VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Beschluss vom 19.05.2008 - AN 19 K 08.00323 - asyl.net: M13544
https://www.asyl.net/rsdb/M13544
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Unionsbürger, Freizügigkeit, Verlust der Freizügigkeit, Ausländerbehörde, Straftat, Strafurteil, Wiederholungsgefahr, Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
Normen: FreizügG/EU § 6 Abs. 1; FreizügG/EU § 6 Abs. 2
Auszüge:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ... war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 ZPO).

Die Klage wird voraussichtlich erfolglos bleiben, da die Beklagte zu Recht den Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt für die Bundesrepublik Deutschland festgestellt hat und dem Kläger zu Recht die Abschiebung unter Fristsetzung angedroht hat. Der streitgegenständliche Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 6 FreizügG/EU. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit festgestellt werden. Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liegen bei einer Gesetzesverletzung, wie vom Kläger begangen, vor.

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU genügt die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für sich allein nicht, um die Feststellung des Rechtsverlustes zu begründen. Es muss ferner eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Bei einer Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts in Deutschland, das Alter des jeweils Betroffenen, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration und ferner das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigten (§ 6 Abs. 1 bis 3 FreizügG/EU).

Im Fall des Klägers sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verlustfeststellung nach § 6 FreizügG/EU gegeben und die getroffene Entscheidung hält sich auch im Rahmen des der Beklagten insoweit zustehenden Ermessens. Insbesondere wurde auch unter Heranziehung der strafgerichtlichen Verurteilung die erforderliche individuelle Gefahrenprognose angestellt, ob also vom Kläger eine erneute Verletzung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für die Zukunft zu erwarten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in zahlreichen Fällen bandenmäßig mit Rauschgift handelte und dabei eine erhebliche Menge von Betäubungsmitteln in Verkehr brachte.

Unter Zugrundelegung des Gesamtbildes vom Kläger und der Modalitäten des der Verurteilung zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes, insbesondere, dass dieser allein aus wirtschaftlichem Interesse bandenmäßig über Jahre in erheblichen Mengen Betäubungsmittel handelte, ist die Kammer mit der Beklagten der Auffassung, dass auch nach seiner Haftverbüßung mit weiteren derartigen Verstößen zu rechnen ist.

Dieser Prognose widerspricht auch nicht, dass der Kläger seine Straftaten gestanden hat und dass er sich gemäß Führungsbericht der JVA vom 1. September 2006 im Wesentlichen beanstandungsfrei verhalten hat. Sein Geständnis und seine Aufklärungshilfe im Strafverfahren haben letztlich dazu geführt, dass das Strafgericht von einem minderschweren Fall mit der Folge einer wesentlich geringeren Freiheitsstrafe ausgegangen ist; insgesamt hat dieser Sachverhalt für die Rückfallprognose jedoch keine Aussagekraft. An dem Umstand vom Kläger immer noch ausgehender Gefährdung ändert auch das bisher im Wesentlichen beanstandungsfreie Verhalten während des Strafvollzuges nichts. Solches Wohlverhalten im Strafvollzug erfolgt in der Regel im eigenen Interesse und lässt Rückschlüsse auf ein straffreies Leben nach Haftentlassung nicht zu.