Der deutsche Ehemann der ausländischen Mutter eines Kinders gilt auch dann gem. § 1592 Nr. 1 BGB als Vater, wenn feststeht, dass er nicht der biologische Vater ist; daraus folgt die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes gem. § 4 Abs. 1 AufenthG; der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG an die ausländische Mutter kann nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden.
Der deutsche Ehemann der ausländischen Mutter eines Kinders gilt auch dann gem. § 1592 Nr. 1 BGB als Vater, wenn feststeht, dass er nicht der biologische Vater ist; daraus folgt die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes gem. § 4 Abs. 1 AufenthG; der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG an die ausländische Mutter kann nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden.
(Leitsatz der Redaktion)
1. Die Berufung ist nicht wegen der vom Beklagten geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Der Beklagte zeigt keine gewichtigen Gesichtspunkte auf, die für den Erfolg einer Berufung sprechen.
aa) Gemäß § 1592 Nr. 1 BGB ist Vater eines Kindes der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Die Vaterschaft des Ehemannes wird damit gesetzlich vermutet (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 10. Mai 2001, FamRZ 2001, 1630; OLG Naumburg, Beschluss vom 5. Juni 2001 - 14 WF 39/01 - juris, Rz. 11; Palandt/Diederichsen, BGB, 67. Auflage 2008, Rz. 3 zu § 1592). Die gesetzliche Vermutung gilt euch dann, wenn offenbar ist oder gar feststeht, dass das Kind nicht von dem Ehemann der Mutter abstammt (OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Naumburg, a.a.O., Rz. 12). Sie kann nur durch eine erfolgreiche Anfechtung oder im - hier nicht gegebenen - Sonderfall des § 1599 Abs. 2 Satz 1 BGB beseitigt werden.
Die Vaterschaftsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB ist für die Staatsangehörigkeit des Kindes einer ausländischen Mutter maßgebend (vgl. § 4 Abs. 1 StAG). Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen im Staatsangehörigkeitsrecht an die Feststellung der Vaterschaft keine anderen Maßstäbe als im Familienrecht angelegt werden (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung asylverfahrens-, ausländer- und staatsangehörigkeitsrechtlicher Vorschriften vom 2. März 1993, BT-Drs. 12/4450, S. 36). Dabei waren dem Gesetzgeber jedenfalls im Hinblick auf Vaterschaftsanerkennungen die damit verbundenen Missbrauchsmöglichkeiten bewusst, wurden aber hingenommen. Erst nachdem im Anschluss an das Inkrafttreten das Kindschaftsrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 zunehmend missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der deutschen Staatsangehörigkeit zu verzeichnen waren (vgl. dazu die Darstellung im Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 8. November 2006, BT-Drs. 16/3291, S, 9 ff.), hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Ergänzung des Rechts zur Anfechtung der Vaterschaft vom 13. März 2008 (BGBl. I S. 313) für die Fälle des § 1592 Nr. 2 BGB ein Anfechtungsrecht der zuständigen Behörden in das BGB aufgenommen. Für die Fälle der gesetzlichen Vermutung des § 1592 Nr. 1 BGB wurde ein solches Anfechtungsrecht hingegen nicht eingeführt. Das rechtfertigt den Schluss, dass hierfür aus Sicht des Gesetzgebers Bedarf nicht bestand.
Damit verbleibt es im Anwendungsbereich des § 1592 Nr. 1 BGB auch dann bei der für die Staatsangehörigkeit des Kindes maßgebenden gesetzlichen Vermutung der Vaterschaft des deutschen Ehemannes der ausländischen Kindesmutter, wenn feststeht, dass die Ehe nur zum Schein eingegangen worden ist. Die vom Verwaltungsgericht zu Recht für erforderlich gehaltene Korrektur durch den Gesetzgeber hat dieser, wie gezeigt, nicht vorgenommen.
bb) Ohne Erfolg macht der Beklagte unter Bezugnahme auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim vom 3. März 2005 (InfAuslR 2005, 258) geltend, dass sich aus der bewusst wahrheitswidrig in kollusivem Zusammenwirken der Klägerin mit Herrn ... aufrechterhaltenen Vaterschaftsfiktion ausländerrechtliche Ansprüche wegen Rechtsmissbrauches nicht ableiten ließen. Dies geht an der geltenden Rechtslage vorbei. Da die gesetzliche Vaterschaftsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB auch dann Platz greift, wenn feststeht, dass der Ehemann der Mutter nicht der Erzeuger des Kindes gewesen ist, kommt es auf ein "Aufrechterhalten" der Vaterschaftsfiktion nicht an. Denn selbst wenn Herr ... oder die Klägerin sich nunmehr offen dazu bekennen würden, dass Ersterer nicht der Vater von ... ist, würde dies an seiner rechtlichen Vaterschaft nichts ändern können.
Die vom Beklagten gezogene Parallele zur Scheinehenproblematik und die daraus abgeleitete Forderung, die Geltendmachung von an die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes anknüpfenden aufenthaltsrechtlichen Ansprüchen der Mutter und Dritter müsse diesen zur Vermeidung des Rechtsmissbrauchs verwehrt bleiben, rechtfertigen eine andere Beurteilung nicht. Dass aus einer nur zur Erlangung eines dem Ausländer sonst nicht zustehenden Aufenthaltsrechts geschlossenen Ehe, einer sogenannten Scheinehe, aufenthaltsrechtliche Ansprüche nicht abgeleitet werden können, findet seine Rechtfertigung darin, dass eine solche rein formale Verbindung nicht, wie nach § 27 Abs. 1 AufenthG erforderlich, dem Schutz des Art. 6 GG unterfällt. Demgegenüber ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zweifelhaft, dass die Beziehung der Klägerin zu ihrem Kind ... diesen verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Dabei ist das Tatbestandsmerkmal des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG "eines ... Deutschen", wie gezeigt, auch dann erfüllt, wenn die deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes auf einer Scheinehe seiner Mutter mit einem deutschen Ehemann beruht.
Hiergegen greift auch der Vorwurf rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht durch. Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Rechtsmissbrauch in der Form einer unzulässigen Rechtsausübung dann vorliegen kann, wenn die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen eines gesetzlichen Anspruchs in einer zu mißbilligenden Weise geschaffen worden sind (BVerwG, Urteil vom 23. November 1993, BVerwGE 94, 294, 299 rn.w.N.). Nach Lage der Dinge kann ein zu mißbilligendes Verhalten allein in der Eingehung einer Scheinehe zwischen der Klägerin und Herrn ... bestanden haben. Dieses hätte die Versagung der - vom Beklagten gleichwohl erteilten - ehebedingten Aufenthaltserlaubnis im September 2001 rechtfertigen können. Dass das rechtsmissbräuchliche Verhalten auch darauf angelegt war, einem während des nur formalen Bestandes der Ehe geborenen Kind zur deutschen Staatsangehörigkeit zu verhelfen und daran wiederum anknüpfend der Klägerin ein ihr sonst nicht zustellendes Aufenthaltsrecht zu verschaffen, ist hingegen nicht ersichtlich. Angesichts der Tatsache, dass erst mehr als neun Monate nach der Eheschließung geboren ist, kann insoweit der für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs erforderliche subjektive Tatbestand (vgl. dazu allgemein: Roth in: MüKo, BGB, 5. Aufl. 2007, Rz. 218 zu § 242) ausgeschlossen werden.