VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Urteil vom 25.02.2008 - 21 B 07.30363 - asyl.net: M14014
https://www.asyl.net/rsdb/M14014
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung eines äthiopischen Staatsangehörigen wegen exponierter exilpolitischer Betätigung für die Ethiopian People's Revolutionary Party (EPRP) als Funktionär in Deutschland.

 

Schlagwörter: Äthiopien, Oppositionelle, exilpolitische Betätigung, EPRP, Ethiopian People's Revolutionary Party, UEDF, Inhaftierung, Journalisten, Überwachung im Aufnahmeland, Situation bei Rückkehr, Internet, Funktionäre
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Flüchtlingsanerkennung eines äthiopischen Staatsangehörigen wegen exponierter exilpolitischer Betätigung für die Ethiopian People's Revolutionary Party (EPRP) als Funktionär in Deutschland.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.

Nach Überzeugung des Senats liegen bei der Klägerin diese Voraussetzungen vor. Denn der Klägerin droht wegen ihrer Nachfluchtaktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr in ihr Heimatland. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren nachgewiesen, sich in der Bundesrepublik Deutschland als Mitglied der EPRP zu betätigen, für diese Organisation als Sekretärin der Ortsgruppe Nürnberg aktiv zu sein, an zahlreichen Veranstaltungen der äthiopischen Exilopposition teilgenommen und zudem regimekritische Gedichte in verschiedenen äthiopischen Exilzeitschriften und auf oppositionellen Internetseiten veröffentlicht zu haben. Dies alles hat die Klägerin im Einzelnen überzeugend und nachvollziehbar geschildert, sowie durch Bescheinigungen, Lichtbilder und Vorlage entsprechender Presseveröffentlichungen mit Übersetzungen eindeutig belegt.

Die EPRP (Ethiopian People's Revolutionary Partei) ist in Äthiopien Mitglied des Oppositionsbündnisses UEDF, das an den Parlamentswahlen vom Mai 2005 teilgenommen hat und nach dem Regierungsbündnis EPRDF und dem stärksten Oppositionsbündnis CUD drittstärkste politische Gruppe. Darüber hinaus ist die EPRP auch in Exilländern wie den USA, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden aktiv (Institut für Afrika-Kunde vom 26.1.2006). Nach Überzeugung des Senats liegen bei der Klägerin diese Voraussetzungen vor. Denn der Klägerin droht wegen ihrer Nachfluchtaktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politisch motivierte Verfolgung bei einer Rückkehr in ihr Heimatland. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren nachgewiesen, sich in der Bundesrepublik Deutschland als Mitglied der EPRP zu betätigen, für diese Organisation als Sekretärin der Ortsgruppe Nürnberg aktiv zu sein, an zahlreichen Veranstaltungen der äthiopischen Exilopposition teilgenommen und zudem regimekritische Gedichte in verschiedenen äthiopischen Exilzeitschriften und auf oppositionellen Internetseiten veröffentlicht zu haben. Dies alles hat die Klägerin im Einzelnen überzeugend und nachvollziehbar geschildert, sowie durch Bescheinigungen, Lichtbilder und Vorlage entsprechender Presseveröffentlichungen mit Übersetzungen eindeutig belegt.

Aus diesen Auskünften und Stellungnahmen lässt sich zur Überzeugung des Senats entnehmen, dass jedenfalls Personen, die sich – wie die Klägerin – hier in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben, bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit politisch motivierten Verfolgungsmaßen zu rechnen haben, zumal der äthiopische Staat in der Bundesrepublik Deutschland die Aktivitäten äthiopischer Staatsangehöriger überwacht. Da den äthiopischen Behörden aufgrund ihrer Überwachungstätigkeit bekannt wird, dass die Klägerin sich hier in der Bundesrepublik Deutschland überaus aktiv und an hervorgehobener Stelle politisch für die EPRP betätigt und regimekritische Gedichte veröffentlicht, so muss aufgrund der Auskunftslage nach Auffassung des Senats davon ausgegangen werden, dass die äthiopischen Behörden die Klägerin als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen werden mit der Folge, dass sie bei einer Rückkehr mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.