VG Chemnitz

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Zitieren als:
VG Chemnitz, Urteil vom 24.07.2008 - A 4 K 585/03 - asyl.net: M14188
https://www.asyl.net/rsdb/M14188
Leitsatz:
Schlagwörter: Guinea-Bissau, Mandingo, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Versorgungslage, allgemeine Gefahr, extreme Gefahrenlage, Existenzminimum, medizinische Versorgung, Behinderte, Gehbehinderung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die Klage ist nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung, dass er Asylberechtigter bzw. Flüchtling nach § 3 AsylVfG ist oder in seiner Person die Voraussetzungen des - nach § 77 AsylVfG nunmehr anwendbaren (BVerwG, Urt. v. 12.7.2005 - 1 C 22/04 -, AuAS 2005, 269; Urt. v. 8.2.2005 - 1 C 29/03 DVBl 2005, 983) - § 60 Abs. 1 bis 6 AufenthG in der am 29.2.2008 veröffentlichten Neufassung (BGBl. 2008 I, 162 ff, 192) vorliegen, jedoch auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 und auf Teilaufhebung der angefochtenen Abschiebungsandrohung hinsichtlich des Heimatstaates.

Er ist auf der Grundlage seiner eigenen Angaben nicht unmittelbar selbst politisch verfolgt, sondern beim - von Juni 1998 bis Mai 1999 andauernden (vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe v. 25.1.2007) - Bürgerkrieg in seinem - seit 1973/1974 von Portugal unabhängigen - Heimatland als ziviler Unbeteiligter von einer Granate getroffen worden. Es besteht nach den ausgewerteten Erkenntnismitteln auch keine generelle Verfolgung der Angehörigen des Volksstammes der Mandingo.

Die Voraussetzungen des Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegen für den Kläger danach vor. Da ein zum Ausschluss einer Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG geeigneter gleichwertiger Schutz - ein solcher ist hier nicht ersichtlich - aktuell nicht gegeben ist, bestehen für ihn Gefährdungen im Sinne der vorstehenden Maßstäbe aus dem Umstand, dass es sich bei seinem Heimatland nach dem Ergebnis aller in der Erkenntnismittelliste genannten Erkenntnismitteln um eines der ärmsten Länder der Welt handelt, in dem große Teile der Bevölkerung an Hunger leiden müssen. Deshalb geht das Gericht hier davon aus, dass dem Kläger bei einer Rückkehr zwar im Hinblick auf ausfallende medizinische Maßnahmen und Behandlungen keine unmittelbare rechtserhebliche Gefährdung drohen würde, er aber vorliegend unter Berücksichtigung seiner aktuellen gesundheitlichen Verfassung mit seiner erheblichen Gehbehinderung nicht in der Lage wäre, seinen Lebensunterhalt sicherzustellen, weshalb ihm alsbaldiger Hunger und Erkrankungen bis zum Tode drohen würden. Für eine belastbare Hilfsperspektive von dritter Seite, etwa die Unterstützung durch die Familie oder Freunde, lassen sich dem Klägervortrag, nach dem Kontakte nicht bestehen, und auch den Erkenntnismitteln keine verlässlichen Angaben entnehmen.