OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 19.05.2008 - S3 B 168/08 u.a. - asyl.net: M13362
https://www.asyl.net/rsdb/M13362
Leitsatz:

Zeiten, in denen der Lebensunterhalt durch Erwerbseinkommen oder Vermögen gesichert werden, werden nicht auf die 48-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG angerechnet.

 

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, 48-Monats-Frist, Arbeitslosengeld I, Arbeitslosengeld II, Grundsicherung für Arbeitssuchende, Erwerbstätigkeit, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1; SGG § 86b Abs. 2
Auszüge:

Zeiten, in denen der Lebensunterhalt durch Erwerbseinkommen oder Vermögen gesichert werden, werden nicht auf die 48-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG angerechnet.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Nach dem Beschluss des Senats vom 18.12.2007 (S3 B 487/07), in dem dieser erstmals seine Rechtsauffassung dargelegt hat, haben das LSG Niedersachsen-Bremen und das LSG für das Land Nordrhein-Westfalen erneut unter ausführlicher Begründung entschieden, dass die zeitlichen Voraussetzungen des 48-monatigen Bezugs von "Leistungen nach § 3" AsylbLG auch dann erfüllt seien, wenn Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG, nach dem SGB II, SGB XII bzw. nach dem BSHG auf die Dauer des Leistungsbezugs nach § 3 angerechnet würden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 18.03.2008 - L 11 AY 82/07 ER, L 11 B 52/07 AY -) bzw. dass zur Auffüllung der 48-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG auch Zeiten des Bezuges von Leistungen nach § 2 AsylbLG ausreichen (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.01.2008 - L 20 B 85/07 AY ER -). Eine höchstrichterliche Klärung ist bisher nicht erfolgt. Das Bundessozialgericht hat über die unter dem Az. B 8 AY 2/07 R anhängige Frage, ob für die Erfüllung der 36-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG der frühere unmittelbare oder entsprechende Bezug von Leistungen nach dem BSHG bzw. SGB 12 ausreicht oder nur Zeiten des Leistungsbezugs nach § 3 AsylbLG zu berücksichtigen sind, noch nicht entschieden.

Im Hinblick darauf betrachtet der Senat den Ausgang von Hauptsacheverfahren nunmehr dann als offen, wenn der Betroffene über einen Zeitraum von 48 Monaten Sozialleistungen bezogen hat (bspw. nach § 2 Abs. 1 AsylbLG, nach dem SGB II oder dem SGB XII). Liegt ein solcher Fall vor, wird im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden sein, in die die grundrechtlichen Belange des Betroffenen umfassend einzustellen sind (Beschl. des Senats v. 04.03.2008 – OVG S2 B 45/08 unter Hinweis auf: BVerfG, Beschl. v. 12.05.2005 – 1 BvR -, NVwZ 2005, 927).

Die Antragsteller haben jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass sie über einen Zeitraum von 48 Monaten Sozialleistungen bezogen haben.

Der Senat sieht daher keine Veranlassung, vorliegend im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Die Einbeziehung von Zeiträumen, in denen der Betroffene seinen Lebensunterhalt durch Einkommen oder Vermögen bestritten hat, in die Frist des § 2 AsylbLG würde im Ergebnis dazu führen, dass alleine durch Zeitablauf ein Anspruch auf höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG entsteht. Der in § 2 AsylbLG vorausgesetzte "tatsächliche Bezug von Leistungen" verliert aber seinen Sinn, wenn die Frist von 48 Monaten als eine reine Wartefrist zu verstehen wäre (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11.10.2007 – L 20 B 63/07 AY ER; dass die Frist des § 2 AsylbLG keine Wartefrist ist, vertreten auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 10.05.2007 – L 11 AY 58/06 Rz. 17; Hohm, AsylbLG, § 2 Rz. 39; Hailbronner, AuslR, B 12 § 2 AsylbLG Rz. 88). Lediglich das LSG für das Land Nordrhein-Westfalen hat in einer den Besonderheiten des Einzelfalls geschuldeten (vgl. dazu: LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11.10.2007 - L 20 B 63/07 AY ER Rz. 14) Entscheidung ausgeführt, dass es erkennbar zweckwidrig sei, einem Leistungsberechtigten für einen Anspruch nach § 2 Abs. 1 AsylbLG stets abzufordern, insgesamt über drei Jahre mit Mitteln maximal in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums gewirtschaftet zu haben und hat zur Auffüllung der Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG Erwerbseinkünfte ausreichen lassen (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.04.2007 – L 20 B 4/07 AY ER), hingegen in einer weiteren Entscheidung, die Frage, ob entgegen dem Wortlaut des § 2 AsylbLG auch ohne den Bezug von Sozialleistungen durch Zeitablauf ein Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG entsteht, der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11.10.2007 - L 20 B 63/07 AY ER -).