OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 30.04.2008 - 2 B 207/08 - asyl.net: M13221
https://www.asyl.net/rsdb/M13221
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, abgelehnte Asylbewerber, Ehegattennachzug, Deutschverheiratung, Ausweisungsgründe, Straftat, räumliche Beschränkung, Aufenthaltsgestattung, Schutz von Ehe und Familie, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Visumsverfahren, Zumutbarkeit, Visum nach Einreise, Duldung, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 123 Abs. 1; AufenthG § 10 Abs. 3; AufenthG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 2; AsylVfG § 56; AsylVfG § 85 Nr. 2; GG Art. 6; AufenthG § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AufenthV § 39 Nr. 5
Auszüge:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8.4.2008 - 2 L 226/08 - muss erfolglos bleiben. Das Verwaltungsgericht konnte seinem Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, vorläufig von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ihm gegenüber Abstand zu nehmen, im Ergebnis nicht entsprechen.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Antragsteller als abgelehnter und seither grundsätzlich ausreisepflichtiger ehemaliger Asylbewerber der speziellen Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG unterfällt. Danach darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, ein Aufenthaltstitel vor seiner Ausreise nur nach den – hier nicht in Rede stehenden – Vorschriften in Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden. Der in § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG geregelte Ausnahmefall des Bestehens eines gesetzlichen Anspruchs auf Erteilung des Aufenthaltstitels erfasst nur Fälle, in denen diese in den besonderen Vorschriften des Aufenthaltsrechts ausdrücklich (zwingend) vorgeschrieben ist, wohingegen eine so genannte Ermessensreduzierung "auf Null" in Fällen, in denen der Bundesgesetzgeber die Erteilung des Titels in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellt hat, nicht genügt (vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.12.2007 - 2 A 323/07 -, SKZ 2008, 103 Leitsatz Nr. 57).

Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand kann nicht vom Bestehen eines sicherungsbedürftigen Anspruchs des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Einhaltung des auch unter der Geltung des Aufenthaltsgesetzes im Falle seiner Nichtbeachtung mit weit reichenden Konsequenzen versehenen Visumszwangs (§ 4 Abs. 1 AufenthG) ausgegangen werden. Zwar erfüllt der Antragsteller nach der im vergangenen Jahr erfolgten Heirat mit der deutschen Staatsangehörigen M.S., wovon auch der Antragsgegner ausgeht, unstreitig die speziellen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG für einen Familiennachzug zu Deutschen. Darüber hinaus bestehen auch erhebliche Zweifel, ob dem Antragsteller im Rahmen des beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens die Nichterfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wegen der Verwirklichung des Ausweisungstatbestands in § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG infolge der wiederholten Nichtbeachtung der räumlichen Beschränkung nach § 56 AsylVfG (§ 85 Nr. 2 AsylVfG) entgegengehalten werden kann. Zwar hat der Antragsgegner in seinem Ablehnungsbescheid vom 27.2.2008 darauf hingewiesen, dass es insoweit auf die tatbestandliche Verwirklichung dieses Straftatbestandes ankommt. In dem weiteren Inhalt der Entscheidung des Antragsgegners, der nach der für Fälle des Familiennachzugs den § 5 AufenthG ergänzenden Regelung des § 27 Abs. 3 Satz 3 AufenthG von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG "absehen kann", kommt allerdings bereits klar zum Ausdruck, dass er selbst – zu Recht – nicht davon ausgeht, dass sich nach den aus den Akten ersichtlichen Sachverhaltsumständen bei Gewichtung der Rechtsverstöße einerseits und der unter grundrechtlichem Schutz stehenden familiären Verbindung nach seiner Heirat (Art. 6 GG) ernsthaft eine Ausweisung des Antragstellers rechtfertigen ließe. Der Antragsteller hat mit der Beschwerde zutreffend auf das Fehlen einer Wiederholungsgefahr hingewiesen, so dass hier insoweit ohnehin allenfalls an eine Ausweisung unter generalpräventiven Gesichtspunkten gedacht werden könnte.

Dem Bestehen eines gesetzlichen Anspruchs auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis steht aber § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entgegen, wonach die Erteilung im Inland voraussetzt, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist. Dies war bei dem Antragsteller – ebenfalls unstreitig – nicht der Fall. Auch die Sonderfälle des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung oder das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls, die die Nachholung des Visumsverfahrens nicht zumutbar erscheinen lassen, führten, sofern man die Voraussetzungen bejaht, nur dazu, dass dem Antragsgegner nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ein Ermessen eingeräumt würde, was selbst im Falle seiner Reduzierung "auf Null" keinen Anspruch im Verständnis des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG begründen würde.

Die Sonderregelung in § 39 AufenthV, wonach ein Ausländer über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen kann, rechtfertigt im Fall des Antragstellers keine abweichende Bewertung. Nach der einzig in Betracht kommenden Bestimmung in der dortigen Nr. 5 ist ausdrücklich neben ("und") dem Erwerb eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Eheschließung im Bundesgebiet notwendig, dass eine Abschiebung nach § 60a AufenthG ausgesetzt ist. Für das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen, insbesondere für eine tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung, ist im Falle des Antragstellers nichts vorgetragen. Wegen der vom Verordnungsgeber gewählten Aufzählung in § 39 Nr. 5 AufenthV kann insoweit entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht allein die Heirat als Grundlage einer rechtlichen Unmöglichkeit im Verständnis des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG angeführt werden.