VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 07.03.2008 - 6 L 451/08.F - asyl.net: M13422
https://www.asyl.net/rsdb/M13422
Leitsatz:

Es ist eine Duldungsbescheinigung auszustellen, wenn die Festlegung eines Eheschließungstermins nur daran scheitert, dass keine Duldungsbescheinigung vorliegt.

 

Schlagwörter: D (A), Duldung, Ermessensduldung, dringende persönliche Gründe, beabsichtigte Eheschließung, Eheschließungsfreiheit, Duldungsbescheinigung, Pass
Normen: VwGO § 123 Abs. 1; AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Es ist eine Duldungsbescheinigung auszustellen, wenn die Festlegung eines Eheschließungstermins nur daran scheitert, dass keine Duldungsbescheinigung vorliegt.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Der Antragsteller hat auch den Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dieser ergibt sich aus § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Danach kann einem Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Zu den dringenden persönlichen Gründen gehört wegen der durch Art. 6 GG geschützten Eheschließungsfreiheit auch der Entschluss zum Eingehen einer Ehe, wenn die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht. Dies ist anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (OVG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2007 - 2 Bs 28/07, NVwZ-RR 2007, 559; VG Wiesbaden, Beschluss vom 15.06.2007 - 8 G 732/07.A, zitiert nach Juris). Die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kommt in Betracht, wenn dem Standesbeamten alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen. Umgekehrt ist nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung auszugehen, wenn der Standesbeamte einen Termin zur Eheschließung aus Gründen nicht festsetzen kann, die in die Sphäre der Verlobten fallen (OVG Hamburg a.a.O.).

Nach diesem Maßstab steht die Eheschließung des Antragstellers und seiner Verlobten unmittelbar bevor. Wie die Standesbeamtin der Verlobten des Antragstellers im Schreiben vom 16.01.2008 ausdrücklich bestätigt hat, liegen die zur Anmeldung der Eheschließung erforderlichen Dokumente vor. Sie wurde lediglich darauf hingewiesen, dass sie zur Anmeldung der Eheschließung einen gültigen Reiseausweis benötigt. Einen entsprechenden Antrag auf einen neuen Reiseausweis hatte die Verlobte des Antragstellers bei der Antragsgegnerin allerdings bereits gestellt und ein entsprechender Termin für die Abholung des neuen Reiseausweises war auf den 04.02.2008 festgesetzt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch diese Voraussetzung vorliegt. Anders als in den beiden zitierten Fällen des OVG Hamburg und des VG Wiesbaden hat der Antragsteller auch ein gültiges Ehefähigkeitszeugnis vorgelegt. Die Vergabe eines Termins zur Anmeldung der Eheschließung ist, wie sich insbesondere aus dem Schreiben des Standesamtes vom 08.02.2008 ergibt, lediglich an der fehlenden Duldungsbescheinigung gescheitert. Einen diesbezüglichen Antrag hat der Antragsteller jedoch bei der Antragsgegnerin ausdrücklich gestellt. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24.01.2008 ab. Der Umstand, dass der Antragsteller nicht in der Lage ist, beim Standesamt eine Duldungsbescheinigung vorzulegen, fällt deshalb nicht in seine Sphäre und kann ihm nach den oben gemachten Ausführungen nicht entgegengehalten werden (unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob vom Standesamt überhaupt das Vorliegen einer Duldung bzw. einer Aufenthaltserlaubnis zu prüfen ist). Der Antragsteller befindet sich deshalb in der "aussichtslosen" Situation, dass er eine Duldung nicht erhält, weil der Termin zur Eheschließung nicht festgesetzt ist, er andererseits aber keinen Eheschließungstermin bekommt, weil er keine Duldung vorlegt. Diese vor dem Hintergrund von Art. 6 Abs. 1 GG bedenkliche Verhaltensweise der Behörden kann dem Antragsteller, an dessen ernsthaften Eheschließungsabsichten nach Aktenlage keine Bedenken bestehen, nicht zugerechnet werden. Diese Situation kann nur dadurch gelöst werden, dass dem Antragsteller die begehrte Duldung erteilt wird.