VG Köln

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Zitieren als:
VG Köln, Urteil vom 07.02.2008 - 15 K 3805/07.A - asyl.net: M13150
https://www.asyl.net/rsdb/M13150
Leitsatz:

Die Einbürgerung des Stammberechtigten rechtfertigt nicht den Widerruf des Familienasyls.

 

Schlagwörter: Widerruf, Asylanerkennung, Flüchtlingsanerkennung, Familienasyl, Familienflüchtlingsschutz, Erlöschen, Einbürgerung, deutsche Staatsangehörigkeit
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 2b; AsylVfG § 73 Abs. 1 Nr. 3; AsylVfG § 26
Auszüge:

Die Einbürgerung des Stammberechtigten rechtfertigt nicht den Widerruf des Familienasyls.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 28.08.2007 ist gestützt auf § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG a. F.. Nach der Änderung des Asylverfahrensgesetzes durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) - in Kraft seit dem 28.08.2007 - ist maßgeblich nunmehr § 73 Abs. 2 b Satz 2 AsylVfG. Danach ist in Fällen des Familienasyls die Anerkennung als Asylberechtigter zu widerrufen, wenn die Anerkennung des Asylberechtigten, von dem die Anerkennung abgeleitet worden ist, erlischt, widerrufen oder zurückgenommen wird und der Ausländer nicht aus anderen Gründen als Asylberechtigter anerkannt werden könnte. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass - bezogen auf den Vater des Klägers - der Erlöschenstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG nicht gegeben ist. Diese Vorschrift sieht vor, dass die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erlöschen, wenn der Ausländer auf Antrag eine neue Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er erworben hat, genießt. Diese Vorschrift meint sowohl nach ihrem Wortlaut als auch bei einer an Sinn und Zweck der Regelung orientierten Auslegung nicht den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., 2005, § 72 Rdnr. 24, GK-AsylVfG, LoseblattKommentar, § 72 Rdnr. 30).

Richtig ist allerdings, dass mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit der asylrechtliche Status unvereinbar ist und daher eo ipso erlischt (vgl. Renner, a. a. o., § 72 Rdnr. 24; GK-AsylVfG, a. a. O., § 72 Rdnr. 30 und Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Loseblatt-Kommentar, § 72 Rdnr. 19).

Ein solches Erlöschen der Asylberechtigung des Stammberechtigten wegen des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit ist jedoch nicht geeignet, für die als Familienasylberechtigte anerkannten Personen die Rechtsfolge nach § 73 Abs. 2 b Satz 2 AsylVfG auszulösen. Dies ergibt die teleologische Reduktion der Vorschrift. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch den Stammberechtigten besagt nichts im Hinblick auf dessen mangelnde Schutzbedürftigkeit im Bezug auf eine drohende politische Verfolgung im früheren Heimatland. Der Stammberechtigte erwirbt vielmehr eine Rechtsstellung, die über die Anerkennung als Asylberechtigter hinausgeht und Schutz vermittelt. Demzufolge ist es auch nicht gerechtfertigt, unter dem Gesichtspunkt der Akzessorietät für die als Familienasylberechtigte anerkannten Personen negative Konsequenzen zu ziehen. Insbesondere ergeben sich auch in Bezug auf den Gesichtspunkt der Familieneinheit mit dem politisch Verfolgten keine relevanten Änderungen, wenn dieser eine verbesserte Rechtsstellung erwirbt.

Aus diesem Grunde ist der Entzug des Familienasyls rechtswidrig. Gleiches gilt für den Entzug der Rechtsstellung nach § 51 Abs. 1 AuslG, da der Fortbestand des Familienasyls diese Rechtsstellung indiziert.