VGH Baden-Württemberg

Merkliste
Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.07.2008 - 13 S 708/08 - asyl.net: M14165
https://www.asyl.net/rsdb/M14165
Leitsatz:

Aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 folgt ein Anspruch auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis entsprechend der "überschießenden" Geltungsdauer einer Arbeitserlaubnis (Fortentwicklung von EuGH, Urteil vom 2.3.1999 - C-416/96 - "El-Yassini" und Urteil vom 14.12.2006 - C-97/05 - "Gattoussi").

 

Schlagwörter: D (A), Ehegattennachzug, Verlängerung, Aufenthaltserlaubnis, eigenständiges Aufenthaltsrecht, eheliche Lebensgemeinschaft, Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei, Türken, Arbeitnehmer, Erlaubnisfiktion, Arbeitslosigkeit, Diskriminierungsverbot, Arbeitserlaubnis, EuGH, Rechtsprechung, unbefristete Arbeitsgenehmigung, regulärer Arbeitsmarkt
Normen: AufenthG § 31 Abs. 1 Nr. 1; ARB Nr. 1/80 Art. 6 Abs. 1; AufenthG § 81 Abs. 4; ARB Nr. 1/80 Art. 6 Abs. 2; ARB Nr. 10 Abs. 1; SGB III § 284 Abs. 5
Auszüge:

Aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 folgt ein Anspruch auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis entsprechend der "überschießenden" Geltungsdauer einer Arbeitserlaubnis (Fortentwicklung von EuGH, Urteil vom 2.3.1999 - C-416/96 - "El-Yassini" und Urteil vom 14.12.2006 - C-97/05 - "Gattoussi").

(Amtlicher Leitsatz)

 

Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), der zwar nicht aus Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes und auch nicht aus Art. 6 ARB 1/80 folgt, sich jedoch aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 10 ARB 1/80 ergibt.

1. Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes begründen keinen Anspruch des Klägers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis.

a) Da zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr besteht, scheidet eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG aus.

b) Der Kläger besitzt auch keinen Anspruch auf eine Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, weil die eheliche Lebensgemeinschaft nicht seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet bestanden hat.

2. Dem Kläger stehen auch keine aufenthaltsrechtlichen Ansprüche aus Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 zu. In Betracht kommt hier nur ein Anspruch nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80. Danach besitzt ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt in Deutschland angehört, nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung einen Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber. Hieraus ergibt sich nach der Rechtsprechung des EuGH auch ein entsprechendes Aufenthaltsrecht (vgl. EuGH, Urteil vom 20.9.1990 in der Rechtssache C-192/89 - Sevince, Slg. 1990, I-3461; Hailbronner, AuslR, Art. 6 ARB 1/80 Rn. 52).

a) Zum Zeitpunkt des Ablaufs seiner bis zum 10.3.2006 befristeten Aufenthaltserlaubnis konnte der Kläger sich nicht wegen seiner damaligen Beschäftigung bei der Firma ... auf Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 berufen, weil er dort noch kein Jahr lang beschäftigt gewesen war.

b) Bei Ablehnung seines Verlängerungsantrags mit Bescheid vom 6.2.2007 hatte der Kläger zwar seit mehr als einem Jahr bei der Firma ... gearbeitet. Hieraus folgt aber keine Rechtsposition nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80, weil der Kläger seit Ablauf seiner bis zum 10.3.2006 geltenden Aufenthaltserlaubnis nicht mehr ordnungsgemäß beschäftigt war. Eine ordnungsgemäße Beschäftigung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 besteht nur, wenn der Ausländer im Besitz einer gesicherten aufenthaltsrechtlichen Position ist; ein nur vorläufiges Aufenthaltsrecht aufgrund der Erlaubnisfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG, das dem Kläger zwischen dem Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis und der Behördenentscheidung möglicherweise zustand, ist nicht ausreichend (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.1.2008 - 11 S 2765/07 -, juris; Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 3. Auflage 2007, § 3 Rn. 383 m.w.N.).

d) Die im Rahmen der Tätigkeit bei der Reinigungsfirma erworbene Rechtsposition hat auch nicht unter den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 zu einem Verlängerungsanspruch trotz Wechsels des Arbeitgebers geführt. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 berühren Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeiten erworbenen Ansprüche. Nach dem klaren Wortlaut des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 führt eine unverschuldete Arbeitslosigkeit nicht zu einem gegenüber Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 weitergehenden Anspruch, sondern lässt lediglich bereits erworbene Ansprüche unberührt (vgl. VG München, Beschluss vom 5.6.2000 - M 7 S 00.1157 -, juris). Wie dargelegt, hatte der Kläger bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Hotelreinigungsfirma aber nur einen Anspruch nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 und damit nur einen Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber erworben. Dieser Anspruch konnte nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 zwar nicht infolge einer unverschuldeten Arbeitslosigkeit untergehen; Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 ändert aber nichts daran, dass die Rechtsposition des Klägers nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 auf die Beschäftigung bei der Hotelreinigungsfirma beschränkt war .

Im Übrigen liegt hier auch nicht die Voraussetzung einer unverschuldeten Arbeitslosigkeit vor, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden ist. Jedenfalls fehlt es an einer ordnungsgemäßen Feststellung der unverschuldeten Arbeitslosigkeit durch die zuständigen Behörden, da der Kläger sich nicht arbeitslos gemeldet hatte. Die besonderen Voraussetzungen, unter denen der EuGH es in dem Urteil Sedef (Urteil vom 10.01.2006 - C-230/03 -, Rn. 72ff.) als unschädlich angesehen hat, dass der Ausländer sich nicht als arbeitslos hat registrieren lassen (die Tätigkeit erfolgt typischerweise im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse mit regelmäßiger Aussicht auf erneute Anstellung, so dass eine Registrierung nicht sachdienlich gewesen wäre), sind hier nicht gegeben.

3. Ein Anspruch des Klägers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis folgt aber aus dem Diskriminierungsverbot in Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80.

a) Bei der gemeinschaftsrechtlich gebotenen Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 dahingehend auszulegen, dass aus ihm ein Anspruch auf Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis entsprechend der "überschießenden" Geltungsdauer einer Arbeitserlaubnis folgt (ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 29.5.2008 - 4 Bf 232/07 -, juris).

aa) Für das in Art. 40 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko (ABL. L 264, S. 1, im Folgenden: Abkommen EWG-Marokko) enthaltene Diskriminierungsverbot hat der EuGH bereits entschieden, dass hieraus ein Anspruch eines marokkanischen Staatsangehörigen auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis folgt, wenn seine bestehende Aufenthaltserlaubnis eine kürzere Geltungsdauer besitzt als seine Arbeitserlaubnis, und nicht Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit eine Ablehnung der Verlängerung rechtfertigen (Urteil in der Rechtssache C-416/96 vom 2.3.1999 - El-Yassini, InfAuslR 1999, 218, Rn. 64ff.) Diese Rechtsprechung hat der EuGH auf das Diskriminierungsverbot in Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens vom 26.1.1998 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits (ABl. L 97, S. 1, im Folgenden: Europa-Mittelmeer-Abkommen) übertragen. Danach entfaltet das Diskriminierungsverbot Wirkungen auf das Recht eines tunesischen Staatsangehörigen, sich im Gebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten, wenn dieser Staatsangehörige von diesem Mitgliedstaat eine ordnungsgemäße Genehmigung erhalten hat, eine Berufstätigkeit für eine die Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis übersteigende Zeit auszuüben (Urteil vom 14.12.2006 in der Rechtssache C-97/05 - Gattoussi, InfAuslR 2008, 89, Rn. 43).

bb) Der Rechtsprechung des EuGH lässt sich aber auch entnehmen, dass die Auslegung des Diskriminierungsverbots in dem Abkommen EWG-Marokko auf Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 zu übertragen ist. In dem Verfahren C-4/05 - Güzeli wurde dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob das Diskriminierungsverbot des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 einem Mitgliedstaat verbietet, den weiteren Aufenthalt eines türkischen Arbeitnehmers, der im Zeitpunkt des Ablaufs der ihm ursprünglich erteilten nationalen Aufenthaltserlaubnis dem regulären Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats angehörte und im Besitz eines unbefristeten Beschäftigungsrechts war, für die Dauer der Beschäftigung zu versagen. Die Antwort des EuGH bezog sich zwar nur auf den nach seiner Ansicht vorrangig zu prüfenden Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. In den Entscheidungsgründen bezeichnete der EuGH jedoch Art. 40 des Abkommens EWG-Marokko als eine mit Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 vergleichbare Vorschrift (Urteil in der Rechtssache C-4/05 vom 26.10.2006 - Güzeli, InfAuslR 2007, 1, Rn. 52). Ohne nähere Problematisierung erklärte der EuGH dann, es sei "Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob eine solche Fallgestaltung [wie in der Sache El-Yassini] im Ausgangsverfahren vorlag" (a.a.O., Rn. 53). Dies zeigt, dass der EuGH ohne weiteres von der Anwendbarkeit seiner Auslegung des im Abkommen EWG-Marokko enthaltenen Diskriminierungsverbots auch in Bezug auf Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ausgeht (so auch OVG Hamburg, a.a.O).

cc) Für die Übertragbarkeit der El-Yassini-Rechtsprechung spricht darüber hinaus auch inhaltlich, dass der Wortlaut der Diskriminierungsverbote im Abkommen EWG-Marokko und in Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 weitgehend identisch ist (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 52).

Auch stellt sich bei Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 nicht das Problem, ob sein Anwendungsbereich durch eine besondere Vereinbarung eingeschränkt wird, wie dies für Art. 64 des Europa-Mittelmeer-Abkommens aufgrund der hierauf bezogenen gemeinsamen Erklärung der Vertragsparteien in der Schlussakte des Abkommens diskutiert worden ist (vgl. hierzu Schlussantrag des Generalanwalts Colomer vom 6.4.2006 in der Rechtssache C-97/05 - Gattoussi -, Slg. 2007, I-11917, Rn. 46ff.; Hailbronner, NVwZ 2007, 415). Denn eine entsprechende Erklärung zu Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 existiert nicht.

Es ist überdies nicht ersichtlich, dass die Diskriminierungsverbote nach ihrem jeweiligen Sinn und Zweck, auch unter Berücksichtigung des Ziels der Abkommen, unterschiedlich ausgelegt werden müssten. Zwar unterscheiden sich beide Abkommen dadurch, dass das Assoziierungsabkommen mit der Türkei eine weitergehende Zielsetzung hat als das Abkommen mit Marokko, welches nicht die schrittweise Verwirklichung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zum Gegenstand hat, und nicht vorsieht, dass die Parteien auf längere Sicht die Möglichkeit eines Beitritts des Drittlandes zur Gemeinschaft prüfen werden (vgl. EuGH, Urteil in der Rechtssache C-416/96 - El Yassini, a.a.O., Rn. 57f.). Dies schließt aber nur aus, die Bestimmungen des Abkommens EWG-Türkei, mit denen diese weitergehende Zielsetzung verfolgt wird, auf das Abkommen EWG-Marokko zu übertragen (EuGH, a.a.O., Rn. 61). Umgekehrt folgt dagegen aus dem höheren Integrationsziel des Assoziierungsabkommens mit der Türkei, dass die Auslegung des Diskriminierungsverbots nach dem Abkommen EWG-Marokko erst recht auch im Rahmen des Abkommens EWG-Türkei Anwendung finden muss. Schließlich rechtfertigt auch die konkrete Begründung des EuGH für die Auslegung von Art. 40 des Abkommens EWG-Marokko - der Grundsatz der praktischen Wirksamkeit (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 66) - keine abweichende Interpretation des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80.

Gegen die Anwendung der El-Yassini-Rechtsprechung des EuGH auf Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 spricht auch nicht die Überlegung der Beklagten, dass das Aufenthaltsrecht für türkische Arbeitnehmer abschließend in Art. 6 ARB 1/80 geregelt sei und daher Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ausschließlich für arbeitsrechtliche Bedingungen und nicht auch für aufenthaltsrechtliche Fragen gelte (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.6.2007 - 18 B 722/07 -, InfAuslR 2007, 331; Beschluss vom 25.8.2004 - 19 B 1741/03 -, InfAuslR 2005, 29; Beschluss vom 27.8.1999 - 18 B 1448/99 -, InfAuslR 1999, 485). Denn die schrittweise Eingliederung türkischer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats nach Art. 6 ARB 1/80 einerseits und das Diskriminierungsverbot in der Auslegung des EuGH andererseits betreffen unterschiedliche Konstellationen, die nicht miteinander vergleichbar sind. Art. 6 ARB 1/80 räumt den türkischen Arbeitnehmern einen originären Anspruch auf die Verlängerung ihrer Arbeits- und Aufenthaltsrechte ein. Das Diskriminierungsverbot nach der El-Yassini-Rechtsprechung betrifft dagegen nur das Aufenthaltsrecht als notwendigen Annex eines Arbeitsrechts, welches der Aufnahmestaat dem Arbeitnehmer erteilt hat, ohne hierzu assoziationsrechtlich verpflichtet zu sein. Diese Fallgruppe wird weder von Art. 6 ARB 1/80 erfasst, noch steht sie in einem Zusammenhang mit dessen integrationsorientierter Zielrichtung. Es besteht daher kein Grund, in Art. 6 ARB 1/80 eine abschließende Regelung sämtlicher aufenthaltsrechtlichen Wirkungen des Assoziationsratsbeschlusses zu sehen (ebenso Gutmann, in: GK-AufenthG, Art. 10 ARB 1/80 Rn. 29).

b) Eine unbefristete Arbeitsgenehmigung nach § 284 Abs. 5 SGB III enthält im Verhältnis zu einer befristeten Aufenthaltserlaubnis einen "überschießenden" Regelungsgehalt, der in Anwendung des assoziationsrechtlichen Diskriminierungsverbots zu einem Anspruch auf Verlängerung des Aufenthaltstitels führt. Dies gilt auch, obwohl diese Arbeitsgenehmigung bei einer nur am nationalen Recht orientierten Betrachtungsweise keine von der Aufenthaltserlaubnis unabhängigen weitergehenden Rechte vermittelt (hierzu siehe BVerwG, Urteil vom 1.7.2003 - 1 C 18/02 -, BVerwGE 118, 249), wie der erkennende Senat bereits bei Anwendung des Europa-Mittelmeer-Abkommens/Algerien entschieden hat (Urteil vom 27.9.2007 - 13 S 1059/07 -, InfAuslR 2008, 3; ebenso OVG Hamburg, a.a.O.; a.A. Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.2.2008 - 10 ZB 07.3197 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.6.2007, a.a.O.; Hessischer VGH, Beschluss vom 6.4.2004 - 9 TG 864/04 -, NVwZ-RR 2005, 285).

c) Der Kläger erfüllt auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 folgenden Anspruchs auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis bei Besitz einer "überschießenden" Arbeitserlaubnis.

aa) Er hat am 11.3.2003 eine unbefristete und unbeschränkte Arbeitsberechtigung erhalten.

bb) Der Kläger gehörte bis zum Ende der Geltung seiner bisherigen Aufenthaltserlaubnis dem regulären Arbeitsmarkt i.S.d. Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 an. Unter dem regulären Arbeitsmarkt wird die Gesamtheit der Arbeitnehmer verstanden, die die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats über die Einreise in dessen Hoheitsgebiet und über die Beschäftigung befolgen und somit das Recht haben, eine Berufstätigkeit in diesem Staat auszuüben (EuGH, Urteil in der Rechtssache C-4/05 - Güzeli, a.a.O., Rn. 32, 48). Aufenthalts- oder arbeitsrechtliche Verstöße des Klägers, die seiner Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere erlaubte die unbeschränkte Arbeitserlaubnis den im Jahr 2005 erfolgten Wechsel des Arbeitgebers; insoweit unterscheidet sich die Situation des Klägers von dem Sachverhalt, welcher der Güzeli-Entscheidung des EuGH zugrunde lag.