VG Braunschweig

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Zitieren als:
VG Braunschweig, Urteil vom 22.02.2008 - 8 A 364/07 - asyl.net: M13317
https://www.asyl.net/rsdb/M13317
Leitsatz:

In der Praxis besteht in Armenien kein Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung.

 

Schlagwörter: Armenien, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Wiederaufgreifen des Verfahrens, Ermessen, Ermessensreduzierung auf Null, Krankheit, Nierenerkrankung, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7; VwVfG § 51 Abs. 5
Auszüge:

In der Praxis besteht in Armenien kein Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG i.V.m. § 71 Abs. 1 AsylVfG bzw. wegen Ermessensreduzierung auf Null im Sinne von §§ 51 Abs. 5, 48, 49 VwVfG. Es besteht zudem ein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebeverbotes bezüglich der Klägerin nach Armenien gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Eine für die Begründung eines Abschiebeverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG konkrete Gefahr für eine erhebliche Verschlimmerung der klägerischen Krankheit bei einer Rückkehr nach Armenien drängt sich hier förmlich auf.

Wie sich aus den o.a. ärztlichen Untersuchungsbefunden ergibt, ist die Klägerin hier ständig auf die ärztliche Versorgung angewiesen. Allein der Umstand, dass die Klägerin hier ständig ihre Blase durch Selbstkatheterisierung mit sterilem Wasser entleeren muss, ist für das Gericht ein sicheres Indiz, dass diese ärztliche Versorgung in Armenien auch nicht ansatzweise gewährleistet ist. Da aber bei der Klägerin, wenn diese Entleerung der Blase nicht ständig sichergestellt werden kann, ein Nierenversagen droht, ist es für das Gericht nicht auszuschließen, dass dies in der Folge zum Tod durch Nierenversagen bei der Klägerin führen kann. Hinzu kommt, dass die Mutter der Klägerin ebenfalls erkrankt ist und der Vater der Klägerin diese vor Jahren bereits verlassen hat. Insoweit ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Klägerin zusammen mit ihrer Mutter bei einer Rückkehr nach Armenien tatsächlich Zugang zu einer ärztlichen Versorgung finden wird. Aufgrund der Erkrankung der Mutter der Klägerin ist bereits eine eigenständige Sicherung des Lebensunterhaltes ausgeschlossen. Erst recht kann nicht angenommen werden, dass die klägerische Mutter unter den dortigen erschwerten Bedingungen in Armenien in der Lage sein wird, die erforderliche medizinische Behandlung für ihre Tochter tatsächlich zu erreichen.