LSG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.08.2008 - L 1 ER 195/08 AY - asyl.net: M14164
https://www.asyl.net/rsdb/M14164
Leitsatz:

Anspruch auf Behandlung einer chronischen Erkrankung jedenfalls nach § 6 Abs. 1 AsylbLG, wenn andernfalls ein nicht unerhebliches Risiko von Folgeerkrankungen besteht (hier: chronische Hepatitis B).

 

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Leistungen bei Krankheit, Hepatitis B, Krankheit, medizinische Versorgung, chronische Erkrankung, sonstige Leistungen
Normen: SGG § 86b Abs. 2; AsylbLG § 4 Abs. 1; AsylbLG § 6 Abs. 1
Auszüge:

Anspruch auf Behandlung einer chronischen Erkrankung jedenfalls nach § 6 Abs. 1 AsylbLG, wenn andernfalls ein nicht unerhebliches Risiko von Folgeerkrankungen besteht (hier: chronische Hepatitis B).

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht Trier (SG) hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt. Der Antragsteller hat Anspruch darauf, dass der Antragsgegner vorläufig die Kosten der Behandlung mit dem Medikament Lamivudin übernimmt.

Die hier gebotene Folgenabwägung rechtfertigt die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der Kosten, die durch die Behandlung des Antragstellers mit dem Medikament Lamivudin entstehen. Sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund sind gegeben. Nach den Feststellungen des Prof. Dr. med. ... leidet der Antragsteller an einer chronischen Hepatitis B mit mittlerer Viruslast und leicht erhöhten Transaminasen. Diese Erkrankung erfordert eine antivirale Therapie mit dem Medikament Lamivudin.

Im Rahmen der Folgenabwägung ist zu berücksichtigen, dass nach den Ausführungen des Gesundheitsamtes des Antragsgegners eine Leberzirrhose oder ein Leberkarzinom als Folge einer chronischen Hepatitis entstehen kann, falls eine entsprechend indizierte Behandlung nicht durchgeführt wird. Dieses Risiko beläuft sich im Falle des Antragstellers auf bis zu 5,5 %. Zudem erhöht die chronische Hepatitis B das Risiko der Erkrankten gegenüber der Normalbevölkerung um 100 % an einem Leberzellkarzinom zu erkranken. Diese nicht zu vernachlässigenden und medizinisch begründeten Risiken begründen einen Anordnungsanspruch des Antragstellers jedenfalls nach § 6 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Behandlung mit dem geforderten Medikament ist in diesem Sinne zur Sicherung der Gesundheit des Antragstellers gegenwärtig unerlässlich. Es besteht ein nicht unerhebliches Risiko des Antragstellers, ohne eine entsprechende Therapie entweder an einer Leberzirrhose oder einem Leberkarzinom zu erkranken.