VG Koblenz

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Zitieren als:
VG Koblenz, Urteil vom 09.07.2008 - 1 K 353/08.KO - asyl.net: M14338
https://www.asyl.net/rsdb/M14338
Leitsatz:

Die Situation von Asylsuchenden in Griechenland rechtfertigt nicht die Annahme der generellen Unzuständigkeit Griechenlands für die Durchführung des Asylverfahrens nach der Dublin II-Verordnung.

 

Schlagwörter: Verfahrensrecht, Asylantrag, Zulässigkeit, Verordnung Dublin II, Griechenland, Selbsteintrittsrecht, Erlasslage
Normen: AsylVfG § 27a; VO EG/343/2003 Art. 3 Abs. 2
Auszüge:

Die Situation von Asylsuchenden in Griechenland rechtfertigt nicht die Annahme der generellen Unzuständigkeit Griechenlands für die Durchführung des Asylverfahrens nach der Dublin II-Verordnung.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klage hat ungeachtet der Frage, ob sie nach der Abschiebung des Klägers nach Griechenland zulässig ist, jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.

Mit der angegriffenen Entscheidung ist davon auszugehen, dass gemäß § 27 a AsylVfG ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Der Kläger ist über Griechenland nach Deutschland eingereist und die griechischen Behörden haben ihre Zuständigkeit schriftlich anerkannt. Folglich ist Griechenland für die Durchführung des Asylverfahrens nach den Vorschriften des Dubliner Abkommens bzw. der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 (VO Dublin II) zuständig und die Durchführung eines Asylverfahrens im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland unzulässig.

Die hiergegen gerichtete Einwendung des Klägers, Griechenland käme seinen vertraglichen Pflichten zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens nicht nach, sondern entledige sich seiner Asylbewerber, vermag keine andere Beurteilung zu begründen. Ungeachtet der Frage, ob diese Einwendung nach der Abschiebung des Klägers für den Ausgang des Rechtsstreits überhaupt noch von Bedeutung sein kann, rechtfertigt der Hinweis auf eine Stellungnahme von Pro Asyl vom Oktober 2007 und auf die Berichte des UNHCR keine andere Einschätzung. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der UNHCR gerade auch nach dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bericht über die Asylpraxis in Griechenland (www.migration-info.de) der Auffassung ist, dass die griechischen Behörden von der Umsetzung der EU-Asylstandards weit entfernt seien und die Anerkennungsrate in Griechenland auffallend niedrig sei. Indes ergibt sich aus diesem Bericht ebenfalls, dass der griechische Innenminister diesem Vorwurf entgegengetreten ist. Jedenfalls geht die Bundesregierung in Kenntnis der kritischen Berichte davon aus, dass aus Deutschland überstellte Asylbewerber in Griechenland entsprechend den Regelungen des europäischen Asylrechts und des internationalen Rechts behandelt werden (www.asyl.net/Magazin/1 2 2008a.htm/-18k). Insgesamt gesehen folgt aus den dem Gericht zur Verfügung stehenden Informationen, nicht, dass Asylbewerber in Griechenland nicht die Möglichkeit der Asylantragstellung oder generell kein faires Verfahren zu erwarten haben.

Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland notwendig machen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Insoweit hat die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 27. Juni 2006 ausgeführt, dass von dieser Möglichkeit bei besonders schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, Flüchtlingen mit hohem Alter, schwangeren Frauen und ernsthaft kranken Menschen Gebrauch gemacht werde. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich nicht, dass er zu diesem Personenkreis gehört.