VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 14.08.2008 - 15 ZB 07.30176 - asyl.net: M14302
https://www.asyl.net/rsdb/M14302
Leitsatz:

Unternehmer oder Gewerbetreibende stellen in Kolumbien keine bestimmte soziale Gruppe dar.

 

Schlagwörter: Kolumbien, Berufungszulassungsantrag, grundsätzliche Bedeutung, soziale Gruppe, Unternehmer, Gewerbetreibende, nichtstaatliche Verfolgung, Verfolgung durch Dritte, Paramilitärs, Schutzgeld
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; RL 2004/83/EG Art. 10 Abs. 1; AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1
Auszüge:

Unternehmer oder Gewerbetreibende stellen in Kolumbien keine bestimmte soziale Gruppe dar.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Anträge auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Februar 2007 haben keinen Erfolg.

1. Die gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor. Soweit die Kläger über ihre Bevollmächtigte vortragen lassen, es sei klärungsbedürftig, inwieweit die geschilderten Probleme mit paramilitärischen Gruppen in Kolumbien Teil eines politischen Konflikts seien, der lediglich mit kriminellen Mitteln ausgetragen würde, ist dem nicht zu folgen. Ebenso hat die Fragestellung, ob der Kläger zu 1) als Unternehmer und Gewerbetreibender, der nicht bereit ist, Schutzgeld zu bezahlen, Mitglied einer sozialen Gruppe im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG ist, keine grundsätzliche Bedeutung.

Die Zugehörigkeit zu einer "bestimmten sozialen Gruppe" als Merkmal einer politischen Verfolgung erfordert nach der Definition in Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 (ABl. L 304 S. 12) entweder gemeinsame angeborene Merkmale, einen gemeinsamen unveränderbaren Hintergrund oder andere gemeinsame Merkmale, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten. Weitere Voraussetzung, dass diese Merkmale im Land zu einer deutlich abgegrenzten Identität der Gruppe führen, sie also von der Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (vgl. hierzu auch Hailbronner, Ausländerrecht, RdNr. 46 ff. zu § 60 AufenthG). Seit dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie am 10. Oktober 2006 (Art. 38 Abs. 1), also zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ist diese unmittelbar anwendbar (vgl. BVerwG vom 1.2.2007 NVwZ 2007, 590). Eine solche auch von außen wahrnehmbare, die Gruppe abgrenzende und zugleich prägende Identität hat der von der Bevollmächtigten der Kläger beschriebene Personenkreis von Gewerbetreibenden, "die nicht bereit sind, Schutzgeld zu zahlen", oder eine Personengruppe, "die über eine gewisse Wirtschaftskraft verfügt und unternehmerisch tätig ist", nicht. Hiergegen spricht schon die Vielzahl und Heterogenität von Gewerbetreibenden und Unternehmern innerhalb der kolumbianischen Gesellschaft.