§ 39 Nr. 3 AufenthV stellt auf den Zeitpunkt der letzten Einreise in das Bundesgebiet ab.
§ 39 Nr. 3 AufenthV stellt auf den Zeitpunkt der letzten Einreise in das Bundesgebiet ab.
(Leitsatz der Redaktion)
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 27. Juni 2008 anzuordnen, hat keinen Erfolg.
Dem Antragsteller steht im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bzw. Verlängerung des aus dem Schengen-Visum folgenden Aufenthaltsrechts als nationale Aufenthaltserlaubnis (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Rdnr. 29 zu § 6; BT-Drs. 15/420, S. 71) zu.
Ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis erfordert unter anderem auch, dass der Antragsteller das für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorausgesetzte Visumserfordernis des § 5 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 6 Abs. 4 AufenthG erfüllt, also über ein für einen längerfristigen Aufenthalt erforderliches Visum verfügt. Dies ist nicht der Fall. Das zum vorübergehenden Aufenthalt berechtigende Schengen-Visum reicht hierfür nicht aus.
Zwar kann die vom Antragsteller beantragte Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug abweichend von § 5 Abs. 2 AufenthG auch ohne Einreise mit dem erforderlichen Visum im Bundesgebiet eingeholt werden, wenn eine der in §§ 39 bis 41 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegt. Diese Regelungen gehen nämlich dem § 5 Abs. 2 AufenthG vor, d. h. der § 5 Abs. 2 AufenthG ist in diesen Fällen nicht anwendbar (OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2007 - 18 B 1535/07 -, Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. März 2008 - 11 S 378/08 -, vgl. auch Ziff. 5.2.11.1 der Vorläufigen Anwendungshinweise zum AufenthG).
Der § 39 Nr. 5 AufenthV kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil die zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau bestehende Ehe nicht in der Bundesrepublik Deutschland geschlossen wurde.
Aber auch der § 39 Nr. 3 AufenthG verschafft dem Antragsteller nicht das Recht, den Aufenthaltstitel ohne vorherige Einholung des erforderlichen Visums im Bundesgebiet zu erlangen.
Nach dieser Vorschrift kann der Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er ein gültiges Schengen-Visum besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind.
Einreise im Sinne des § 39 Nr. 3 AufenthV ist die (zeitlich letzte) Einreise in das Bundesgebiet (so auch VG Kassel, Beschluss vom 27. Mai 2008 - 4 L 604/08.KS -; a.A. VG Darmstadt, Beschluss vom 12. März 2008 - 5 L 168/08.DA - und Benassi, InfAuslR 2008, 127, 128; offen gelassen: OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2007, a.a.O.).
Zwar lässt der Wortlaut auch die Auslegung zu, wonach es auf die Einreise in den Schengen-Raum und nicht in das Bundesgebiet ankommt. Allerdings spricht bereits die Auslegung des Wortlauts für die hier vertretene Auffassung, dass sich die Aufenthaltsverordnung zwar gelegentlich (etwa in § 1 Abs. 2) auf die Einreise in das gemeinsame Gebiet der Schengen-Staaten und an anderen Stellen (etwa in § 26 Abs. 1 AufenthV mit der Bezugnahme auf § 13 Abs. 2 AufenthG) deutlich auf die Einreise in das Bundesgebiet bezieht. Aber da sich der hier maßgebliche § 39 AufenthV unter der Überschrift des 4. Abschnitts "Einholung eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet" befindet, spricht dies dafür, dass die Regelungen des § 39 AufenthG, wenn sie von "Einreise" sprechen, im Zweifel die Einreise in das Bundesgebiet meinen.
Die von der Kammer vertretene Auslegung lässt sich aber jedenfalls eindeutig auf die Geschichte der Regelung stützen. Der Gesetzgeber wollte mit der Änderung des § 39 Nr. 3 AufenthV durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I., S. 1970, 2051) - RL-UmsetzungsG - ausdrücklich bestimmte Fallkonstellationen aus dem Anwendungsbereich des § 39 Nr. 3 AufenthV ausschließen. Nach der bisher geltenden Fassung der Vorschrift konnte der Inhaber eines Schengen-Visums einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Erteilung des Aufenthaltstitels erfüllt waren, ohne dass es auf seine Absicht bei der Antragstellung für das Schengen-Visum und den Aufenthaltszweck ankam. Wie sich aus der Begründung zum Gesetzentwurf ergibt, war es die Intention des Gesetzgebers, dies zu ändern. Dort (BT-Drs. 16/5965 vom 23.04.2007, S. 240) heißt es:
"Ein visumspflichtiger Ausländer, der mit einem Schengen-Visum in das Bundesgebiet mit dem Ziel einreist, zum deutschen Familienangehörigen nachzuziehen (z.B. Heirat eines Deutschen in Dänemark), kann unter den Voraussetzungen des § 39 Nr. 3 AufenthV den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise stellen, obwohl er im Visumantrag nach eigenen Angaben zu touristischen Zwecken begehrt und nur deswegen ein Schengen-Visum ohne Zustimmung der Ausländerbehörde erhalten kann. Dabei wird das Visum für den Kurzaufenthalt entgegen dem angegebenen Zweck für einen auf Dauer angelegten Aufenthalt, für den von vornherein ein nationales Visum erforderlich ist, genutzt und somit die Beteiligung der Ausländerbehörde umgangen. In diesem Fall macht er gezielt unrichtige Angaben, um ein Schengen-Visum zu erhalten, und kommt dennoch in den Genuss von § 39 Nr. 3 AufenthV. Im Interesse einer einheitlichen Handhabung des § 39 Nr. 3 AufenthV sollte klargestellt werden, dass die Vergünstigung nur dann gilt, wenn der Anspruch nach der Einreise entsteht und damit ein von vornherein beabsichtigter Wechsel des angegebenen Aufenthaltszwecks ausgeschlossen werden. Ansonsten kann über ein Schengen-Visum ein Daueraufenthaltsrecht trotz unrichtiger Angaben hinsichtlich des Aufenthaltszwecks erlangt werden."
Die Kammer legt der Auslegung der Vorschrift dieses vom Gesetzgeber offenbar vorausgesetzte Verständnis der Einreise als letzter Einreise in das Bundesgebiet vor der Antragstellung zugrunde.
Selbst wenn man (trotz der - wie oben ausgeführt - bereits fehlenden hinreichenden Sprachkenntnisse) von einem Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (Ehegattennachzug) ausginge, wäre dieser erst nach der letzten Einreise in das Bundesgebiet entstanden. Der Antragsteller ist ersichtlich nach seiner Eheschließung in Dänemark wieder in das Bundesgebiet eingereist.