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VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Urteil vom 25.08.2008 - 6 K 91/07.A - asyl.net: M14122
https://www.asyl.net/rsdb/M14122
Leitsatz:
Schlagwörter: Kosovo, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Roma, allgemeine Gefahr, extreme Gefahrenlage, Sicherheitslage, Krankheit, Lungenerkrankung, Diabetes mellitus, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG.

Soweit sich der Kläger auf solche Gefahren beruft, denen die Angehörigen der Volksgruppe der Roma allgemein ausgesetzt sind, Abschiebungsschutz insoweit wegen der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG indes nur bei Vorliegen einer extremen Gefahrenlage in verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 60 Abs. 7 S. 1, 2 AufenthG gewährt werden kann, ist in der Rechtsprechung des Gerichts und des dem Gericht übergeordneten Oberverwaltungsgerichts geklärt, dass Angehörige der Minderheiten im Kosovo bei einer Rückkehr derartigen Gefahren nicht ausgesetzt sind (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2005 - 6 K 2310/02.A-; OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2004 - 14 A 4513/04.A - und vom 28. Juli 2004 - 13 A 2870/04.A).

Hieran ist in Auswertung der aktuellen Erkenntnislage festzuhalten (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (Kosovo) vom 29. November 2007).

Individuelle Gründe, die einer Rückkehr in unmittelbarer Anwendung des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG entgegenstehen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Mit Blick auf den Gesundheitszustand des Klägers ist auf der Grundlage der ärztlichen Bescheinigung der Dres. ... und vom 6. August 2008 davon auszugehen, dass der Kläger an einer schweren chronisch obstruktiven Lungenerkrankung mit häufigen Luftnotanfällen, tablettenpflichtigem Diabetes mellitus Typ II, chronisch degenerativem HWS-/LWS-Syndrom, ACE-Stenose und peripherer arterieller Verschlusskrankheit leidet. Soweit hinsichtlich dieser Erkrankungen überhaupt ein Behandlungsbedarf dargetan ist, kann im Kosovo eine Behandlung in dem in der ärztlichen Bescheinigung ausgewiesenen Umfang erfolgen (Deutsches Verbindungsbüro, Auskünfte vom 6. Februar 2007 an Bundesamt (Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung), vom 17. Januar 2007 an VG Köln (umfassend zu Herz- und Gefäßerkrankungen), vom 29. September 2006 an Bundesamt (Wirbelsäulensyndrom), vom 21. November 2006 an Bundesamt (Diabetes), vom 14. August 2006 an Bundesamt (Diabetes) und vom 12. Mai 2004 an VG Kassel (obstruktive Lungenerkrankung)).

Die meisten der dem Kläger derzeit verschriebenen Medikamente (Amineurin = Amitriptylin, Tramal long = Tramadol, Simva 10 = Simvastatin, Glibenclamid und ASS 100) befinden sich auf der essential drug list 2006 für die primäre gesundherrliche Fürsorge ("Lista esenciale [...] Primär") und sind somit gegen geringe Zuzahlungen von 0,50 Euro bis 2,- Euro erhältlich. Personen, die an ernsten chronischen Erkrankungen leiden, über 65 Jahre alt, oder Empfänger sozialhilfeähnlicher Leistungen sind, sind indes auch von diesen Zuzahlungen befreit (Deutsches Verbindungsbüro, Auskunft vom 26. April 2007 an VG Minden).

Für die weiteren dem Kläger derzeit verordneten Schmerzmittel Katadolon und Novaminsulfon stehen im Kosovo u.a. die Medikamente Paracetamol, Ibuprofen, Morphin und Diclofenac zur Verfügung, die sich gleichfalls auf der essential drug list befinden. Im Übrigen ist es insbesondere den sechs erwachsenen Kindern des Klägers zuzumuten, ihren Vater bei einer Rückkehr in den Kosovo finanziell zu unterstützen.