VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 20.05.2008 - 1 UZ 2400/07 - asyl.net: M13541
https://www.asyl.net/rsdb/M13541
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Verpflichtungserklärung, Kostenersatz, Krankenhaus, städtisches Krankenhaus, Behandlungskosten, Eigenbetrieb, Verwaltungsakt, Leistungsbescheid, Berufungszulassungsantrag, ernstliche Zweifel
Normen: AuslG § 84 Abs. 1; AufenthG § 68 Abs. 1; EigBGes § 1; EigBGes § 10; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Auszüge:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Mit ihm ist ein Grund, der gemäß § 124 Abs. 2 VwGO die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnte, nicht dargetan.

An der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen aufgrund des Vorbringens der Beklagten keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass das Klinikum A-Stadt nach § 121 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 HGO i.V.m. § 1 Krankenhausbetriebsverordnung vom 20. November 1991 (GVBl. I S. 354) und dem Hessischen Eigenbetriebsgesetz vom 9. Juni 1989 (GVBl. I S. 154) nicht als eigene Rechtspersönlichkeit, sondern als Sondervermögen der Beklagten nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt wird.

Aus dieser Organisation der Krankenhausversorgung folgt, dass die Kosten der Behandlung vom Krankenhaus nicht hoheitlich durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden können, sondern – bei Selbstzahlern wie der Schwiegermutter des Klägers – zivilrechtlich beim Patienten einzufordern sind (so schon OLG Celle, Beschluss vom 08.03.1999 - 1 W 25/98 NVwZ-RR 2000, 119; zum zivilrechtlichen Charakter der Forderung siehe auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.11.2007, L 23 SO 119/06; ebenso VG Bayreuth, Urteil vom 14.12.2004 - B 1 K 04.20 -, VG München, Urteil vom 21.3.2001 - M 31 K 00.1940 und - VG Ansbach, Urteil vom 15.4.2004 - An 5 K 03.01266 -; alle zitiert nach juris). Die vom Krankenhaus erbrachte Leistung besteht in der stationären medizinischen Versorgung, nicht aber in der Aufwendung öffentlicher Mittel, die für diese medizinische Versorgung benötigt werden. Dementsprechend kann weder das Krankenhaus noch der dahinterstehende Krankenhausträger die Behandlungskosten durch – öffentlich-rechtlichen – Verwaltungsakt geltend zu machen.

An diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn – wie im Falle des Klägers – die Behandlungskosten statt beim Patienten bei einem nach § 84 AuslG/§ 68 AufenthG Erstattungsverpflichteten angefordert werden. Zwar können von dem Verpflichteten öffentliche Mittel, die konkret für den Lebensunterhalt des Ausländers aufgewandt worden sind, im Wege des Leistungsbescheides zurückgefordert werden. Zu diesen öffentlichen Mitteln zählen jedoch nicht die zivilrechtlichen Behandlungskosten, die durch den Aufenthalt im Krankenhaus entstanden sind, da diese ihren Charakter nicht dadurch ändern können, dass sie auf einer anderen rechtlichen Grundlage oder bei einer anderen Person geltend gemacht werden. Auch auf die Kosten für das bloße "Bereithalten" der technischen Einrichtung und des medizinischen Personals kann nicht abgestellt werden, da solche Kosten unabhängig vom einzelnen Patienten entstehen und nicht den Kosten des Lebensunterhaltes für einen bestimmten Ausländer zugerechnet werden können. Vielmehr werden erst dann öffentliche Mittel für die Versorgung im Krankheitsfalle und damit für den Lebensunterhalt im Sinne des § 84 Abs. 1 AuslG/68 Abs. 1 AufenthG aufgewendet, wenn sie der konkreten Versorgung einer bestimmtem Person dienen und z.B. vom Sozialamt in Form der Übernahme von Krankenkassenbeiträgen, der Sachleistung durch Ausstellung eines Behandlungsscheines oder der Bezahlung der Krankenhausrechnung für diese Person geleistet werden.

Soweit – wie hier – der Träger des Krankenhauses mit dem Träger der Sozialhilfe identisch ist, kann dieses Ergebnis auch nicht dadurch umgangen werden, dass das Krankenhaus mit dem Abschluss des Behandlungsvertrages vorsorglich einen Antrag auf Gewährung von Krankenhilfe nach dem BSHG entgegennimmt und dann in Ausübung der Funktion des Sozialamtes Krankenhilfe nach § 37 BSGH schlüssig durch die stationäre Versorgung des Patienten gewährt. Zwar mögen nach § 33 Abs. 2 SGB X Bewilligungsentscheidungen auf dem Gebiet des Sozialrechtes nicht nur schriftlich, sondern auch in anderer Weise ergehen können. Dies setzt jedoch immer eine Entscheidung der zuständigen Behörde nach Prüfung der für die Gewährung notwendigen Umstände voraus, und ein Krankenhaus – egal in welcher Trägerschaft es steht – ist unter keinem Gesichtspunkt zur Bewilligung von Sozialhilfe berechtigt. Erst recht werden von ihm vor Durchführung der Krankenhausbehandlung nicht die Voraussetzungen für den Bezug von Krankenhilfe wie insbesondere die Mittellosigkeit geprüft. Deshalb kann die Beklagte sich auch nicht darauf berufen, dass durch die Behandlung der Schwiegermutter in schlüssiger Weise Sozialhilfe bewilligt wurde und damit öffentliche Mittel für den Lebensunterhalt der Schwiegermutter in Anspruch genommen worden seien, so dass der Kläger insoweit aufgrund der von ihm abgegebenen Verpflichtungserklärung nach § 84 Abs. 2 AuslG zur Erstattung herangezogen werden könne.

Das Verwaltungsgericht hat auch nicht die spezifische Problematik der Trägeridentität zwischen Träger des Krankenhauses und Träger der Sozialhilfe verkannt. Dies wirkt sich weder zugunsten der Beklagten in der von ihr dargelegten Form der schlüssigen Bewilligung von Sozialhilfe durch das Krankenhaus aus, noch geht es umgekehrt zu ihren Lasten, weil ihr dadurch die Berufung auf die Regelung des § 121 BSHG zur Erstattung der Aufwendungen im Falle der Nothilfe verwehrt wäre.