VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Urteil vom 27.06.2008 - 5 K 1409/05.A - asyl.net: M13709
https://www.asyl.net/rsdb/M13709
Leitsatz:

Ehemalige Mitglieder der maoistischen Partei sind in Nepal vor Verfolgung hinreichend sicher.

 

Schlagwörter: Nepal, Maoisten, Mitglieder, politische Entwicklung, Friedensprozess, herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, Verfolgungssicherheit, Unterschlagung, Strafverfahren
Normen: GG Art. 16a Abs.1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Ehemalige Mitglieder der maoistischen Partei sind in Nepal vor Verfolgung hinreichend sicher.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Soweit die Kläger vortragen, wegen der Tätigkeit des Klägers zu 2. in der "Nepal Communist Party Maobadi" über Jahre hinweg Belästigungen und Beeinträchtigungen durch Polizei und Sicherheitskräfte ausgesetzt gewesen zu sein, vermag die Kammer schon nicht zu erkennen, dass insoweit die asylerhebliche Schwelle, ab deren Überschreitung von einer ausweglosen, also einer "nicht anders als durch Ausreise zu bewältigenden" Lage gesprochen werden kann, überschritten worden ist.

Ungeachtet dessen wären die Kläger aber selbst dann nicht als Asylberechtigte anzuerkennen, wenn das Gericht von einer Vorverfolgung im Heimatland ausginge und damit der herabgesetzte Prognosemaßstab zur Anwendung käme. Denn die Kläger sind nach Überzeugung der Kammer bei einer Rückkehr in ihr Heimatland vor politischer Verfolgung hinreichend sicher.

Das ehemalige Königreich Nepal hat damit in den vergangenen zwei Jahren erfolgreich einen friedlichen und von der breiten Mehrheit des Volkes getragenen Wechsel von einer Monarchie zur Republik geschafft. Maßgeblich beteiligt an dieser Entwicklung waren die Maoisten unter Prachanda, die mit deutlicher Mehrheit die stärkste Partei in der neu gewählten verfassungsgebenden Versammlung stellen und nach dem Willen der Mehrheit die künftige Regierung anführen sollen. Die Kammer verkennt insoweit nicht, dass die politischen Verhältnisse in Nepal noch in Bewegung sind und die verfassungsgebende Versammlung vor großen Herausforderungen steht. Insbesondere die künftige Regierungsbildung sowie die Funktionszuweisung an den künftigen Premierminister sowie den künftigen Präsidenten werden in der Versammlung kontrovers diskutiert, weshalb diese Fragen derzeit schnellere Fortschritte der Versammlung blockieren (vgl. auch hierzu neben den bereits zitierten Presseberichten: König, Schwerer Neustart, www.unikassel. de/fb5/frieden/regionen/Nepal/streit.html (abgerufen im Internet am 12. Juni 2008)).

Trotz der damit derzeit bestehenden Schwierigkeiten beim Aufbau eines neuen Staates hat sich der Friedensprozess insgesamt als stabil erwiesen. Die Maoisten sind in der Regierungsverantwortung und werden dabei nicht nur im eigenen Land, sondern auch von der Weltöffentlichkeit intensiv beobachtet. Bei allen Rückschlägen, die es in der Vergangenheit bereits gegeben hat und die auch für die nähere Zukunft zu erwarten sind, ist eine Umkehrung der politischen Verhältnisse und eine Destabilisierung der Lage in Nepal nicht zu erwarten.

Eine Wahrscheinlichkeit, als ehemaliges Mitglied der Maoisten bei einer Rückkehr nach Nepal politischen Verfolgungshandlungen ausgesetzt zu sein, kann die Kammer vor dem Hintergrund dieser politischen Entwicklungen in Nepal daher allgemein und insbesondere auch für die Kläger des zur Entscheidung stehenden Verfahrens ausschließen (vgl. zu der allgemeinen Einschätzung: VG Kassel, Urteil vom 22. Januar 2008 - 2 E 72/07.A -, und VG Arnsberg, Urteil vom 28. Juni 2007 - 7 K 2689/05.A -, beide <juris>).

Im Ergebnis gilt dies auch für den weiteren Vortrag, Gefahr drohe den Klägern deshalb, weil der Kläger zu 2. zur Finanzierung der Ausreise ihm anvertraute Gelder der Maoisten unterschlagen habe.

Selbst wenn aber trotz aller Zweifel der Vortrag richtig sein sollte, dass der Kläger Parteigelder unterschlagen hat und diese von der Partei tatsächlich noch zurückgefordert werden, ist nicht erkennbar, weshalb er nicht in der Lage sein sollte, diese Gelder, die er widerrechtlich an sich genommen hat, nach Aufnahme einer Arbeitstätigkeit in Nepal an die Maoisten ratenweise zurückzuführen. Sollte er durch die Unterschlagung des Geldes in Nepal einen Straftatbestand verwirklicht haben, so wird er sich gegebenenfalls hierfür zu verantworten haben. Hierbei handelte es sich dann aber nicht um eine politische Verfolgungshandlung, sondern um die Ahndung kriminellen Unrechts. Dass der Kläger zu 2. wegen eines asylerheblichen Merkmals einer besonders harten Strafe ausgesetzt sein wird, ist nach den Erkenntnissen über die aktuelle politische Lage in Nepal nicht zu erwarten.