OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 14.07.2008 - 8 ME 39/08 - asyl.net: M13730
https://www.asyl.net/rsdb/M13730
Leitsatz:

Kosovarische Staatsangehörige können aus den Grundsätzen der kosovarischen Behörden für die Rückübernahme (Readmission Policy) grundsätzlich keinen Anspruch auf Duldung gegenüber deutschen Behörden geltend machen, es sei denn, UNMIK hat der Abschiebung widersprochen.

 

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Kosovo, Kosovaren, Roma, Memorandum of Understanding, UNMIK, Readmission Policy, UNHCR-Positionspapier
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2
Auszüge:

Kosovarische Staatsangehörige können aus den Grundsätzen der kosovarischen Behörden für die Rückübernahme (Readmission Policy) grundsätzlich keinen Anspruch auf Duldung gegenüber deutschen Behörden geltend machen, es sei denn, UNMIK hat der Abschiebung widersprochen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 4. Juni 2008 hat keinen Erfolg.

Die Abschiebung der Antragsteller ist nicht "unmöglich" im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Insbesondere begründet die Berufung der Antragsteller auf ihre Volkszugehörigkeit als Roma aus dem Kosovo keine solche Unmöglichkeit. Der Senat hat schon unter Geltung des bislang den Rückführungen in das Kosovo zu Grunde liegenden Verwaltungsabkommens (sog. Memorandum of Understanding) zwischen dem Bundesinnenministerium und der UNMIK entschieden (vgl. Beschl. v. 12.10.2005 - 8 ME 163/05 -, InfAuslR 2006, 40 f. = NVwZ 2006, 362 f.), dass sich weder aus diesem Abkommen noch aus den für die UNMIK im Übrigen geltenden Bestimmungen Ansprüche der Abzuschiebenden gegenüber deutschen Behörden ergeben. Nach dem Erlass des Bundesinnenministeriums vom 17. Dezember 2007 ist das vorgenannte Verwaltungsabkommen "mit Ablauf des Jahres 2007 faktisch nicht mehr anwendbar" und im Kosovo durch ein neues Rückübernahmegrundsatzprogramm (englisch: "Readmission Policy") ersetzt worden. Für die hier zu beurteilende Fallgestaltung hat sich dadurch keine Änderung ergeben. Schutzansprüche von Angehörigen ethnischer Minderheiten gegenüber deutschen Behörden ergeben sich aus diesem im Kosovo geltenden Rückübernahmegrundsatzprogramm nicht, zumal darin der von den Antragstellern in Anspruch genommene Abschiebungsschutz für Angehörige der Roma nicht einmal ausdrücklich enthalten ist. Soweit die für einen Übergangszeitraum im Kosovo weiterhin zuständige UNMIK nach den Ausführungen in dem o.a. Erlass vom 17. Dezember 2007 gleichwohl unter Berufung auf das "UNHCR-Positionspapier" an dem grundsätzlichen Rückführungsverbot für Roma festhält, folgt daraus unverändert eine Unmöglichkeit der Abschiebung nur dann, wenn deshalb einer in Aussicht genommenen Abschiebung eines Ausländers widersprochen worden ist. Einen solchen Widerspruch der UNMIK gibt es vorliegend nicht. Die für den 5. Juni 2008 geplante Abschiebung der Antragsteller ist vielmehr allein daran gescheitert, dass die Antragsteller vorübergehend untergetaucht sind. Der Senat hat schon in seinem zuvor zitierten Beschluss offen gelassen und kann dies auch vorliegend tun, ob eine andere Beurteilung angezeigt ist, wenn die deutschen Behörden der UNMIK bewusst falsche Angaben über die Volkszugehörigkeit des Betroffenen mitteilen, sie sich also treuwidrig verhalten und nur deshalb ein Widerspruch der UNMIK unterbleibt. Ein solches Verhalten ist dem Antragsgegner hier nicht vorzuwerfen, insbesondere war er nicht verpflichtet, die Antragsteller als Roma einzustufen.