VG Osnabrück

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Zitieren als:
VG Osnabrück, Urteil vom 19.05.2008 - 5 A 49/08 - asyl.net: M13623
https://www.asyl.net/rsdb/M13623
Leitsatz:
Schlagwörter: Türkei, Kurden, PKK, Unterstützung, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Änderung der Sachlage
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 08.02.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Der Widerruf kann nicht auf eine nachträgliche entscheidungserhebliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse im Vergleich zu denjenigen zum Zeitpunkt der Anerkennungsentscheidung (01.9.2000) nach den vorstehenden Maßstäben gestützt werden. Die Flüchtlingsanerkennung des Kläger erfolgte, da ihm seinerzeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in die Türkei politisch motivierte Verfolgung drohte, weil der Kläger nach seinen für glaubhaft gehaltenen Angaben nicht nur die PKK-Guerilla aktiv unterstützte, sondern insbesondere deshalb, weil er bei einem Treffen mit der Guerilla der PKK in seiner Scheune in flagranti erwischt worden war, wobei es anschließend zu einem Schusswechsel mit einem Toten und einem Schwerverletzten, dem Kläger, gekommen war. Nur unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten des Einzelfalles war der Einzelrichter der 3. Kammer des VG Lüneburg zu der Überzeugung gelangt, dass dieser Vorfall für den Kläger ernste asylerhebliche Konsequenzen in Form seiner Verhaftung mit anschließender Folter, wenn nicht sogar Anklageerhebung und Verurteilung durch das Staatssicherheitsgericht zur Folge gehabt hätte. Diesen Aspekt hat der angegriffene Bescheid ausweislich seiner Begründung nicht beachtet. Dort (Seite 3) wird lediglich darauf abgestellt, dass der Kläger die PKK nur in geringem Umfange mit Lebensmitteln unterstützt habe und dass angesichts des Zeitablaufs nicht ersichtlich sei, dass die türkischen Behörden vor diesem Hintergrund noch irgend ein Interesse an ihm haben könnten. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen. Bei dem hier maßgeblichen Maßstab kann angesichts der vorstehenden Sachlage eben nicht ausgeschlossen werden, dass die Gefahr der Misshandlung und Folter im Falle der Rückkehr in die Türkei mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist.