VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Urteil vom 07.08.2008 - 10 K 2890/07.A - asyl.net: M14172
https://www.asyl.net/rsdb/M14172
Leitsatz:
Schlagwörter: Kosovo, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, psychische Erkrankung, fachärztliche Stellungnahme, medizinische Versorgung, posttraumatische Belastungsstörung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung kommt eine Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Klägerin, die sich unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen der Kinderklinik ..., des Psychiaters Dr. ... vom 04. Juli 2006 und es Neurologen und Psychiaters Dr. ... vom 17. Oktober 2006 und 11. April 2007 auf das Bestehen psychischer Erkrankungen beruft, schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Bescheinigungen nicht zum aktuellen Gesundheitszustand der Klägerin verhalten.

Darüber hinaus sind die ärztlichen Bescheinigungen des Psychiaters Dr. ... vom 17. Oktober 2006 und 11. April 2007, wonach bei der Klägerin eine (schwere) depressive Persönlichkeitsentwicklung gegeben ist, auch deshalb nicht aussagekräftig, weil ihnen weder eine substantiierte Beschreibung der geltend gemachten Erkrankungen (Befunde/messbare Angaben/Diagnosemethode) noch eine substantiierte Darstellung des spezifischen Therapieplans (Therapieform/Therapiemaßnahmen/zeitlicher Behandlungsrahmen) oder konkrete Angaben zum bisherigen Therapieerfolg zu entnehmen sind. Gleiches gilt für die Bescheinigung der Kinderklinik ... vom 4. Juli 2006, die sich mit Blick auf die schulischen Schwierigkeiten der Klägerin im Wesentlichen mit der Ermittlung ihrer intellektuellen Fähigkeiten befasst. Soweit die depressive Erkrankung der Klägerin nach Ansicht der behandelnden Ärzte der Kinderklinik im Zusammenhang mit der drohenden Abschiebung der Familie steht, wird mit dieser Feststellung eine zielstaatsbezogene Gefahr nicht geltend gemacht. Denn Erkrankungen, die mit der geplanten Rückreise des ausreisepflichtigen Ausländers zusammen hängen, sind als (mögliches) inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis erst bei einer (etwaigen) Abschiebung von der Ausländerbehörde in den Blick zu nehmen.

Schließlich ist den Bescheinigungen nicht zu entnehmen, dass und auf Grund welcher konkreten Umstände sich die geltend gemachte psychische Erkrankung der Klägerin alsbald nach ihrer Rückkehr wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern wird.

Bescheinigungen der Kinderklinik ..., des Psychiaters Dr. vom 04. Juli 2006 und des Neurologen und Psychiaters Dr. ... vom 17. Oktober 2006 und 11. April 2007 auf das Unabhängig hiervon geht die Kammer aber auch von einer Behandelbarkeit der geltend gemachten psychischen Erkrankungen der Klägerin aus. In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, der das Gericht folgt, ist unter Auswertung der aktuellen Erkenntnislage (vgl. zuletzt: Amtliche Auskunft des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo in Pristina an das Verwaltungsgericht Kassel vom 19. Juli 2006 - 7 E 388/04.A -) anerkannt, dass selbst schwere psychische Erkrankungen wie depressive Syndrome, insbesondere auch posttraumatische Belastungsstörungen, im Kosovo jedenfalls durch medikamentöse Behandlung grundsätzlich soweit behandelbar sind, dass konkrete individuelle und existenzielle Lebens- oder Leibesgefahren für in die Provinz Kosovo zurückgeführte Personen nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit festzustellen sind. Darüber hinaus werden die gegebenen überwiegend medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten inzwischen zunehmend durch Gesprächstherapieangebote in den staatlichen Zentren der Provinz und in Einrichtungen internationaler Hilfsorganisationen ergänzt (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. September 2004 - 13 A 3598/04.A).

Diese Rechtsprechung hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen inzwischen erweitert und vertieft und sich dabei auch eingehend mit Erkenntnisquellen auseinandergesetzt, die die Behandlungsmöglichkeiten für schwere psychische Erkrankungen im Kosovo für unzureichend halten.