VG Bremen

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Zitieren als:
VG Bremen, Urteil vom 12.06.2008 - 2 K 2849/07.A - asyl.net: M14103
https://www.asyl.net/rsdb/M14103
Leitsatz:

Kein vorbeugender Rechtsschutz auf Unterlassung der Einleitung eines Widerrufsverfahrens.

 

Schlagwörter: Verfahrensrecht, Widerruf, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Zusicherung, Unterlassen, vorbeugender Rechtsschutz
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 3; VwVfG § 38; VwGO § 44a
Auszüge:

Kein vorbeugender Rechtsschutz auf Unterlassung der Einleitung eines Widerrufsverfahrens.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der erkennende Einzelrichter folgt der Begründung des Gerichtsbescheids vom 19.02.2008 und nimmt hierauf gemäß § 84 Abs. 4 VwGO Bezug.

Dort heißt es:

"Die Klage ist unzulässig.

Eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO ist nur zulässig, wenn Gegenstand des Rechtsstreits ein Verwaltungsakt ist oder ein Vorverfahren stattzufinden hat (Kopp/Schenke, Komm. z. VwGO, 15. Aufl., zu § 75, Rdnr. 1). Das ist hier nicht der Fall.

Der Kläger will für die Dauer von zwei Jahren verhindern, dass die Beklagte erneut ein Widerrufsverfahren einleitet. Die Einleitung stellt lediglich eine Verfahrenshandlung, keinen Verwaltungsakt dar.

Deswegen ist hier auch keine Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG möglich, die im Grundsatz ebenfalls nur den Erlass oder die Unterlassung eines bestimmten Verwaltungsakts zum Inhalt haben kann. Der Kläger hatte im Übrigen im Schreiben vom 05.07.2007 auch keine Zusicherung beantragt, sondern eine Mitteilung der Beklagten erwartet.

Der gestellte Klagantrag ist ferner wegen der Regelung des § 44 a Satz 1 VwGO unzulässig.

Danach können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Sowohl die Einleitung als auch die Entscheidung über die Fortführung eines Verfahrens sind Verfahrenshandlungen im Sinne des § 44 a Satz 1 VwGO. Gerade in den Fällen, in denen offen ist, ob der Betroffene durch das Ergebnis eines Verfahrens überhaupt in der Sache beschwert sein wird, soll das Verwaltungsgericht noch nicht befasst werden. § 44 a Satz 1 VwGO ist Ausdruck des Grundsatzes, dass die Verwaltungsgerichte regelmäßig nachträglichen, aber nicht verfahrensbegleitenden Rechtsschutz gewähren. § 44 a VwGO ist daher als eigenständige Zulassungsvoraussetzung für verwaltungsgerichtliche Klagen anzusehen (Kopp/Schenke a. a. O., zu § 44 a, Rdnrn. 1, 5).

Die Ausnahmeregelung des § 44 a Satz 2 VwGO ist hier nicht einschlägig.

Im Übrigen lässt sich das Begehren des Klägers in der Sache nicht auf asylverfahrensrechtliche Vorschriften stützen. Die Beklagte ist von Amts wegen gehalten, das Vorliegen von Widerrufsgründen zu prüfen. Außerdem ist in dem rechtskräftigen Urteil des VG Bremen vom 11.02.2005 (7 K 328/02.A) ausgeführt: "Dem Bundesamt bleibt es überlassen, das Fortbestehen der psychischen Erkrankung und deren Behandlungsbedürftigkeit in der Bundesrepublik nach einiger Zeit zu überprüfen." Daran hat sich die Beklagte gehalten."

Die Rechtskraftwirkung des Urteils des VG Bremen vom 11.02.2005 (7 K 328/02.A) steht der Prüfung von Widerrufsgründen nicht entgegen. Nach den Entscheidungsgründen dieses Urteils hatte das erkennende Gericht dort nicht das dauerhafte Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt, sondern dem Bundesamt die Überprüfung des Fortbestehens des Abschiebungsverbots aus gesundheitlichen Gründen nach einiger Zeit überantwortet.

Wenn das Bundesamt zwei Jahre nach Eintritt der Rechtskraft eine solche Überprüfung vornimmt, steht dieses sowohl im Einklang mit dem Urteil vom 11.02.2005 (7 K 328/02.A) als auch mit der gesetzlichen Befugnis des Bundesamtes gemäß § 73 Abs. 3 AsylVfG (Renner, Komm. zum Ausländerrecht, 8. Aufl., zu § 42 AsylVfG, Rdnr. 7), über einen Widerruf der Entscheidung zu dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu befinden. Dieses bedingt die vorherige Prüfung, ob die Voraussetzungen für ein festgestelltes Abschiebungsverbot nicht mehr vorliegen. Diese Prüfung hatte die Beklagte hier in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen und mit einem für den Kläger positiven Ergebnis vorgenommen.

Dass eine solche Überprüfung für den Betroffenen psychisch zusätzlich belastend ist, kann unterstellt werden. Eine solche Belastung ist aber letztlich mit jedem Asylverfahren verbunden und im Ergebnis nicht vermeidbar, da das Bundesamt seine Aufgaben entsprechend seiner gesetzlichen Kompetenzen wahrzunehmen hat.