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OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Urteil vom 10.09.2008 - 13 LB 82/07 - asyl.net: M14075
https://www.asyl.net/rsdb/M14075
Leitsatz:

1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs eines Aufenthaltstitels nach Unwirksamwerden der Anerkennung als Asylberechtigter bzw. der Rechtsstellung als Flüchtling ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum nach Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 28. August 2007 maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei Ausweisungsverfügungen (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45/06 -, BVerwGE 130, 20) folgt nicht, dass auch bei einem Widerruf des Aufenthaltstitels auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist.

2. Hat die Behörde unzutreffend anstelle eines Widerrufs eine Rücknahme des Aufenthaltstitels verfügt, ist allein maßgeblich, ob sich die Aufhebung gestützt auf die Rechtsgrundlage für den Widerruf als im Ergebnis rechtmäßig erweist. Einer (richterlichen) Umdeutung bedarf es nicht.

3. Einzelfall einer Ermessensentscheidung über den Widerruf des Aufenthaltstitels bei Rücknahme der Anerkennung als Asylberechtigter infolge (offenkundig) unrichtiger Angaben im Asylverfahren.

(Amtliche Leitsätze)

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Anmerkung der Redaktion: Dieses Urteil wurde aufgehoben durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.4.2010 - 1 C 10.09 -, M17144.

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Schlagwörter: D (A), Widerruf, Rücknahme, Aufenthaltserlaubnis, unbefristete Aufenthaltserlaubnis, Asylanerkennung, Beurteilungszeitpunkt, Entscheidungszeitpunkt, Umdeutung, Ermessen, Verhältnismäßigkeit
Normen: AuslG § 43 Abs. 1 Nr. 4; VwVfG § 48 Abs. 1; AsylVfG § 73 Abs. 2
Auszüge:

Die Berufung hat Erfolg; sie führt zur Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts und zur Abweisung der Klage.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 17. November 2003 zu Unrecht stattgegeben. Die Aufhebung der dem Kläger am 23. Januar 1996 erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtmäßig und verletzt daher den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen der Aufhebung der dem Kläger am 23. Januar 1996 erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist derjenige der letzten behördlichen Entscheidung - also der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2003 - anzusehen.

a) Hinsichtlich der Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich geklärt, dass sich die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit maßgebliche Sach- und Rechtslage nach dem jeweils heranzuziehenden materiellen Recht beurteilt, wobei dies bei der Anfechtungsklage im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 04.07.2006 - 5 B 90/05 -, juris). Bei der Aufhebung eines Aufenthaltstitels handelt es sich sowohl bei einem Widerruf als auch bei einer Rücknahme um einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt, der sich seine Wirkung für den Zeitpunkt des Erlasses beimisst. Daraus folgt die Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. etwa Nds. OVG, Urt. v. 12.09.2007 - 8 LB 34/06 -; VGH Mannheim, Urt. v. 26.07.2006 - 11 S 951/06; jeweils zit. nach juris). Anwendbar sind demnach also in rechtlicher Hinsicht die ausländerrechtlichen und verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides Geltung beanspruchten. Ebenso ist in tatsächlicher Hinsicht der rechtlichen Prüfung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der damalige Sachverhalt zugrunde zu legen.

b) In einer neueren Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45/06 -, BVerwGE 130, 20) seine Rechtsprechung zur Frage des maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes bei Ausweisungsverfügungen geändert. Seit dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes am 28. August 2007 wird nach dieser Rechtsprechung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung bei allen Ausländern einheitlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts als maßgeblich angesehen. Begründet wird dies u.a. damit, dass aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Gerichte bei ihrer Entscheidung über die Anfechtung einer Ausweisung auf eine möglichst aktuelle, d.h. nicht bereits überholte Tatsachengrundlage abzustellen haben. Auch wird angeführt, dass nach den umgesetzten europarechtlichen Richtlinien eine Ausweisung eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit voraussetzt.

Folgen dieser geänderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die hier zu beurteilende Aufhebung (Rücknahme bzw. Widerruf) eines Aufenthaltstitels ergeben sich aber nicht. Zwar führt eine Ausweisung ebenso wie eine Rücknahme oder ein Widerruf zum Erlöschen des erteilten Aufenthaltstitels (§ 44 Abs. 1 AuslG 1990 / § 51 Abs. 1 AufenthG) mit der weiteren Folge der Entstehung der Ausreisepflicht (§ 42 Abs. 1 AuslG 1990 / § 50 Abs. 1 AufenthG). Die Folgen einer Ausweisung sind jedoch weitreichender, da sie ein Einreiseverbot begründet und der erneuten Erteilung eines Aufenthaltstitels - vorbehaltlich einer Befristung dieser Wirkungen - entgegensteht (§ 8 Abs. 2 AuslG 1990 / § 11 Abs. 1 AufenthG). Solche Folgen ergeben sich bei der Rücknahme oder dem Widerruf eines Aufenthaltstitels nicht. Die Ausländerbehörde ist nicht gehindert, in einem weiteren Verfahren trotz einer Aufhebung über die Erteilung eines (anderweitigen) Aufenthaltstitels zu befinden (vgl. dazu auch Nds. OVG, Urt. v. 12.09.2007, a.a.O.). Auch stellen die vom Bundesverwaltungsgericht zur Begründung seiner geänderten Rechtsprechung herangezogenen Richtlinien auf Aufhebungsfälle nicht ab. Daher verbleibt es nach Auffassung des Senats auch in Anbetracht der jüngst geänderten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dabei, dass bei einer Anfechtungsklage gegen die Aufhebung eines Aufenthaltstitels in Gestalt eines Widerrufs oder einer Rücknahme die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich bleibt.

2. a) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht als Rechtsgrundlage für die erfolgte Aufhebung der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis auf § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG 1990 abgestellt. Zwar hat die Widerspruchsbehörde unter Abänderung des Ausgangsbescheides § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG als Rechtsgrundlage herangezogen und statt eines Widerrufs eine Rücknahme verfügt. Gegen die Anwendbarkeit von § 48 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG spricht aber, dass § 43 Abs. 1 AuslG 1990 für die dort genannten Fallgruppen eine ausdrückliche Regelung enthält. Bedarf für die Anwendung der allgemeineren Vorschrift des § 48 VwVfG besteht nur dann, wenn die Aufenthaltsgenehmigung aus einem anderen als den in der ausländerrechtlichen Widerrufsregelung genannten Gründen oder mit einer weitergehenden Rechtsfolge aufgehoben werden soll. Dies kann etwa bei einer beabsichtigten rückwirkenden Aufhebung einer von Anfang an rechtswidrigen Aufenthaltsgenehmigung der Fall sein, was über einen nur mit Wirkung für die Zukunft möglichen Widerruf nicht erreicht werden kann. Vorliegend geht es indessen gerade um den ausdrücklich in der spezielleren Bestimmung des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG 1990 geregelten Tatbestand des Unwirksamwerdens der Anerkennung als Asylberechtigter. Zwar ist die Asylberechtigung des Klägers nicht lediglich widerrufen, sondern nach § 73 Abs. 2 AsylVfG (in der vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 geltenden Fassung; im Folgenden: AsylVfG a.F.) zurückgenommen worden. Daran ist jedoch im Hinblick auf den Aufenthaltstitel nicht unmittelbar die Einschlägigkeit der verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes anzuknüpfen. Vielmehr ist von maßgeblicher Bedeutung, dass sowohl der Widerruf als auch die Rücknahme der Asylanerkennung bzw. der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 51 Abs. 1 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG durch das Bundesamt lediglich mit Wirkung für die Zukunft ausgesprochen werden können (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005 und 7. Aufl. 1999, jeweils § 73 AsylVfG Rdnr. 26; GK-AsylVfG, Loseblatt, Stand: Juni 2008, § 73 Rdnr. 133). Dies ist gleichbedeutend mit einem "Unwirksamwerden" der Asylberechtigung im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG 1990.

b) Die Frage einer (richterlichen) Umdeutung der vorliegend infolge der Entscheidung der Widerspruchsbehörde letztlich verfügten Rücknahme in einen Widerruf stellt sich nicht. Es handelt sich vielmehr um einen Fall, in dem die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts an der zutreffenden Rechtsgrundlage zu messen ist, ohne dass es einer Umdeutung bedarf. Widerruf und Rücknahme sind letztlich auf eine Aufhebung des Aufenthaltstitels gerichtet. Hinsichtlich der Rechtsfolgen gibt es keine Unterschiede; die von der Widerspruchsbehörde verfügte Rücknahme anstelle des von der Beklagten ausgesprochenen Widerrufs ist ebenfalls lediglich mit Wirkung für die Zukunft erfolgt, so dass im Rahmen des § 48 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG keine weitergehende Aufhebung vorliegt, als sie nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG in zeitlicher Hinsicht möglich ist. Sowohl bei § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG 1990 als auch bei § 48 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG steht die Aufhebung im Ermessen der Behörde. Die im Rahmen des Ermessens anzustellenden Erwägungen unterscheiden sich nicht. Dass sich Widerruf und Rücknahme im Entscheidungstenor des Verwaltungsakts unterscheiden, ist vor diesem Hintergrund unerheblich. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer vergleichbaren Konstellation einen Übergang von der Befristung einer Aufenthaltserlaubnis zu einer Rücknahme nicht als Fall der Umdeutung eingestuft, weil jeweils die Geltung des Aufenthaltstitels zu einem bestimmten Zeitpunkt beseitigt wird (BVerwG, Urt. v. 23.05.1995 - 1 C 3/94 -, juris). Rücknahme und Widerruf liegen indessen hinsichtlich ihres Regelungsgehalts näher beieinander als eine (nachträgliche) Befristung und eine Rücknahme. Unabhängig von einer Umdeutung ist mithin allein maßgeblich, ob sich der Aufhebungsbescheid gemessen an § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG 1990 als rechtmäßig erweist.

3. Da infolge der bestandskräftigen Aufhebung der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und der Aufhebung der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 durch das Bundesamt die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Widerruf der dem Kläger nach § 68 AsylVfG a.F. erteilten unbefristeten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG 1990 unproblematisch zu bejahen sind, ist allein erörterungsbedürftig, ob die behördliche Ermessensentscheidung zu beanstanden ist (§ 114 VwGO).

Der Gesetzgeber hat das der Ausländerbehörde in § 43 Abs. 1 AuslG 1990 eingeräumte Ermessen nicht an bestimmte Vorgaben geknüpft, sondern insoweit einen weiten Spielraum eröffnet. Die Behörde darf grundsätzlich davon ausgehen, dass in den Fällen des § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG 1990 in der Regel ein gewichtiges öffentliches Interesse an dem Widerruf der Aufenthaltsgenehmigung besteht, falls nicht aus anderen Rechtsgründen ein gleichwertiger - asylunabhängiger - Aufenthaltstitel zu gewähren ist. Bei ihrer Ermessensausübung muss die Ausländerbehörde allerdings sämtliche Umstände des Einzelfalles und damit auch die schutzwürdigen Belange des Ausländers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland in den Blick nehmen. Insoweit sind als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips die Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die auch bei der Ermessensentscheidung über eine Ausweisung (§ 45 Abs. 2 AuslG 1990/§ 55 Abs. 3 AufenthG) maßgeblich sind. Dazu gehören u.a. insbesondere auch die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet (vgl. zu diesen Ermessensmaßstäben: BVerwG, Urt. v. 20.02.2003 - 1 C 13/02 -, BVerwGE 117, 380). Im Falle der Rücknahme einer unrechtmäßig erlangten asylrechtlichen Rechtsstellung nach § 73 Abs. 2 AsylVfG ist dabei in Rechnung zu stellen, dass der Aufenthalt zwar infolge des erteilten Aufenthaltstitels bis zum Wirksamwerden des Widerrufs rechtmäßig war, aber letztlich mittelbar durch unrichtige oder unvollständige Angaben im Asylverfahren erlangt wurde (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005 und 7. Aufl. 1999, jeweils § 73 AsylVfG Rdnr. 27). Gemessen an diesen Maßstäben ist die von der Beklagten bzw. der Bezirksregierung Braunschweig getroffene Ermessensentscheidung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:

a) Ein Widerruf nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG kommt dann nicht in Betracht, wenn der Ausländer unabhängig von seiner (entfallenen) Asylberechtigung aus anderen Rechtsgründen einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, etwa weil er bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung der Asylberechtigung im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist oder ihm im Zeitpunkt des Widerrufs ein Anspruch auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels aus anderen Rechtsgründen (etwa auf der Grundlage von Familiennachzugsbestimmungen) zusteht. Die Behörde darf einen Aufenthaltstitel, den sie dem Ausländer aus anderen Rechtsgründen sogleich wieder erteilen müsste, nicht widerrufen. Auszublenden sind dabei aber etwaige auf der Asylanerkennung aufbauende Aufenthaltsrechte, da diese selbst asylbedingt sind und es widersprüchlich wäre, wenn diese dem Widerruf der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG entgegengehalten werden könnten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.02.2003, a.a.O.; VGH Mannheim, Urt. v. 26.07.2006, a.a.O.).

Dem Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung kein dem entzogenen Recht - einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 68 AsylVfG - gleichwertiger Aufenthaltstitel aus asylunabhängigen Rechtsgründen zu erteilen.

b) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Ausländerbehörde trotz einer - wie hier gegebenen - negativen Feststellung zu Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG 1990 (entspricht einer Feststellung zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG) ausnahmsweise trotz der in § 42 AsylVfG verankerten Bindungswirkung der Entscheidung des Bundesamtes in eigener Prüfungskompetenz wegen zielstaatsbezogener Umstände eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilen kann (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14/05 -, juris), musste im Rahmen der Ermessensausübung nicht erwogen werden. Eine solche Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 30 Abs. 3 und 4 AuslG 1990 bzw. § 25 Abs. 5 AufenthG) stellt nämlich keinen Aufenthaltstitel dar, welcher der hier aufgehobenen unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 68 AsylVfG gleichwertig wäre.

c) Die vom Verwaltungsgericht im Einzelnen diskutierten Umstände rechtfertigen weder die Annahme eines Ermessensausfalls noch einer fehlerhaften Ermessensentscheidung.

cc) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts resultiert ein Ermessensfehler auch nicht daraus, dass hätte erwogen werden müssen, ob dem Kläger nicht wenigstens der ausländerrechtliche Status hätte belassen werden können, der ihm auf Grund der Feststellung, er genieße Abschiebungsschutz gem. § 51 Abs. 1 AuslG, zugestanden hätte. Insoweit hat das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass ein anderweitiges Aufenthaltsrecht nur dann maßgeblich in die Ermessenserwägungen einfließen muss, wenn der Ausländer unabhängig von seiner (entfallenen) Asylberechtigung einen Anspruch auf ein dem entzogenen Recht gleichwertiges Aufenthaltsrecht hat, sei es, dass ihm ein solches Aufenthaltsrecht schon bei Zuerkennung der Asylberechtigung zustand und lediglich überlagert war oder dass ihm jedenfalls im Zeitpunkt des Widerrufs ein Anspruch auf ein solches Aufenthaltsrecht aus anderen Rechtsgründen, die keinerlei sachlichen Bezug zum früheren asylbedingten Aufenthalt aufweisen dürfen, zusteht (siehe dazu auch oben 3a). Aufgrund der Anerkennung als Asylberechtigter erhielt der Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis nach § 68 AsylVfG a.F.. Gerade diese unbefristete Aufenthaltserlaubnis wurde aufgehoben. Der vom Verwaltungsgericht angesprochene Aufenthaltsstatus aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 hätte indes nur zur Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 70 Abs. 1 AsylVfG führen können und somit nicht zu einem gleichwertigen Aufenthaltsstatus. Eine "Teilaufhebung" dergestalt, dass der günstigere Aufenthaltstitel in einen weniger günstigen "umgewandelt" wird, scheidet demgegenüber aus. Über die Erteilung des "geringerwertigen" Aufenthaltstitels ist wegen der fehlenden Teilbarkeit eines Widerrufs in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden. (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 12.09.2007 - 8 LB 34/06; VGH Mannheim, Urt. v. 26.07.2006 - 11 S 951/06 -, jew. zit. nach juris).