Der Kläger hat keinen Anspruch aus Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), als asylberechtigt anerkannt zu werden. Er erfüllt auch nicht die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG.
Dabei kann offen bleiben, ob Sanktionen durch die Ogboni Geheimgesellschaft dem nigerianischen Staat als mittelbare (politische) Verfolgung zuzurechnen sind. Denn das Gericht glaubt dem Kläger nicht, dass er Sanktionen durch die Ogboni Geheimgesellschaft befürchten muss. Der Vertrag des Klägers ist insoweit inhaltsleer und in sich widersprüchlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht auf die Ausführungen in dem Beschluss gleichen Rubrums 11 L 688/03.A Bezug.
Zur Frage des angeblich erzwungenen Beitritts in den Ogboni-Geheimbund wird lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass es auch nach der Stellungnahme des Instituts für Afrikakunde vom 24.02.2003 (an das OVG Mecklenburg-Vorpommern) eher unwahrscheinlich ist, dass der Sohn eines verstorbenen Mitglieds der reformierten Ogboni-Bruderschaft zu dessen Nachfolge gezwungen oder gar mit dem Tode bei Zuwiderhandlung bedroht wird. Ebenso bestätigt das vorerwähnte Gutachten die Einschätzung, dass der Kläger schon allein wegen seiner Zugehörigkeit zur ethnischen Gruppe der Ibo eher nicht als Mitglied der traditionellen, für einen Yoruba-Kult gehaltenen Ogboni-Bruderschaft in Betracht kommt.
Mit dem Hilfsantrag ist die Klage begründet, soweit der Kläger sinngemäß die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt.
Der Kläger leidet an einer HIV-Infektion, die sich bereits im Stadium CDC WHO B 3 befindet. Auch wenn sich sein Immunsystem unter der antiretroviralen Therapie gut rekonstitutiert hat, ist wegen des Fortschreitens der nicht mehr in der Anfangsphase befindlichen Krankheit der Kläger auf Dauer - zumindest auch in weiterer Zukunft - zur Erhaltung seines Immunsystems auf die Fortsetzung der antiretroviralen Behandlung angewiesen. Bei Abbruch dieser Therapie wäre innerhalb kürzester Zeit eine erhebliche Verschlechterung des Immunsystems zu erwarten und der Kläger hätte mit einer Aids-Erkrankung mit Todesfolge binnen ein bis zwei Jahren zu rechnen. Im übrigen ist gerichtsbekannt, dass der Abbruch einer bereits begonnenen antiretroviralen Therapie zu Resistenzbildungen gegenüber antiretroviralen Medikamenten führt und der Betroffene dadurch in Kürze lebensbedrohlichen Komplikationen ausgesetzt ist (zur extremen Gefahrenlage bei Abbruch einer antiretroviralen Therapie vgl. VG Potsdam, Urteil vom 07.05.2004 - 14 K 2231/01.A -, VG Düsseldorf, Urteil vom 25.04.2003, - 1 K 8637/02.A, - VG Ansbach, Urteil vom 23.03.2004 - AN 9 K 03.31160 -).
Aus letzterem folgt mithin, dass der Kläger im Falle einer Beendigung der antiretroviralen Therapie in eine extreme Gefahrenlage geraten würde. Der Kläger wird bei einer Rückkehr nach Nigeria eine Fortsetzung der antiretroviralen Behandlung aus finanziellen Gründen nicht erhalten.
Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 16. Mai 2006 existiert in Nigeria keine staatliche Heilfürsorge und auch keine staatliche Krankenversicherung. Die Patienten müssen ihre Behandlung auch in staatlichen Krankenhäusern selbst bezahlen. Hilfsorganisationen, die für Not leidende Patienten die Kosten übernehmen wurden, seien dem Auswärtigen Amt nicht bekannt. Die wirtschaftliche und soziale Lage Nigerias bleibe aufgrund struktureller Schwächen schwierig und angespannt. Die tatsächliche Arbeitslosenquote dürfte landesweit bei ca. 30 % liegen, wobei die Grenze zwischen Unterbeschäftigung und Arbeitslosigkeit schwimmend sei. Die breite Mehrheit der nigerianischen Bevölkerung leide unter Verarmung. Ca. 60 % der Bevölkerung lebe unterhalb der absoluten Armutsgrenze von 1 USD pro Tag.
Angesichts dieser Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass der Kläger eine Fortführung der antiretroviralen Therapie in Nigeria aus finanziellen Gründen nicht erlangen kann.
Er hat zwar auf die Frage nach seinen früheren und künftigen Verdienstmöglichkeiten einen Betrag von 400,- bis 450,- Euro angegeben. Mit Vorlage der ärztlichen Bescheinigung vom 08.11.2004, an deren Richtigkeit das Gericht nicht zweifelt, hat der Kläger jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass er selbst bei adäquater Versorgung der HIV-Infektion nicht mehr in der Lage ist, mehr als drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit regelmäßig nachzugehen.
Schließlich steht die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG der Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auf den Zielstaat (Nigeria) der angedrohten Abschiebung nicht entgegen. Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG werden Gefahren in diesem Staat, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Entscheidungen (der obersten Landesbehörde) nach § 60 a Abs. 1 AufenthG berücksichtigt. Es bedarf hier keiner Erörterung, ob eine allgemeine Gefahr im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vorliegt, weil der Kläger die erforderliche Behandlung aus finanziellen Gründen nicht erlangen kann und dies sich als eine Auswirkung der allgemein schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Lage in Nigeria darstellt. Denn jedenfalls wäre eine Ausnahme von der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten. Dies gilt auch dann, wenn man die vom Bundesverwaltungsgericht zu § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG entwickelten strengen Anforderungen an eine solche Ausnahme zugrundelegt (vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 17. Oktober 1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 f., vom 08. Dezember 1998. - 9 C 4.98 -, NVwZ 1999, 666 (667 f.) und vom 12. Juli 2001 - 1 C 2/01 und 1 C 5.01 -, NVwZ 2001, 1420 ff. und NVwZ 2002, 101 ff. sowie Beschluss vom 26. Januar 1999 - 9 B 617.98 -, NVwZ 1999, 668; Urteil vom 18. Juli 2006 - 1 C 16.05).