VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 13.08.2008 - AN 11 K 08.30252 - asyl.net: M14312
https://www.asyl.net/rsdb/M14312
Leitsatz:
Schlagwörter: Südafrika, Glaubwürdigkeit, Kriminalität, Gangs, Verfolgung durch Dritte, mittelbare Verfolgung, nichtstaatliche Verfolgung, Schutzbereitschaft, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Sicherheitslage, allgemeine Gefahr, extreme Gefahrenlage, Krankheit, Epilepsie, Suchterkrankung, medizinische Versorgung
Normen: GG Art. 16a Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Nach diesen Grundsätzen ergibt sich kein Asylanspruch nach Art. 16 a Abs. 1 GG und auch kein Anspruch auf Flüchtlingszuerkennung nach §§ 3 Abs. 1 AsylVfG, 60 Abs. 1 AufenthG, denn die nach Sachlage und nach eigenen Angaben unverfolgt ausgereiste Klägerin hat eine politische Verfolgung durch eine Gang, also eine kriminelle Bande, im Fall ihrer Rückkehr nach Südafrika – also als Nachfluchtgrund – schon nicht ausreichend glaubhaft gemacht (a) und jedenfalls ist dieser Gesichtspunkt mangels Anknüpfung an einen politischen Hintergrund weder asylrechtlich noch unter dem Gesichtspunkt einer nichtstaatlichen Verfolgung im Sinne des nunmehrigen § 60 Abs. 1 Satz 4 c AufenthG relevant (b).

Auch im Fall der Unterstellung der Geschichte mit der Gang ergibt sich keine Relevanz für das Asylgrundrecht oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Es ist nämlich weder nach den eigenen Angaben der Klägerin bei ihrer Bundesamtsanhörung noch nach Auskunftslage festzustellen, dass der südafrikanische Staat die Begehung von Straftaten, insbesondere gegen das Leben zulässt oder im vorgenannten Sinn duldet, oder auch nur die zugegebenermaßen hohe Kriminalität hinnimmt. Vielmehr ist dieser insoweit grundsätzlich zur Schutzgewährung bereit. Bei ihrer Bundesamtsanhörung gab die Klägerin an, dass ihre Mutter wegen der Tötung ihres Bruders Anzeige bei der Polizei erstattet habe, die Täter aber nicht ermittelt worden seien. Eine Untätigkeit der Polizei kann aus diesem Vortrag also schon nicht entnommen werden. Sie kann auch der Auskunftslage nicht entnommen werden; vielmehr ist vom Gegenteil auszugehen. So bemühen sich Regierung und Polizei ständig, die Verbrechensrate zu senken, was zuletzt auch erfolgreich geschah. Hierzu hat sich die Regierung konkrete Ziele gesetzt. Seit einigen Jahren wird die Polizei in allen Bereichen verstärkt und dass Null-Toleranz-Prinzip wurde eingeführt, wonach auch kleine Straftaten mit hohen Strafmaßnahmen geahndet werden. Schließlich wurde auch der Polizeiapparat neu strukturiert (Wikipedia unter Südafrika, Kriminalität). Südafrika ist allen internationalen Abkommen zur Kriminalitätsbekämpfung beigetreten. Trotz verstärkter Politikmaßnahmen besteht allerdings eine der höchsten nationalen Kriminalitätsraten derWelt, was auch mit der leichten Erhältlichkeit von Kleinwaffen erklärbar ist (BICC von Januar 2007). Zwar finden Übergriffe durch die oft nicht ausreichend ausgestattete und überarbeitete Polizei statt (Jahresberichte 2005 bis 2007 von Amnesty International); dies wird zum Anlass genommen, die Ausbildung zu verbessern und schließlich wurden bei Straftaten die Schuldigen auch bestraft (Länderbericht 2007 des US Department of State vom 11.3.2008). Die Aufgaben der Polizei und ihre Kontrolle sind im Einzelnen sogar in der Verfassung geregelt (dort Art. 205 bis 208).Weiter wäre jedenfalls auch keine landesweite Verfolgung aus diesem Gesichtspunkt heraus anzunehmen. So gab die Klägerin bei ihrer Bundesamtsanhörung selbst auch an, dass sich ihre Mutter in ... vor der angeblichen Gang habe verstecken können, wenn sie auch öfter die Wohnung wechseln müsste. Schließlich ist eine Anknüpfung an asyl- oder flüchtlingsschutzrelevante Gesichtspunkte weder ersichtlich noch vorgetragen. Bei ihrer Bundesamtsanhörung gab die Klägerin an, nicht zu wissen, welche Ziele die Gang verfolge und warum ihre Brüder von dieser Gang getötet worden seien.

Es liegen aber auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vor.

Nach diesen Grundsätzen stellt die vorgetragene Verfolgung durch eine Gang im Fall der Rückkehr nach Südafrika kein Abschiebungsverbot dar, da sie nach vorstehenden Ausführungen schon nicht glaubhaft ist, auch nicht landesweit droht und der Klägerin ein Ausweichen daher zumutbar wäre. Auch unter dem Gesichtspunkt der allgemein hohen Kriminalität in Südafrika ergibt sich kein Abschiebungsverbot für die Klägerin. Zwar ist dort die Kriminalität nach wie vor ein sehr großes Problem. So gab es in den letzten 10 Jahren insgesamt 219.000 Mordfälle und 118.000 Totschlagsfälle. Trotz ständiger Bemühungen der Regierung und der Polizei und sinkender Trends hat Südafrika eine der höchsten Verbrechensraten weltweit. Zuletzt war allerdings eine Reduzierung festzustellen. Wohlhabende Südafrikaner wohnen in abgesperrten und bewachten Wohnvierteln (Wikipedia unter Südafrika, Kriminalität). Nach den Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amts von 2006 und 2008 verzeichnet Südafrika eine hohe Kriminalitätsrate einschließlich hoher Gewaltkriminalität vor allem in Großstädten, weshalb bestimmte Vorsichtsmaßnahmen empfohlen werden. Nach der vorgenannten nationalen Rechtslage ist insoweit eine allgemeine Gefahr gegeben, die nur im Fall der extremen Situation im vorgenannten Sinn beachtlich wäre; eine derartige Situation ist aber weder ersichtlich noch vorgetragen. Weiter kann die bei der Klägerin unstreitig vorhandene Epilepsie durch Medikation behandelt werden; entsprechendes gilt für eine Suchtkrankheit etwa wegen Alkoholabhängigkeit, so sie als dauerhaft und nicht abschließend behandelbar angenommen würde. Im Übrigen wurde zuletzt eine krankhaft seelische Störung der Klägerin im Sinne eines Dauerzustands aktenkundig nicht diagnostiziert. Dass dieses Krankheitsbild im Fall einer Rückkehr der Klägerin nach Südafrika nicht adäquat behandelt werden könnte, ist weder vorgetragen noch nach Auskunftslage ersichtlich. Nach den medizinischen Hinweisen in den Sicherheitshinweisen 2008 des Auswärtigen Amts ist die medizinische Versorgung in Südafrika insgesamt gut. Die privaten Krankenhäuser in den großen Städten haben europäisches Niveau, die staatlichen Krankenhäuser sind dagegen überlaufen und leiden unter Budgetkürzungen. In ländlichen Gebieten ist die ärztliche Versorgung nicht so gut. Insgesamt ist die medizinische Versorgung also durchaus mit der in Europa vergleichbar.