OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.07.2008 - 8 ME 42/08 - asyl.net: M13731
https://www.asyl.net/rsdb/M13731
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Ausreisehindernis, Europäische Menschenrechtskonvention, Privatleben, abgelehnte Asylbewerber, Duldung, Altfallregelung, Täuschung, Falschangaben, Kosovo, Kosovaren, Wohnraum, Grundbuch
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5; EMRK Art. 8; AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Auszüge:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. Juni 2008 hat keinen Erfolg. Dem Verwaltungsgericht ist zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis darin zu folgen, dass der weitere Aufenthalt der Antragsteller zur Sicherung eines im Hauptsacheverfahren (4 A 112/08) zu verfolgenden Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen vorläufig zu dulden ist.

Zwar steht den Antragstellern kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK zu. Denn der Senat hat bereits in seinem, in einem vorhergehenden Verfahren der Beteiligten ergangenen Beschluss vom 7. September 2007 (8 PA 84/07) ausgeführt, dass die Antragsteller sich nicht erfolgreich auf einen Schutz des Privatlebens nach Art. 8 EMRK berufen können, da sie sich abgesehen von der insoweit unerheblichen Zeit ihres Asylverfahrens nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihrer bestehenden Ausreisepflicht nicht freiwillig nachgekommen sind. Hieran ist festzuhalten (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 14.7.2008 - 8 ME 39/08 -). Aus der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergibt sich nichts anderes. Der Gerichtshof hat vielmehr in einer neueren Entscheidung vom 8. April 2008 (- 21.878.06 -, Newsletter Menschenrechte 2008, S. 86) (nochmals) klargestellt, dass ein Ausländer, dessen Asylantrag und Menschenrechtsbeschwerden erfolglos geblieben sind, sich - ungeachtet einer 10-jährigen Dauer bis zum Abschluss dieser Verfahren - schon wegen seines "prekären" Aufenthaltsstatus für die Begründung eines anschließenden asylverfahrensunabhängigen Aufenthaltsrechts nicht erfolgreich auf den durch Art. 8 EMRK gewährten Schutz des Privatlebens berufen kann. Auf die nähere Art der Beziehungen, die im Land der Asylantragstellung zwischenzeitlich aufgebaut worden sind, kommt es danach ausdrücklich nicht an.

Bereits in seinem angeführten Beschluss vom 7. September 2007 hat der Senat allerdings ergänzend darauf verwiesen, dass den Antragstellern ggf. ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG zustehe und dass das Vorliegen des insoweit allein umstrittenen Ausschlusstatbestandes des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG in dem damals anhängigen, eben auf die Erteilung auch einer solchen Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gerichteten Verpflichtungsklage (4 A 56/06) zu klären sei.

Unverändert steht nicht mit der notwendigen Gewissheit fest, dass die Antragsteller mit ihrer Behauptung, im Kosovo über keine Unterkunft zu verfügen, den Versagungsgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG verwirklicht haben. Zwar hat die KOSIP mitgeteilt, dass der Antragsteller zu 1) Eigentümer eines unzerstörten Wohnhauses im Kosovo sei. Diese von den Antragstellern mit - in den Einzelheiten voneinander abweichenden - Stellungnahmen verschiedener Dritter bestrittene Angabe hat sich allerdings durch einen Grundbuchauszug nicht belegen lassen. Dass mag angesichts der im Kosovo offenbar nicht hinreichend zuverlässig und einheitlich geführten Grundbücher (vgl. Mattern, Kosovo: Sicherheit und Gerechtigkeit für die Minderheiten, 20. September 2006, S. 13) allein noch nicht aussagekräftig sein. Ergänzend hat aber die UNMIK in der Vergangenheit einer Abschiebung der Antragsteller ebenfalls u. a. mit dem Verweis auf eine für sie fehlende Unterkunftsmöglichkeit widersprochen, ohne ihre Erkenntnisquellen offen zu legen. Bei dieser Sachlage bedarf es näherer Aufklärung des Vorbringens, der Antragsteller zu 1) sei tatsächlich (noch) Eigentümer oder zumindest Miteigentümer des umstrittenen, unzerstörten Wohnhauses oder dies zumindest in der Vergangenheit gewesen, etwa durch nähere Angabe des Erwerbszeitpunktes und des Erwerbsgrundes. Im Übrigen wäre ggf. unabhängig von den Eigentumsverhältnissen den Fragen nachzugehen, ob die Antragsteller entgegen ihrem Vorbringen nicht zumindest notdürftig in dem noch nicht vollständig errichteten Obergeschoss des unzerstörten Wohnhauses oder anderweitig auf dem Grundstück Unterkunft hätten finden können oder einen Anspruch auf Räumung des nach Aktenlage von der Familie eines Bruders des Antragstellers zu 1) genutzten Untergeschosses gehabt hätten.