VG Saarland

Merkliste
Zitieren als:
VG Saarland, Beschluss vom 15.09.2008 - 2 L 799/08 - asyl.net: M14099
https://www.asyl.net/rsdb/M14099
Leitsatz:

Dass Eltern die Betreuung ihrer minderjährigen Kinder nicht selbst übernehmen können, weil sie erwerbstätig sind, begründet in der Regel keine außergewöhnliche Härte i.S.v. § 36 Abs. 2 S. 1 AufenthG, die einen Zuzug sonstiger Familienmitglieder zur Kinderbetreuung rechtfertigt. Dies gilt auch, wenn ein wirtschaftliches Interesse, etwa die Finanzierung eines Grundstückskauf, eine Berufstätigkeit beider Eltern erfordert.

 

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Familienzusammenführung, sonstige Familienangehörige, außergewöhnliche Härte, Großeltern, Enkel, Betreuung, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; AufenthG § 36 Abs. 2 S. 1; AufenthG § 28 Abs. 4
Auszüge:

Dass Eltern die Betreuung ihrer minderjährigen Kinder nicht selbst übernehmen können, weil sie erwerbstätig sind, begründet in der Regel keine außergewöhnliche Härte i.S.v. § 36 Abs. 2 S. 1 AufenthG, die einen Zuzug sonstiger Familienmitglieder zur Kinderbetreuung rechtfertigt. Dies gilt auch, wenn ein wirtschaftliches Interesse, etwa die Finanzierung eines Grundstückskauf, eine Berufstätigkeit beider Eltern erfordert.

(Amtlicher Leitsatz)

 

Ein Antrag auf Anordnung der Kraft Gesetzes ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zurückzuweisen, wenn das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes gegenüber den schutzwürdigen Belangen des Betroffenen vorrangig ist, wobei ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug allgemein dann angenommen wird, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung erkennen lässt, dass der angegriffene Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Dies ist vorliegend der Fall.

Der Antragsgegner hat es zu Recht abgelehnt, der Antragstellerin die von ihr zum Zwecke der Familienzusammenführung, insbesondere der Betreuung ihres minderjährigen deutschen Enkels beantragte Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Nach § 28 Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die allein als Rechtsgrundlage für die Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommen, kann der Antragstellerin als Mutter einer erwachsenen Ausländerin bzw. Großmutter eines knapp vierjährigen deutschen Enkels und damit als sonstiger Familienangehöriger im Sinne der vorgenannten Vorschriften eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Vorausgesetzt wird nicht nur eine "besondere", sondern eine außergewöhnliche Härte, um den Nachzug bewilligen zu können; d.h. es müssen nach Art und Schwere ungewöhnlich große Schwierigkeiten zu befürchten sein (vgl. Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Stand: August 2008, § 36 AufenthG, RZ. 12 m.w.N.).

Die Antragstellerin hat insoweit geltend gemacht, drei Jahre im Haushalt ihrer Tochter leben und ihren Enkel betreuen zu wollen, da beide Eltern berufstätig seien und im Hinblick auf die Finanzierung des Kaufs eines Hauses beide auch weiter berufstätig sein müssten. Eine außergewöhnliche Härte im Sinne der vorgenannten Vorschriften liegt insoweit jedoch nicht vor. Dass Eltern die Betreuung ihrer minderjährigen Kinder nicht selbst übernehmen können ( bzw. wollen ), weil sie erwerbstätig sind, begründet in der Regel keine außergewöhnliche Härte, die einen Zuzug sonstiger Familienmitglieder zur Kinderbetreuung rechtfertigt. Etwas anderes kann im vorliegenden Fall auch nicht deshalb gelten, weil ein wirtschaftliches Interesse - die Finanzierung eines Grundstückskaufs - eine Berufstätigkeit beider Eltern erfordert. Gründe dieser Art können schon deshalb keine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darstellen, da sonst auf diese Art und Weise die gesetzlichen Familiennachzugsvoraussetzungen durch den Angehörigen des Ausländers selbst herbeigeführt werden könnten (vgl. Hailbronner, a.a.O., § 36 AufenthG, RZ 32; Bay. VGH, Beschluss vom 22.11.2006 -24 C 06.2269- sowie OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.03.1991 -18 B 3239/90-; jeweils bei juris).

Es ist der Tochter und dem Schwiegersohn der Antragstellerin durchaus zuzumuten, die Betreuung ihres vierjährigen Sohnes anderweitig zu organisieren, etwa durch eine entsprechende Abstimmung ihrer Arbeitszeiten oder eine Inanspruchnahme alternativer Betreuungsmöglichkeiten wie Kindergarten, Tagesmutter oder ähnliches.