VG Karlsruhe

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Zitieren als:
VG Karlsruhe, Beschluss vom 02.04.2008 - 5 K 547/08 - asyl.net: M13173
https://www.asyl.net/rsdb/M13173
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten, Kostenrecht, Abschiebungskosten, Verjährung, Fälligkeit, Verwirkung, Kosten
Normen: AuslG § 83 Abs. 4; VwKostG § 20 Abs. 1; VwKostG § 17; VwGO § 166; ZPO § 114
Auszüge:

Dem Kläger ist Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen; denn er kann nach seinen persönlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen und seine Klage bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 und § 115 ZPO).

Es spricht nicht wenig dafür, dass der Kläger die Kosten für seine am 09.06.1997 erfolgte Vorführung bei der Botschaft von Eritrea (vgl. § 83 AuslG bzw. § 66 Abs. 1 und § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG 2004) nicht mehr zu tragen hat, weil der insoweit (wohl) entstandene Anspruch des Beklagten gemäß § 83 Abs. 4 Satz 3 AuslG (vgl. § 70 Abs. 1 AufenthG 2004) wegen Verjährung erloschen ist (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 3 VwKostG).

Nach den genannten ausländerrechtlichen Vorschriften verjährt der hier in Rede stehende Anspruch sechs Jahre nach (Eintritt der) Fälligkeit. Es trifft zwar zu, dass sich der Eintritt der Fälligkeit insoweit nach § 17 VwKostG bestimmt. Danach werden Kosten grundsätzlich (erst) mit der Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Kostenschuldner fällig. Bei Anwendung dieser Vorschrift wäre somit Verjährung nicht eingetreten (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 18.04.2005 - 1 K 4208/04 -).

Dennoch bestehen Zweifel daran, dass die Verjährung erst mit dem Erlass des angefochtenen Leistungsbescheids vom 29.01.2008, also fast zehn Jahre nach der Entstehung der Kostenschuld (vgl. § 11 VwKostG), begonnen hat. In Betracht kommt nämlich, ergänzend zu der genannten ausländerrechtlichen Verjährungsregelung § 20 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwKostG anzuwenden. Danach verjährt der Anspruch auf Zahlung der Kosten unabhängig von der ab Fälligkeit zu bestimmenden Dreijahresfrist spätestens mit dem Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung (vgl., zum Verhältnis der beiden Verjährungstatbestände des § 20 Abs. 1 VwKostG, BVerwG, Urt. v. 24.02.2005 - 3 C 38.04 - BVerwGE 123, 92 = NVwZ-RR 2005. 513).

In der Literatur wird zwar angenommen, aus der Regelung einer "pauschalen und undifferenzierten" ausländerrechtlichen Sechsjahresfrist für die Verjährung folge, dass für eine Anwendung der - günstigeren - Vierjahresfrist für die Entstehungsverjährung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwKostG kein Raum mehr sei, weil diese die ihr in § 20 Abs. 1 VwKostG zugedachte Funktion einer Begrenzung der Fälligkeitsverjährung nicht erfüllen könne (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 70 Rdnr. 5 m.w.N.), Diese Erwägung schließt eine - grundsätzlich vorgesehene - ergänzende oder jedenfalls entsprechende Anwendung von § 20 VwKostG aber nicht aus. Vielmehr kommt in Betracht, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Abschiebungskosten bestimmen wollte, es solle bei der ergänzenden Anwendung der vierjährigen Frist für die Entstehungsverjährung gemäß dem allgemeinen Verwaltungskostenrecht bleiben, im Falle des Erlasses eines Kostenbescheids aber eine ab Fälligkeit zu berechnende sechsjährige Verjährungsfrist laufen. Ansonsten wäre zu prüfen, ob die ausländerrechtliche Verjährungsvorschrift hinsichtlich des Fehlens einer Entstehungs- bzw. Festsetzungsverjährung lückenhaft und eine solche Lücke im Wege der Analogie zu schließen ist. Den Materialien zum Erlass von § 83 Abs. 4 AuslG a.F. lässt sich insoweit nichts Eindeutiges entnehmen. Dort heißt es nur, der neue Absatz 4 sei eine notwendige Ergänzung des § 83 AuslG, um die "Beitreibung" von Zurückweisungs-, Zurückschiebungs- und Abschiebungskosten, insbesondere von Beförderungsunternehmern, zu erleichtern (BT-Drucks. 12/2062 (46) zu Abs. 4). Die hier erwogene Auffassung würde jedenfalls eher den einschlägigen allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungskostenrechts zur Unterscheidung von Entstehungs- und Fälligkeitsverjährung entsprechen.

Ist der Kostenerstattungsanspruch nicht verjährt, könnte er auch verwirkt sein, was freilich voraussetzt, dass der Betroffene wegen eines bestimmten Verhaltens des Anspruchsinhabers darauf vertrauen konnte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.