VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 10.06.2008 - 14 ZB 08.30211 - asyl.net: M13410
https://www.asyl.net/rsdb/M13410
Leitsatz:

§ 28 Abs. 2 AsylVfG ist auch im Fall eines Religionswechsels anwendbar; dem Refoulementverbot nach Art. 33 GFK wird durch die Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG Genüge getan.

 

Schlagwörter: Berufungszulassungsantrag, grundsätzliche Bedeutung, Nachfluchtgründe, subjektive Nachfluchtgründe, Konversion, Apostasie, Folgeantrag, Religionsfreiheit, Gewissensfreiheit, atypischer Ausnahmefall, Genfer Flüchtlingskonvention, Refoulementverbot, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1; AsylVfG § 28 Abs. 2; RL 2004/83/EG Art. 5 Abs. 3; GFK Art. 33; AufenthG § 60 Abs. 2 - 7
Auszüge:

§ 28 Abs. 2 AsylVfG ist auch im Fall eines Religionswechsels anwendbar; dem Refoulementverbot nach Art. 33 GFK wird durch die Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG Genüge getan.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Fragestellung, ob § 28 Abs. 2 AsylVfG dann anwendbar ist, wenn es um das Schutzgut der Religions- bzw. der Gewissensfreiheit geht, kann aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Beschluss vom 24.10.1990 Az. 9 B 219.90), wonach der Wechsel der Religion außerhalb des Heimatstaats ein subjektiver Nachfluchtgrund ist, ohne weiteres im Sinne der angefochtenen Entscheidung beantwortet werden.

Die weiter als grundsätzlich bedeutsam angesehenen Fragestellungen, ob die einleitende Formulierung von Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2004/83/EG, der sog. Qualifikationsrichtlinie, "unbeschadet der Genfer Flüchtlingskonvention" dahingehend zu verstehen ist, dass dann, wenn aus der Genfer Flüchtlingskonvention (GK) ein Schutzanspruch hergeleitet werden kann, für Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2004/83/EG generell oder im Bereich des Schutzgutes der Religion kein Anwendungsbereich mehr besteht, und ob der Vorrang dieser Formulierung gegenüber der Bestimmung von § 28 Abs. 2 AsylVfG dazu führt, dass Art. 5 Abs. 3 Richtlinie 2004/83/EG unmittelbar einen Rechtsanspruch auf Flüchtlingsschutz im Sinn der GK - und mithin gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG - einräumt, lassen sich ohne weiteres aus den genannten Bestimmungen beantworten. Die Genfer Flüchtlingskonvention, insbesondere Art. 33 GK, fordert nicht die Zuerkennung eines bestimmten ausländer- oder flüchtlingsrechtlichen Status. Der Genfer Flüchtlingskonvention ist vielmehr bereits Genüge getan, wenn die Abschiebung oder Zurückweisung von Ausländern, die Anspruch auf subsidiären Schutz haben, effektiv verhindert wird. Dies ist durch die Vorschriften des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG gewährleistet. Das hat das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt.