VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Urteil vom 30.01.2008 - 11 A 485.07 - asyl.net: M13507
https://www.asyl.net/rsdb/M13507
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Niederlassungserlaubnis, Erlasslage, Verwaltungspraxis, Ermessen, Integration
Normen: AufenthG § 26 Abs. 4; AufenthG § 35
Auszüge:

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 35 AufenthG vor dem Hintergrund der im vorliegenden Verfahren erkennbar gewordenen Ermessenspraxis des Beklagten zu, bei Vorliegen einer besonderen Integration Ausländern, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

Der Begriff der "besonderen Integration" im Schriftsatz des Beklagten vom 18. September 2007 im Klageverfahren, der sich in dem angefochtenen Ausgangsbescheid des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 13. November 2007 wiederfindet, stellt nach Auffassung des Gerichts innerhalb einer nach § 26 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 35 AufenthG zu treffenden Ermessensentscheidung ein anspruchsbegründendes Tatbestandsmerkmal dar, dessen Vorliegen im gerichtlichen Verfahren einer vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt und bei dessen Vorliegen auf der Rechtsfolgenseite die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG besteht.

Das Gericht hat daher in Fällen wie dem vorliegenden zu prüfen, ob in der Person des Klägers von einer besonderen Integration gesprochen werden kann, wobei eine solche nicht schematisch anhand einzelner bestimmter Punkte bejaht werden kann, wie dies offensichtlich dem Beklagten vorschwebt, sondern ob sie sich vielmehr aus einer Gesamtschau der Lebenssituation des Klägers und seiner bisherigen Biografie ergeben kann. So ist es nach Auffassung des Gerichts selbstverständlich, dass von einem 18-Jährigen, der sich noch in der Ausbildung befindet, nicht Integrationsleistungen erwartet werden können, wie von einem Erwachsenen im Alter von 30 oder 40 Jahren.

Eine sorgfältige Analyse, die der Beklagte nach Auffassung des Gerichts im Fall des Klägers offensichtlich nicht in der gebotenen Weise vorgenommen hat, ergibt zur Überzeugung des Gerichts, dass der Kläger durchaus eine besondere Integration während seines nunmehr 15 Jahre andauernden Aufenthalts in Deutschland erfahren hat.