VG München

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Zitieren als:
VG München, Urteil vom 13.03.2008 - M 25 K 07.50909 - asyl.net: M13511
https://www.asyl.net/rsdb/M13511
Leitsatz:
Schlagwörter: Togo, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, beachtlicher Wahrscheinlichkeitsmaßstab, Änderung der Sachlage, politische Entwicklung, Situation bei Rückkehr, Grenzkontrollen, Menschenrechtslage
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die rechtlichen Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 AsylVfG für einen Widerruf der Zuerkennung von Abschiebungsschutz gem. § 51 Abs. 1 AuslG liegen vor.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat sich die Sachlage aufgrund der jüngeren politischen Entwicklung in Togo nicht nur vorübergehend, entscheidungserheblich geändert und droht der nach dem rechtskräftigen Urteil des VG Neustadt a.d. Weinstraße vom 2. November 1995 - 2 K 2691/95.NW - unverfolgt ausgereisten Klägerin bei einer Rückkehr nach Togo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung.

Nach dem Tod des langjährigen Staatspräsidenten Eyadema am 5. Februar 2005 und den von Unruhen, Ausschreitungen und erheblichen Fluchtbewegungen gefolgten Präsidentschaftswahlen im April 2005 ist nach der Vereidigung des neuen Präsidenten Faure Gnassingbe wieder Ruhe eingekehrt (Lagebericht AA v. 15. Juli 2005, S. 7). Die letzte Parlamentswahl vom 14. Oktober 2007 wurde gewaltfrei und unter reger Teilnahme internationaler Beobachter durchgeführt und international anerkannt, auch wenn organisatorische Mängel aufgetreten sind (Lagebericht AA v. 29. Januar 2008, S. 6). Neben der Präsidentenpartei RPT sind auch die UFC, und das CAR im Parlament vertreten (Lagebericht AA v. 29. Januar 2008, S. 6). Im Bereich der Menschenrechte, der Betätigungsmöglichkeiten der politischen Opposition, der Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit haben sich seit Eröffnung des politischen Dialogs im Frühjahr 2006, dem Abschluss des Accord Politique Global im August 2006 und der neuen Regierung unter dem als Menschenrechtsexperten ausgewiesenen Oppositionspolitiker Yawovi Agboyio vom CAR Besserungen eingestellt (Lagebericht AA v. 29. Januar 2008, S. 5 - 8). Gezielte Übergriffe gegen Oppositionsmitglieder und Journalisten sind in den Jahren 2006 und 2007 nicht bekannt geworden (Lagebericht AA v. 29. Januar 2008, S. 6, 9). Auch sitzen nach den Feststellungen des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes keine politischen Straftäter in Togo ein (Lagebericht AA v. 29. Januar 2008, S. 8). Wegen weiterer Einzelheiten zur allgemeinen politischen Lage in Togo wird gem. § 77 Abs. 2 AsylVfG auf den Bescheid vom 13. September 2007 Bezug genommen.

Schon seit mehreren Jahren bestehen für eine generelle Rückkehrgefährdung togoischer Asylbewerber nach Auffassung des Gerichts sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs keine ausreichenden Anhaltspunkte (vgl. BayVGH, U. v. 30. März 1999 - 25 BA 95.34283 -; B. v. 20. November 1998 - 25 B 98.32869 - u. v. 13. August 2003 - 25 B 03.30614 -). Nach den Erfahrungen des Auswärtigen Amts sind die togoischen Behörden in der Regel um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben. Dabei ist zwar nicht auszuschließen, dass Grenzkontrollbeamte in Einzelfällen unkorrekt handeln (Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 29. Januar 2008, S. 12 f.). Doch konnten die in den letzten Jahren wiederholt aufgestellten Behauptungen über Misshandlungen oder Tötungen von zurückgekehrten togoischen Asylbewerbern in keinem Fall verifiziert werden, obwohl das Auswärtige Amt allen konkret vorgetragenen Behauptungen dieser Art nachgegangen ist (Lagebericht AA v. 29. Januar 2008, S. 12 f.). Die mangelnde Verifizierung der immer wieder behaupteten Menschenrechtsverletzungen gegenüber zurückgekehrten togoischen Asylbewerbern kann nicht allein an der Schwierigkeit liegen, sich dementsprechende Informationen zu beschaffen, weil gerade den Exilorganisationen viele Fälle der politischen Verfolgung von im Lande verbliebenen Oppositionellen und auch von Zurückgekehrten aus den Nachbarstaaten Ghana und Benin bekannt geworden sind und das Gericht aus zahlreichen Verfahren togoischer Asylbewerber weiß, dass zwischen Togo und Deutschland ein reger Telefon-, Brief-, Fax- und E-mail-Verkehr herrscht. Auch Benachteiligungen und Repressionen von den Autoren regierungskritischer Veröffentlichungen im Bundesgebiet nahe stehenden Personen sind nicht bekannt geworden (Lagebericht AA v. 29. Januar 2008, S. 9).

Des Weiteren sind die infolge der Wahlunruhen im April 2005 nach Benin und Ghana geflohenen mehr als 40.000 Personen nach Auskunft des UNHCR zwischenzeitlich über die grüne Grenze zum größten Teil nach Togo zurückgekehrt (Lagebericht AA vom 29. Januar 2008, S. 16).