FG München

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Zitieren als:
FG München, Urteil vom 02.04.2008 - 9 K 1126/06 - asyl.net: M13287
https://www.asyl.net/rsdb/M13287
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Kindergeld, Aufenthaltserlaubnis, subsidiärer Schutz, Erwerbstätigkeit, Verfassungsmäßigkeit, Gleichheitsgrundsatz
Normen: EStG § 62 Abs. 2; AufenthG § 25 Abs. 3; AufenthG § 4 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Auszüge:

Die Klage ist unbegründet. Die Familienkasse hat es zu Recht abgelehnt, Kindergeld im streitigen Zeitraum von September 2005 bis März 2006 festzusetzen.

Nach § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG hat ein Ausländer einen Anspruch auf Kindergeld unter anderem nur, wenn er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG besitzt und sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

Die Klägerin war im Zeitraum von September 2005 bis März 2006 im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG und hat sich bereits seit mindestens drei Jahren zumindest geduldet im Bundesgebiet aufgehalten. Jedoch fehlt es an der Voraussetzung der berechtigten Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet.

Die Frage nach der Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beantwortet sich nach dem AufenthG. Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG dürfen Ausländer eine Erwerbstätigkeit nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt. Gemäß § 4 Abs. 2 AufenthG berechtigt ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, sofern es nach diesem Gesetz bestimmt ist oder der Aufenthaltstitel die Ausübung der Erwerbstätigkeit ausdrücklich erlaubt. Jeder Aufenthaltstitel muss erkennen lassen, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist. Einem Ausländer, der keine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Beschäftigung besitzt, kann die Ausübung einer Beschäftigung nur erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist.

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall im hier maßgebenden Zeitraum jedoch nicht erfüllt. Dass der Ausländerbehörde im Verfahren, in dem es um die Aufenthaltserlaubnis des Ehemannes der Klägerin ging, die Erwerbstätigkeit der Klägerin mitgeteilt worden ist, führt nicht dazu, dass die Klägerin nunmehr die Erlaubnis zu einer Erwerbstätigkeit erhalten hat, denn eine Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit setzt eine entsprechende Willensbildung der für die Klägerin zuständigen Ausländerbehörde voraus und bedarf zudem der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit. Daran fehlt es jedoch.

2. Nach Auffassung des Senats unterliegt die Neuregelung des § 62 Abs. 2 EStG jedenfalls in dem hier interessierenden Umfang keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung in § 62 Abs. 2 EStG dient dem Zweck, den Anspruch auf Kindergeld u. a. auf jene Ausländer zu beschränken, die legal in der Bundesrepublik leben und bereits in den deutschen Arbeitsmarkt integriert sind. Bei Ausländern, denen keine Erwerbstätigkeit gestattet ist, ging der Gesetzgeber davon aus, dass das Existenzminimum ihrer Kinder durch staatliche Fürsorgeleistungen in ausreichendem Maße gesichert ist (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 22. November 2007 - III R 54/02, BFH/NV 2008, 457). Damit ist der Gesetzgeber den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 6. Juli 2004 (1 BvL 4/97, BFH/NV 2005, 114) nachgekommen. Der Senat ist auch nicht der Ansicht, die in § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG angeordnete Rückwirkung der Neufassung des § 62 Abs. 2 EStG auf noch nicht bestandskräftig entschiedene Fälle sei verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber den bis zum 1. Januar 2006 befristeten Regelungsauftrag bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt habe (so FG Köln, Urteil vom 9. Mai 2007 10 K 983/04, EFG 2007, 1254 nrkr.). Zur Begründung wird auf die Gründe des BFH-Urteils vom 22. November 2007 - III R 60/99 - Bezug genommen, denen sich der Senat anschließt.