VG München

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Zitieren als:
VG München, Urteil vom 18.07.2008 - M 16 K 08.50256 - asyl.net: M14210
https://www.asyl.net/rsdb/M14210
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Folgeantrag, Änderung der Sachlage, Wiederaufgreifen des Verfahrens, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Erlasslage, Abschiebungsstopp, allgemeine Gefahr, ernsthafter Schaden, bewaffneter Konflikt
Normen: AsylVfG § 71 Abs. 1; VwVfG § 51 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG § 60 Abs. 7; RL 2004/83/EG Art. 15 Bst. c
Auszüge:

Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass in seinem Fall Abschiebungsverbote i.S.v. § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG festgestellt werden.

Nach der geltenden Erlasslage ist die Abschiebung irakischer Staatsangehöriger derzeit ausgesetzt, wobei nicht ersichtlich ist, dass dieser alsbald aufgehoben würde. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die Abschiebung irakischer Staatsangehöriger weiterhin grundsätzlich ausgesetzt bleibt. Damit liegt eine Erlasslage i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 3, § 60 a AufenthG vor, welche dem betroffenen Ausländer derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt. Der Kläger bedarf somit nicht zusätzlich des Schutzes vor der Durchführung der Abschiebung etwa in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. z.B. BayVGH vom 9. November 2007, Az. 15 ZB 04.30650). Er ist deswegen nicht schutzlos gestellt. Denn sollte der ihm infolge der Erlasslage zustehende Abschiebungsschutz nach Rechtskraft entfallen, könnte er unter Berufung auf eine - dann noch bestehende - extreme Gefahrenlage jederzeit ein Wiederaufgreifen des Verfahrens vor dem Bundesamt verlangen.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2008 (BVerwG 10 C 42.07 u.a. - Pressemitteilung vom selben Tage). Zum einen sind - wie bereits dargelegt - nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 S. 1 AufenthG zu berücksichtigen. Weshalb auch bei Vorliegen eines Abschiebestopp-Erlasses nicht von der Prüfung abgesehen werden dürfe, ob sich allgemeine Gefahren im Herkunftsland zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung verdichtet haben, lässt sich der Pressemitteilung nicht entnehmen und ist angesichts des klaren Gesetzeswortlauts nicht zu erklären. Zum anderen fehlt seitens des Klägers jeglicher Vortrag, weshalb eine individuelle Bedrohung vorliegen sollte.