VG Bremen

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Zitieren als:
VG Bremen, Urteil vom 20.06.2008 - S 6 K 2432/06 - asyl.net: M14047
https://www.asyl.net/rsdb/M14047
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Kosten, Kostenrecht, Vorverfahren, notwendige Zuziehung, Prozessbevollmächtigte, Asylbewerberleistungsgesetz
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1
Auszüge:

Die zulässige Klage hat in dem im Tenor benannten Umfang Erfolg.

Für die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren gelten die gleichen Grundsätze wie im Rahmen der VwGO (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, Rz. 5 a zu § 193 SGG m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Frage, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei aus zu beurteilen. Maßstab hierfür ist, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand, der sich um die Wahrung seiner Interessen bemüht, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eines Anwalts bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Bevollmächtigten dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, das verwaltungsrechtliche Vorverfahren selbst durchzuführen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1987, 8 C 35/85, NVwZ 87, 883). Das ist nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Bremen nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren, sondern vielmehr bei einer rechtsunkundigen Partei in der Regel zu bejahen (vgl. Urteil vom 16. August 1988, 1 BN 35/88, NVwZ 89, 75).

Gemessen an dieser Rechtsprechung war im Verfahren der Kläger die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts notwendig.

Im vorliegenden Fall gab es neben materiellrechtlichen auch verfahrenstechnische Fragen. So war nicht nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung nach § 2 AsylbLG vorliegen, was neben der damals noch geltenden 36-monatigen Gewährung von Leistungen nach § 3 AsylbLG die Prüfung der weiteren Voraussetzungen bedurfte, sondern auch die Frage zu klären, ob einer Leistungsgewährung nicht ggf. rechtsbeständig gewordene Leistungsbescheide entgegenstehen. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass die Klärung dieser keineswegs einfachen Fragen den Klägern, die mit dem deutschen Rechtssystem sowie Sprach- und Kulturkreis nicht vertraut sind, ohne Rechtsbeistand nicht zumutbar ist. Die Leistungsgewährung nach § 2 AsylbLG bedarf auch keines gesonderten Antrags, vielmehr hat der Leistungsträger diese Dinge von Amts wegen zu prüfen und die Leistungen termingerecht umzustellen. Dies sieht im Übrigen auch die aktuelle Verwaltungsanweisung der Beklagten zu § 2 AsylbLG (Stand: Mai 2008) so vor. Das Amt der Beklagten hat aber die termingerechte Umstellung versäumt, so dass sie die notwendigen Kosten der Kläger durch die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren zu tragen hat.