VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 15.05.2008 - 19 C 08.2349 - asyl.net: M13552
https://www.asyl.net/rsdb/M13552
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Europa-Mittelmeer-Abkommen/Tunesien, Diskriminierungsverbot, Arbeitnehmer, Arbeitssuche, Arbeitslosigkeit
Normen: Europa-Mittelmeer-Abkommen/Tunesien Art. 64 Abs. 1
Auszüge:

Dem Kläger steht auch im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot des Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Assoziierungsabkommens EG-Tunesien vom 1. März 1998 (Beschluss 98/238/EG ABl L 97 vom 30.3.1998) kein Aufenthaltsrecht zu.

Die vielfältigen Fragen, die mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur praktischen Wirksamkeit von Diskriminierungsverboten zu Gunsten beschäftigungsbefugter Ausländer auf dem Gebiet eines Mitgliedstaates einhergehen (vgl. u.a. BVerwG vom 1.7.2003 BVerwGE 118, 249, OVG Münster vom 22.6.2007 InfAuslR 2007, 331, VGH Mannheim vom 27.9.2007 Az. 13 S 1059/07 – Juris –, Gutmann in GK AufenthG Abt. IX/1, RdNr. 27 zu Art. 10 ARB 1/80), können vorliegend offen bleiben. Der Kläger hat jedenfalls nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Eintritt der Arbeitslosigkeit im Juli 2002 erneut eine Beschäftigung aufgenommen und infolge dessen den regulären Arbeitsmarkt verlassen. Diese Frist bestimmt sich aufgrund der Zielsetzung dieses besonderen Aufenthaltsanspruchs nach den Grundsätzen, die der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 26. Februar 1991 (<Antonissen> RdNr. 21 InfAuslR 1991, 351) für die erste Arbeitssuche von Freizügigkeitsberechtigten vorgegeben hat (ebenso Gutmann a.a.O. RdNr. 125 ff. zu Art. 6 ARB 1/80; Beschluss des Senats vom 28.1.2008 Az. 19 CS 06.1572; enger Dienelt InfAuslR 2004, S. 45/57).

Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Februar 1991 zufolge ist eine Frist von sechs Monaten ausreichend, um den Betroffenen im Empfangstaat zu ermöglichen, die ihrer Qualifikation entsprechenden Stellenangebote kennen zu lernen und gegebenenfalls die notwendigen Schritte zur Einstellung zu unternehmen. Wenn der Betroffene nach Ablauf der Frist nachweist, dass er weiterhin auf Arbeitssuche ist und dass er tatsächliche Chancen zur Einstellung hat, darf er gleichwohl nicht zum Verlassen des Empfangstaates gezwungen werden. Der Antragsteller war zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung im Juni 2005 bereits seit etwa drei Jahren arbeitslos. Soweit er in dieser Zeit die Möglichkeit zur Aufnahme einer Beschäftigung gehabt haben sollte, hat er sie nicht wahrgenommen. Mehrere Straftaten fallen in diesen Zeitraum.