Abgelehnte Asylbewerber aus Tibet haben bei einer zwangsweisen Rückführung in ihre Heimat allein wegen Verletzung der Grenzübertrittsbestimmungen keine politische Verfolgung zu befürchten.
Abgelehnte Asylbewerber aus Tibet haben bei einer zwangsweisen Rückführung in ihre Heimat allein wegen Verletzung der Grenzübertrittsbestimmungen keine politische Verfolgung zu befürchten.
(Amtlicher Leitsatz)
Der Beigeladene hat im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG. Wie das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil zutreffend festgestellt hat, bestehen Zweifel, ob der Beigeladene Tibet wegen unmittelbar drohender oder bereits stattgefundener politischer Verfolgung verlassen hat.
Dem Beigeladenen droht auch nicht allein wegen seiner illegalen Ausreise aus Tibet politische Verfolgung. Das Verwaltungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass chinesischen Staatsangehörigen bei einer Rückkehr oder Abschiebung in die Volksrepublik China allein wegen der illegalen Ausreise keine politische Verfolgung droht (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 27.7.2004 - A 5 B 558/04 -). Dies gilt indes grundsätzlich auch für illegal ausgereiste Tibeter. Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln droht Personen, die China illegal, d.h. unter Verletzung des Grenzübertrittsbestimmungen verlassen haben, allenfalls eine Geldbuße. Für politisch begründete, unmenschliche oder erniedrigende Repressalien liegen - jedenfalls was aus Deutschland auf dem Luftweg zurückgeführte Asylsuchende anbelangt - keine Anhaltspunkte vor.
Soweit das Verwaltungsgericht Chemnitz zur Begründung seiner abweichenden Auffassung anführt, den Erkenntnismitteln lasse sich entnehmen, dass illegal ausgereiste Tibeter, die zwangsweise zurückgeführt werden, gewöhnlich mehrere Tage bis zu einem Monat inhaftiert und befragt würden, wobei es zu Folter komme, betrifft dies nach den vorliegenden Erkenntnismitteln lediglich im Grenzgebiet zu Nepal aufgegriffene Tibeter. Das Verwaltungsgericht Chemnitz bezieht sich zur Begründung seiner Auffassung im Wesentlichen auf einen Fall, der sich im Mai 2003 zugetragen hatte. Dabei wurden 18 tibetische Personen, die von Tibet nach Nepal geflüchtet waren, trotz internationaler Proteste durch nepalesische Behörden unter Anwendung von Gewalt nach China abgeschoben. Diese Personen waren in China zunächst vorübergehend in Haft. Als Grund der Verhaftung wurde offiziell "illegaler Grenzübertritt" (ohne notwendige Papiere) genannt. Die Personen wurden zwar anschließend wieder freigelassen, Nichtregierungsorganisationen berichteten aber über gravierende Repressalien und Folter während der Haft in chinesischen Gefängnissen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik China, Stand: Oktober 2005 - 508-516.80/3 CHN). Inzwischen sind die nepalesischen Behörden zwar wieder zu dem vorher üblichen Verfahren zurückgekehrt und überstellen tibetische Flüchtlinge nach Indien. Gleichwohl versuchen die chinesischen Behörden, die jedes Jahr mehrere tausend illegalen Grenzgänger von ihrem Vorhaben abzuhalten. Am 30.9.2006 eröffneten chinesische Grenztruppen das Feuer auf eine Gruppe von über 70 unbewaffneten tibetischen Grenzgängern, wobei zwei Personen ums Leben kamen sowie mehrere Personen festgenommen wurden (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik China, Stand: Februar 2008 - 508-516.80/3 CHN). Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln beschränken sich diese Akte exzessiver Gewalt, Verhaftung und Folter aber auf tibetische Grenzgänger, die im Grenzgebiet zu Nepal aufgegriffen werden. Hinweise dafür, dass aus Deutschland zurückgeführte Personen mit politisch begründeten, unmenschlichen oder erniedrigenden Repressalien rechnen müssen, liegen nicht vor. So geht auch die Rechtsprechung fast einheitlich davon aus, dass abgelehnte Asylbewerber aus Tibet bei einer zwangsweisen Rückführung in ihre Heimat allein wegen Verletzung der Grenzübertrittsbestimmungen keine politische Verfolgung zu befürchten haben (VGH BW, Urt. v. 19.3.2002 - A 6 S 150/01 -, nicht beanstandet vom BVerwG: Beschl. v. 5.5.2003 - 1 B 234/02 -; BayVGH, Beschl. v. 12.11.1998 - 2 AA 96.35402 -; VG Ansbach, Urt. v. 28.12.2006 - AN 14 K 06.30211 -; jeweils zitiert nach juris).