VG Oldenburg

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Zitieren als:
VG Oldenburg, Beschluss vom 22.07.2008 - 11 B 2007/08 - asyl.net: M13861
https://www.asyl.net/rsdb/M13861
Leitsatz:

1. Ein Antrag auf Verlängerung der Grenzübertrittsbescheinigung ist auszulegen als Antrag auf Erteilung einer Duldung und Antrag auf Verlängerung der Ausreisefrist.

2. Eine fehlende Gelbfieberimpfung ist für kamerunische Staatsangehörige kein Hindernis für die (Wieder-) Einreise in ihr Heimatland.

 

Schlagwörter: Kamerun, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Impfung, Gelbfieber, Krankheit, Grenzübertrittsbescheinigung, Verlängerungsantrag, Auslegung, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung
Normen: VwGO § 123 Abs. 1; AufenthG § 60a Abs. 2
Auszüge:

1. Ein Antrag auf Verlängerung der Grenzübertrittsbescheinigung ist auszulegen als Antrag auf Erteilung einer Duldung und Antrag auf Verlängerung der Ausreisefrist.

2. Eine fehlende Gelbfieberimpfung ist für kamerunische Staatsangehörige kein Hindernis für die (Wieder-) Einreise in ihr Heimatland.

(Amtliche Leitsätze)

 

Das Begehren des Antragstellers ist entgegen der Formulierung des Antrages bei verständiger Würdigung (§§ 122, 88 VwGO) dahingehend auszulegen, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nicht zur Verlängerung einer Grenzübertrittsbescheinigung, sondern vielmehr zur Erteilung einer Duldung und Verlängerung der Ausreisefrist bis zum 28. Juli 2008 verpflichtet werden soll. Das tatsächliche Begehren des Antragstellers ist es nämlich, bis einschließlich den 28. Juli 2008 in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben zu können und erst an diesem Tage (freiwillig) auszureisen. Bei der Grenzübertrittsbescheinigung handelt es sich jedoch lediglich um einen Nachweis in der Form eines amtlichen Vordrucks über die freiwillige Ausreise des Ausländers innerhalb der Ausreisefrist ohne eigenen Regelungsgehalt. Sie ist weder ein Aufenthaltstitel noch eine Duldung und ersetzt auch keine Duldung (Nr. 50.4.1.2 der vorläufigen Niedersächsischen Verwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz - Vorl.Nds.VV-AufenthG - vom 30. Juni 2007).

Dieses nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu beurteilende Begehren des Antragstellers ist nicht begründet.

Auch die fehlende Gelbfieberimpfung begründet kein tatsächliches Abschiebungshindernis. Nach Auskunft des für die Durchführung von Abschiebungen zuständigen Landeskriminalamtes (LKA) Niedersachsen ist eine wirksame Gelbfieberimpfung für kamerunische Staatsangehörige keine Voraussetzung für deren Einreise nach Kamerun (Vermerk der Antragsgegnerin in der Beiakte "A", Blatt 182). Vielmehr besteht bei in Kamerun geborenen Kindern bereits von Geburt an eine Grundimmunisierung gegen Gelbfieber und Hepatitis A und B. Zudem sei nach Auskunft der Bundespolizei in den letzten 15 Jahren keine einzige Abschiebung an einer fehlenden Impfung gescheitert. In keinem Fall sei ein Erwachsener geimpft worden (Vermerk der Antragsgegnerin in der Beiakte "A", Blatt 182).

Diesen Auskünften steht auch nicht der Vortrag des Antragstellers entgegen, aus den Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes für Kamerun ergebe sich, dass Voraussetzung für die Einreise nach Kamerun eine wirksame Gelbfieberimpfung ist. Diese Reisehinweise richten sich ersichtlich an (deutsche) Reisende, die nach Kamerun reisen wollen. Eine allgemeine Impfpflicht auch für kamerunische Staatsangehörige wird dort hingegen nicht konstatiert.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall noch, dass der Antragsteller sich auf den Duldungsgrund einer tatsächlich unmöglichen Abschiebung voraussichtlich ohnehin nicht berufen könnte. Hiervon ist nämlich ausgeschlossen, wer in zumutbarer Weise die Möglichkeit einer freiwilligen Heimreise hat und diese Möglichkeit in vorwerfbarer Weise nicht wahrnimmt. Das Gleiche gilt, wenn etwaige Hindernisse durch zumutbare eigene Anstrengungen beseitigt werden können (Funke-Kaiser, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz - GK-AufenthG -, Stand: April 2008, § 60 a AufenthG, Rn. 221). Die beiden geltend gemachten Ausreisehindernisse sind allein auf das Verhalten des Antragstellers zurückzuführen. Es lag eindeutig in seiner Verantwortung, sich rechtzeitig um die Organisation seiner Ausreise zu bemühen. Die beiden vermeintlichen Hindernisse (Buchung eines späteren Fluges/Umbuchungskosten, fehlende Impfung) hätte der Antragsteller im Vorfeld ohne weiteres durch zumutbare eigene Anstrengungen beseitigen bzw. vermeiden können.