Eine Kostenübernahmeerklärung der Ausländerbehörde lässt ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen fehlender Finanzierbarkeit der notwendigen medizinischen Behandlung im Zielstaat der Abschiebung nur dann entfallen, wenn nach Ablauf des Zeitraums der Kostenübernahme die erforderliche Behandlung im Zielstaat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Verfügung steht.
Eine Kostenübernahmeerklärung der Ausländerbehörde lässt ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG wegen fehlender Finanzierbarkeit der notwendigen medizinischen Behandlung im Zielstaat der Abschiebung nur dann entfallen, wenn nach Ablauf des Zeitraums der Kostenübernahme die erforderliche Behandlung im Zielstaat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Verfügung steht.
(Leitsatz der Redaktion)
Sie ist zulässig und unbegründet.
Die Entscheidung der Beklagten, die Feststellung des Abschiebungshindernisses im Sinne von § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu widerrufen, ist rechtswidrig.
Allerdings lässt sich den vorgelegten ärztlichen Äußerungen nicht - mehr - zweifelsfrei entnehmen, ob und ggf. wann das bei der Klägerin diagnostizierte Hypophysenadenom einen - wohl auch nach Auffassung der Beklagten im Kosovo nicht möglichen - neurochirurgischen Eingriff erfordert. Die Klägerin leidet jedoch an zahlreichen anderen Krankheiten, die eine Behandlung mit den in dem Attest vom 12.06.2008 genannten Medikamenten erfordert. Aus der Art der Erkrankung ergibt sich auch, dass der Klägerin im Falle der Nichtbehandlung schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen drohen. Dies gilt insbesondere für die bei der Klägerin festgestellte angina pectoris, die - unbehandelt - die Gefahr in sich birgt, zu einem vollständigen Verschluss der Herzkranzgefäße und damit zu einem Herzinfarkt zu führen (vgl. z.B. www.medhelp.at/content/view/60/158/).
Die somit zur Vermeidung schwerer Gesundheitsschäden benötigten Medikamente wird die Klägerin bei einer Rückkehr in den Kosovo zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nicht erhalten. Die Medikamente Amlo Tad, Fluspi, Lisinopril und Metroplol sind nicht auf der "essential drug list" (Stand Dezember 2006) aufgeführt und können somit nur in privaten Apotheken auf Kosten der Klägerin erworben werden (vgl. Informationsschrift des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zum Gesundheitswesen in Serbien, Stand August 2007; Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.11.2007). Das Medikament Furosemid ist zwar auf der "essential drug list" aufgeführt. Gleichwohl kommt es immer noch zu (finanziellen) Engpässen und anderen Unregelmäßigkeiten bei der Medikamentenversorgung (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.11.2007). Nach dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom Juni 2007 hat die Liste heute kaum noch praktische Bedeutung. Die dort aufgelisteten Präparate sind danach in den Apotheken häufig nicht erhältlich und auch in den Krankenhäusern nicht immer verfügbar. Dies - so der Bericht - hat zur Folge, dass auch diese Medikamente meist aus eigenen Mitteln bezahlt werden müssten. Die Klägerin verfügt jedoch nicht über derartige Mittel. Aufgrund ihres jahrelangen Aufenthalts in Deutschland und unter Berücksichtigung der hohen Arbeitslosigkeit im Kosovo haben weder sie noch ihr Ehemann Aussicht, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Im Hinblick auf ihre Erkrankung gilt dies in erhöhtem Maße für die Klägerin selbst. Die Sozialhilfeleistungen, die lediglich 35 Euro für die erste Person und maximal 75 Euro für Familien betragen, reichen kaum aus, um den laufenden Lebensunterhalt zu bestreiten (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 29.11.2007) und stehen daher für den Kauf der von der Klägerin benötigten Medikamente nicht zur Verfügung.
Die von den Beklagten in Aussicht gestellte Kostenübernahmeerklärung der Ausländerbehörde für die Dauer eines Jahres ließe die für die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorausgesetzte Gefahr einer erheblichen konkreten Gefahr nicht entfallen.
Zwar ist eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG "konkret", wenn sie sich "alsbald nach der Rückkehr" ergeben würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.1997, BVerwGE 105, 383). Damit ist aber kein starrer Zeitrahmen in dem Sinne gemeint, dass Gefahren, die nach Ablauf eines Jahres zu erwarten sind, nicht mehr als konkret angesehen werden könnten. Erforderlich ist vielmehr die Würdigung der Wahrscheinlichkeit "innerhalb eines überschaubaren Zeitraums nach der Rückkehr" (BVerwG, Urt. v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 -, DVBl. 2007, 254, 256). Der Zeitraum von einem Jahr, für den die Kostenübernahme in Aussicht gestellt worden ist, ist aber überschaubar. Maßgeblich ist daher, ob nach Ablauf dieses Zeitraums die erforderliche weitere Behandlung im Zielstaat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Verfügung steht (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 22.01.2007 - 18 E 274/06 -, juris; VG Ansbach, Urt. v. 30.05.2007 - 15 K 07.30177 -, juris).