VG Hannover

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Zitieren als:
VG Hannover, Beschluss vom 30.05.2008 - 11 B 2407/08 - asyl.net: M13360
https://www.asyl.net/rsdb/M13360
Leitsatz:

Die Behinderung oder Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung durch einen Familienangehörigen schließt die übrigen Familienangehörigen nicht von der Anwendung der Altfallregelung des § 104 a AufenthG aus.

 

Schlagwörter: D (A), Altfallregelung, Behinderung der Aufenthaltsbeendigung, Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung, Familienangehörige, atypischer Ausnahmefall, Beweislast
Normen: AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 4; AufenthG § 104a Abs. 3; VwGO § 123 Abs. 1
Auszüge:

Die Behinderung oder Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung durch einen Familienangehörigen schließt die übrigen Familienangehörigen nicht von der Anwendung der Altfallregelung des § 104 a AufenthG aus.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Antragsteller haben sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht.

Die Antragsteller haben auch einen Anordnungsanspruch auf Aussetzung ihrer Abschiebung und damit die Erteilung weiterer Duldungen substantiiert dargelegt, da ihnen die Antragsgegnerin nach Auffassung der Kammer auf der Grundlage der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung unzutreffend vorhält, einen Versagungsgrund für ein ansonsten in Frage kommendes Aufenthaltsrecht nach § 104a AufenthG zu erfüllen.

Den Antragstellern kann im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltsrechts nach § 104a AufenthG nicht entgegengehalten werden, der von ihnen getrennt lebende Herr ..., Ehemann der Antragstellerin zu 1) bzw. Vater des Antragstellers zu 2), habe behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert. Ein umfassender Ausschluss anderer Familienmitglieder bei Ausschluss eines Familienmitglieds findet sich in der Altfallregelung des § 104a AufenthG im Gegensatz zu Ziffer 11, 5.2 des Runderlasses des Nds. Ministeriums für Inneres und Sport vom 06.12.2006 gerade nicht. § 104a Abs. 3 S. 1 AufenthG beschränkt die Versagung der Aufenthaltserlaubnis für andere Familienmitglieder auf den Fall, dass ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat. Vorliegend fehlt es bereits an der häuslichen Gemeinschaft mit Herrn ..., denn die Antragsteller leben von ihm ausweislich des Verwaltungsvorgangs seit dem 01.06.2007 auch räumlich getrennt. Darüber hinausgehende, sich auf Familienangehörige auswirkende Ausschlussgründe enthält § 104a AufenthG gerade nicht.

Soweit die Antragsgegnerin davon ausgeht, es handele sich vorliegend um einen atypischen Fall, der abweichend von der "Soll-Vorschrift" des § 104a Abs. 1 AufenthG ein Abweichen von der Regel rechtfertige, vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Da nach dem oben Gesagten das Gesetz die Erstreckung von Versagungsgründen ausdrücklich auf eine bestimmte Konstellation beschränkt hat, erscheint eine umfassende Erstreckung im Ermessenswege fehlerhaft, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen. Letztere sind hier weder ersichtlich noch von der darlegungs und beweispflichtigen Antragsgegnerin substantiiert vorgetragen (vgl. Kopp/Schenke, Komm. z. VwGO, 14. Aufl., § 114, Rdnr. 21). Der im November 2007 von der Antragstellerin zu 1) gestellte Scheidungsantrag spricht dafür, dass es sich bei der Trennung von Herrn ... nicht nur um eine aufenthaltstaktische Maßnahme handelt, was die Antragsgegnerin ausweislich ihres Verwaltungsvorgangs offenbar befürchtet.