig davon, ob man hinsichtlich des Beginns der Frist - entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift - auf den Zeitpunkt der Antragstellung am 12. Dezember 2005 abstellt oder aber auf den späteren Zeitpunkt, den 24. Januar 2006, ab dem der Kläger die Erteilung der Bescheinigung über die Rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (heute: Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG, vgl. §§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, 9 a AufenthG) - zu Recht - erst begehrt hat. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen abgelaufen (vgl. Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie), mit der Folge, dass der Kläger sich in Ermangelung fristgemäß erlassener - gesetzlicher - Umsetzungsmaßnahmen unmittelbar auf die Richtlinie berufen konnte, soweit ihm darin hinreichend bestimmt und inhaltlich unbedingt gemeinschaftsrechtliche Rechte in Bezug auf den Aufenthalt eingeräumt werden (vgl. zur Erteilung der Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG ab diesem Zeitpunkt: Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Januar 2006 Az: - 15-39.06.02-2- (NE) - ). Soweit der Beklagte einwendet, ein "Fall des § 75 Satz 1 VwGO" habe nicht vorgelegen, da der Begriff der "angemessenen Frist" im Sinne dieser Vorschrift in richtlinienkonformer Auslegung mit Art. 7 Abs. 2 RL 2003/109/EG dahingehend zu modifizieren sei, dass für die Bescheidung eines Antrags nach der Richtlinie eine Frist von bis zu 6 Monaten zu gelten habe, ist dem nicht zu folgen. Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie bestimmt, dass die zuständigen nationalen Behörden dem Antragsteller ihre Entscheidung unverzüglich, spätestens aber sechs Monate nach Einreichung des Antrags schriftlich mitteilen. Insoweit wird mit der 6-Monats-Frist ab Einreichung des Antrags lediglich eine Höchstgrenze für die Bearbeitungszeit bestimmt. Im Grundsatz ist jedoch eine "unverzügliche" Entscheidung über den Antrag vorgesehen. Das darin zum Ausdruck kommende Anliegen des Gemeinschaftsgesetzgebers, grundsätzlich eine beschleunigte Bearbeitung der Anträge sicherzustellen, spricht bereits dagegen, aus der Höchstfrist eine generelle Regelbearbeitungszeit für Anträge auf Erlangung der Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten abzuleiten. Abgesehen davon, findet eine richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts ihre Grenze an der Auslegungsfähigkeit einer Norm nach Maßgabe der nationalen Auslegungsregeln und -methoden. Eine Auslegung entgegen dem eindeutigen Wortlaut der nationalen Bestimmung - hier der dreimonatigen Sperrfrist des § 75 Satz 2 VwGO, die die angemessene Frist im Sinne des Satzes 1 konkretisiert - kommt daher nicht in Betracht.