Beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit in China für überzeugten Katholiken.
Beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit in China für überzeugten Katholiken.
(Leitsatz der Redaktion)
Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist im noch angegriffenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, unter Aufhebung der Ziffern 2. bis 4. des Bescheides vom 24. August 2005 festzustellen, dass in der Person des Klägers die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Dem Kläger droht jedoch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in sein Heimatland politische Verfolgung wegen seiner Religionszugehörigkeit.
In Auswertung des vorliegenden Erkenntnismaterials (vgl, nur Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 30. November 2006 (Stand: Oktober 2006) und 18. März 2008 (Stand: Februar 2008), jeweils Az. 508-516.80/3 CHN) misst das Gericht bei der für die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefährdung eines überzeugten Katholiken gebotenen Gewichtung und Abwägung aller in diesem Zusammenhang maßgeblichen Umstände den für eine relevante Verfolgung sprechenden Umständen ein größeres Gewicht bei als den dagegen sprechenden. Denn die katholische Kirche wurde von der KPCh bereits 1950 verboten. "Romtreue Katholiken" sind deshalb anders als chinesische Christen, die der offiziellen Patriotischen Kirche angehören und sogar staatliche Unterstützung erhalten, staatlichen Repressionen wie etwa Hausarrest, Festnahmen und Behinderung von Priestern und Bischöfen ausgesetzt. Nicht nur Bischöfe und Priester, sondern auch eine unbekannte Zahl von Gläubigen sind im Gefängnis. Wie ernst die Gefährdungslage zu nehmen ist, verdeutlicht die Tatsache, dass chinesische Behörden nicht davor zurückschrecken, selbst ausländische Christen wegen des Verdachts der Missionstätigkeit aus dem Land zu weisen. Laut "China Aid Association" wurden zwischen April und Juni 2007 ca. hundert ausländische Christen mit diesem Vorwurf ausgewiesen.
Aufgrund des in den Terminen am 6. September 2007 und 24. April 2008 gewonnenen Eindrucks steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger aufgrund einer identitätsprägenden Überzeugung der römisch katholischen Kirche angehört. Er ist bereits in China Christ geworden. Während seines mittlerweile mehr als vierjährigen Aufenthalts in Deutschland hat der Kläger ein in beeindruckender Weise vom christlichen Glauben geprägtes Leben geführt. Hierzu gehören ein Leben mit der Kirche und in der Kirche ebenso wie das Gespräch über den Glauben und der Versuch, andere von der Richtigkeit eines christlichen Lebens zu überzeugen. Solche im weiteren Sinne als Missionierung anzusehenden Tätigkeiten spielen für den Kläger selbst auch eine wichtige Rolle. Die Bedeutung solcher Gespräche für ihn machte er nachvollziehbar dadurch deutlich, dass er auf Jesus verwies, der seinen Jüngern auch aufgegeben habe, das Wort Gottes weiterzutragen.
Vor diesem Hintergrund ist das erkennende Gericht überzeugt davon, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach China auch dort bestrebt sein würde, seinen christlichen Glauben zu leben. Nach dem Eindruck, den er in den Terminen vermittelt hat, und den Beschreibungen des Zeugen sowie angesichts der Erfahrungen, die der Kläger in Deutschland mit der Religionsfreiheit sammelt, wird er sich keinesfalls von der katholischen Kirche abwenden, um Schwierigkeiten mit staatlichen Stellen zu vermeiden. Vielmehr spricht alles dafür, dass er auch dort seinen Glauben nicht nur im Privaten praktizieren, sondern öffentlich ausüben und bekennen würde.
Danach kann im Ergebnis dahinstehen, ob durch § 60 Abs. 1 AufenthG i.F.d. des EU-Richtlinienumsetzungsgesetzes der Bereich geschützter religiöser Betätigung erweitert worden ist (so mit überzeugender Begründung BayVGH, Urteil vom 23. Oktober 2007 - 14 B 06.30315 -).
Denn dem Kläger droht bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung, weil das öffentliche Bekenntnis zur römisch katholischen Kirche essentieller Bestandteil seiner religiösen Überzeugung ist, auf das er aus religiösen Gründen nicht verzichten kann.