LG Koblenz

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Zitieren als:
LG Koblenz, Beschluss vom 13.02.2008 - 2 T 733/07 - asyl.net: M13983
https://www.asyl.net/rsdb/M13983
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Standesbeamter, Eheschließung, Anmeldung, Identitätsnachweis, Identität ungeklärt, Pass, Passlosigkeit, Sachaufklärungspflicht, Fälschung, Vertrauensanwalt, Nigeria, Nigerianer, Ledigkeit, Ehefähigkeitszeugnis
Normen: PStG § 45 Abs. 2; PStG § 5; EGBGB Art. 13 Abs. 1; PStV § 11 Abs. 2; DA § 148; PStG § 5 Abs. 3
Auszüge:

Die sofortige Beschwerde ist als Beschwerde im Sinne des § 49 Abs. 1 Satz 2 PStG zulässig und begründet.

Der Standesbeamte beim Standesamt Unkel ist anzuweisen, eine Anmeldung der Beteiligten zu 3. und 4. zur Eheschließung nicht mit der Begründung abzulehnen, dass die Identität sowie Ledigkeit der Beteiligten zu 4. ungeklärt sei.

Zu Recht haben sowohl der Standesbeamte als auch das Amtsgericht angenommen, dass der Standesbeamte im Anmeldungsverfahren gemäß §§ 4 ff PStG die Identität der Verlobten als auch das Nichtbestehen von Ehehindernissen zu prüfen hat. Der eindeutige Identitätsnachweis ist zur Vermeidung von Falschbeurkundungen erforderlich; im Übrigen müssen die Daten der Verlobten für die spätere Eintragung in das Heirats- und Familienbuch erhoben werden (§ 68 a PStG). Die dem Standesbeamten obliegende Prüfung etwa bestehender Ehehindernisse (§ 5 PStG) setzt die Feststellung der Identität der Verlobten voraus.

Allerdings haben sowohl der Standesbeamte als auch im Ergebnis das Amtsgericht an den Nachweis vorstehender Umstände zu strenge Anforderungen gestellt.

a. Da sich die Voraussetzungen der Eheschließung gemäß Artikel 13 Abs. 1 EGBGB nach dem Recht des Staates der Ehewilligen richtet, ist für die Prüfung der Ehefähigkeit der Nachweis der Staatsangehörigkeit geboten, für welchen § 11 Abs. 2 PStV eine spezielle Regelung enthält, welche in § 148 DA konkretisiert wird. Hiernach müssen Ausländer ihre Staatsangehörigkeit - und mithin auch ihre Identität - durch einen von dem Heimatstaat ausgestellten Pass (Reisepass, Nationalpass) nachweisen (§§ 11 Abs. 2 Satz 1 PStV bzw. § 148 Abs. 1 Satz 1 DA). Da für Ausländer im Bundesgebiet Passpflicht besteht (§ 3 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz) kann in aller Regel auf diesen Nachweis zurückgegriffen werden.

Ein solches Ausweisdokument hat die Beteiligte zu 4. anlässlich einer persönlichen Vorsprache beim Standesbeamten am 2. November 2005 vorgelegt, welcher hiervon Kopien gefertigt hat. Die Vorlage bei der eigentlichen Anmeldung der Eheschließung ist ihr indes nicht möglich, da ihr dieser gestohlen worden war.

Die Kammer ist der Ansicht, dass aufgrund dieses Umstandes und der Tatsache, dass die nigerianische Botschaft erst dann einen Pass ausstellt, wenn die Beteiligte zu 4. bereits verheiratet ist oder aber der Standesbeamte die Anmeldung zur Eheschließung angenommen hat (vgl. Inhalt des Telefonvermerks des Amtes für öffentliche Ordnung, Ausländerabteilung der Stadt ... vom 17. November 2005, enthalten in der beiliegenden "Ausländerakte Nr. 2") mit Rücksicht auf die generelle Eheschließungsfreiheit die beabsichtigte Eheschließung letztlich nicht an dem Fehlen eines Heimatpasses scheitern darf.

Bereits der Standesbeamte - und letztlich auch die zur Entscheidung berufene Kammer - war und ist vielmehr gehalten anhand von Indizien die Staatsangehörigkeit und die Identität der Beteiligten zu 4. zu ermitteln. Als Hinweis kommt hier vor allem der bereits in der jüngsten Vergangenheit ausgestellte Pass, welcher abhanden gekommen ist, in Betracht, wenn davon - wie vorliegend seitens der nigerianischen Behörden gegeben - ausgegangen werden kann, dass die Inhaberin dieses Passes die entsprechende Staatsangehörigkeit noch besitzt (vgl. zum Ganzen: Massfeller/Hoffinann/Hepting/Gaaz, Kommentar zum PStG, § 5 Rdnr. 31 ff). Eine Versicherung an Eides Statt ist zwar insoweit ausgeschlossen (vgl. OLG Zweibrücken, StAZ 1996, 268), der Standesbeamte - und auch das Gericht - sind jedoch zu weiteren Nachforschungen verpflichtet (§ 5 Abs. 3 PStG).

Hiervon ausgehend ist die Kammer nach der Anhörung der Beteiligten zu 3. und 4. sowie des Bruders der Beteiligten zu 4., an dessen Glaubwürdigkeit die Kammer keinerlei Zweifel hegt, überzeugt, dass an der Identität der Beteiligten zu 4. nicht zu zweifeln ist. Dies gilt trotz des Umstandes, dass die Beteiligte zu 4. - unstreitig - sich in der Vergangenheit gefälschter Identitäten bedient hatte. Schon die Ergebnisse der vertrauensanwaltlichen Überprüfung in Lagos haben die Angaben der Beteiligten zu 4., welche diese zuvor beim Standesamt ... getätigt hatte (vgl. Bl. 11 ff d.A.) in vollem Umfang bestätigt. Der Umstand, dass die vorgelegten Urkunden zwar vom Vetrauensanwalt in deren formaler Echtheit und inhaltlicher Richtigkeit bestätigt werden konnten, dieser allerdings die urkundliche Beweiskraft der Erklärungen nicht anhand älterer Urkunden überprüft werden konnte, geht nicht zu Lasten der Verlobten. Denn die Beteiligte ist schon deswegen nicht in der Lage "ältere" beweiskräftige Unterlagen vorzulegen, da Nigeria über kein geschriebenes Namensrecht verfügt, und die eigentlich zuständige "National Population Commission", welche unter anderem auch eine Geburtsurkunde und eine Ledigkeitsbescheinigung ausgestellt hatte (vgl. die anliegende Originalakte der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Außenstelle Lagos) ausschließlich befugt ist Standesfälle ab dem 14.12.1992 zu registrieren und bis zum 1.9.1979 nachzuregistrieren. Ältere persönliche Unterlagen besitzt die Beteiligte zu 4. indes nicht.

b. Gleiches gilt im Ergebnis zur Frage der seitens des Standesbeamten gehegten Zweifeln an der Ledigkeit der Beteiligten zu 4. Zu diesem Fragenkomplex waren der Standesbeamte und auch das Gericht gehalten, zunächst die Verlobten zu befragen. Denn die Angabe eines Verlobten, dass er noch nicht verheiratet war, kann urkundlich schlechterdings nicht nachgewiesen werden. Im Regelfall darf sich der Standesbeamte mit der bloßen Angabe des Familienstandes ledig - so wie vorliegend gegeben (vgl. Bl. 11 d. A.) - begnügen (vgl. Massfeller/Hoffmann/Hepting/Gaaz, a.a.O., § 5 PStG Rdnr. 43ff).

Für die Ledigkeit der Beteiligten zu 4. spricht zum einen schon die diesbezügliche Bescheinigung der "National Population Conunission" vom ... 2005, auch wenn diesen - s. oben - keine urkundliche Beweiskraft besitzt. Die Tatsache der Ledigkeit hat im Übrigen in glaubhafter Weise der seitens der Kammer einvernommene Bruder der Beteiligten zu 4., Herr ... bestätigt.