VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 19.03.2008 - AN 9 K 07.30763 - asyl.net: M13308
https://www.asyl.net/rsdb/M13308
Leitsatz:

Die Antragsfiktion des § 14 a Abs. 2 AsylVfG tritt nicht ein, wenn ein Elternteil einen dort nicht genannten Aufenthaltstitel besitzt.

 

Schlagwörter: Verfahrensrecht, Antragsfiktion, Kinder, isolierte Anfechtungsklage, Aufenthaltserlaubnis, Eltern
Normen: AsylVfG § 14a Abs. 2; AufenthG § 25 Abs. 5
Auszüge:

Die Antragsfiktion des § 14 a Abs. 2 AsylVfG tritt nicht ein, wenn ein Elternteil einen dort nicht genannten Aufenthaltstitel besitzt.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ­ insbesondere auch zu Asylverfahren ­ ist zwar grundsätzlich von einem Vorrang der Verpflichtungsklage auszugehen mit der Folge, dass Rechtsschutz gegen die Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsaktes grundsätzlich (nur) durch eine Verpflichtungsklage (,,Versagungsgegenklage") zu erstreiten ist, welche die Aufhebung des Versagungsbescheids umfasst, soweit er entgegensteht. Die Rechtsprechung erkennt aber an, dass allein die Aufhebung des Versagungsbescheids ausnahmsweise ein zulässiges ­ gegenüber der Verpflichtungsklage für den Kläger vorteilhafteres ­ Rechtsschutzziel sein kann, wenn eine mit diesem Bescheid verbundene Beschwer nur so oder besser abgewendet werden kann. In derartigen Fällen besteht ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für eine (isolierte) Anfechtungsklage. Dies ist auch bei Streitigkeiten, ob die Voraussetzungen der fiktiven Antragstellung nach § 14 a Abs. 2 AsylVfG vorliegen, anerkannt (BVerwG, Urteil vom 21.11.2006 - 1 C 10/06 - BVerwGE 127, 161).

2. Die Klage ist auch begründet.

Weil die Mutter des Klägers eine (gemäß § 81 Abs. 1 AufenthG fiktive) Aufenthaltserlaubnis nach dem in § 14 a Absatz 2 Satz 1 AsylVfG nicht genannten § 25 Abs. 2 AufenthG besitzt, konnte die Anzeige der Geburt des Klägers beim Bundesamt demnach kein fiktives Asylverfahren nach § 14 a Abs. 2 Satz 3 AsylVfG in Gang setzen.

Zwar könnte der Wortlaut des § 14 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (,,wenn ein Elternteil") darauf hindeuten, dass durch die Anzeige der Geburt ein (fiktives) Asylverfahren auch dann eingeleitet wird, wenn wenigstens ein Elternteil von § 14 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG erfasst wird, auch wenn der andere Elternteil über einen ,,besseren" Aufenthaltsstatus verfügt. Eine derart ausschließlich am Wortlaut orientierte Auslegung würde aber der Intention des Gesetzgebers nicht gerecht.

§ 14 a AsylVfG wurde eingeführt, um durch die Fiktion der Asylantragstellung für ledige Kinder bis zum vollendeten 16. Lebensjahr zu verhindern, dass durch sukzessive Asylantragstellung überlange Aufenthaltszeiten in Deutschland ohne aufenthaltsrechtliche Perspektive für die Betroffenen entstehen (BT-Drucksache 15/420 S. 108). Insoweit war es konsequent, auch Kinder in die Regelung mit einzubeziehen, deren (beide) Eltern eine Aufenthaltserlaubnis (lediglich) nach § 25 Abs. 5 AufenthG besitzen, da ein solcher Aufenthaltstitel dem Kind eine aufenthaltsrechtliche Perspektive nicht vermitteln kann. Nach § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG wird ein Familiennachzug des minderjährigen Kindes eines Ausländers in Fällen des § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG nicht gewährt. Es ist damit aufgrund Gesetzes ausgeschlossen, dass Eltern, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG besitzen, ihren minderjährigen Kindern aus diesem Aufenthaltsstatus heraus ein eigenes Aufenthaltsrecht vermitteln (VG München vom 17.10.2006 - M 2 K 06.50166 - juris). Eine solche aufenthaltsrechtliche Situation ist aber beim Kläger ­ wie oben dargelegt ­ gerade nicht gegeben.