Keine hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung in der Türkei für Aktivisten der TDKP.
Keine hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung in der Türkei für Aktivisten der TDKP.
(Leitsatz der Redaktion)
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 27. März 2008 erweist sich als rechtswidrig, da die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht vorliegen.
Der Umstand, dass es bei einer Rückkehr in die Türkei zu Kontrollen staatlicher Stellen kommt, führt vorliegend im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz zum Erfolg.
Zurückkehrende türkische Staatsangehörige werden grundsätzlich bei der Einreise kontrolliert.
Besitzen diese dann ordnungsgemäße Einreisedokumente, d.h. einen gültigen türkischen Reisepass, und liegen keine Anhaltspunkte vor, aus denen die türkischen Sicherheitskräfte auf eine Asylantragstellung und ggf. zusätzlich auf eine politische Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland schließen können, so kann dieser Personenkreis nach kurzer Zeit die Grenzkontrollen passieren. Allein der Umstand, dass den Sicherheitskräften bekannt wird, dass der Betreffende in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt hat und/oder es sich um einen kurdischen Volkszugehörigen aus dem Osten der Türkei handelt, führt nicht zu asylerheblichen Maßnahmen der türkischen Sicherheitskräfte.
Reisen türkische Staatsangehörige ohne ordnungsgemäße Reisedokumente, d.h. ohne gültigen Reisepass, in die Türkei ein, so reicht allein dies nicht aus, um mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr asylerheblicher Behandlung durch die Sicherheitskräfte anzunehmen. Dies gilt sowohl dann, wenn die türkischen Sicherheitskräfte keine Anhaltspunkte dafür haben, dass der Rückkehrer in der Bundesrepublik Deutschland einen Asylantrag gestellt hat als auch für den Fall, dass Umstände vorliegen, aus denen die türkischen Sicherheitskräfte auf eine Asylantragstellung schließen können. Zwar wird in diesem Fall aufgrund der unzulänglichen Reisedokumente eine intensivere Befragung und ein intensiverer Datenabgleich vorgenommen werden; jedoch führen allein diese Umstände noch nicht zu asylerheblichen Repressalien. Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen aus dem Osten der Türkei stammenden kurdischen Asylbewerber handelt. Erst wenn aufgrund der Befragung oder des Datenabgleichs weitere Umstände hinzukommen, die ein besonderes Interesse der türkischen Sicherheitskräfte an der Person des zurückkehrenden Asylbewerbers begründen, ist in der Regel mit Repressalien durch die Sicherheitskräfte zu rechnen, denen von ihrer Intensität her Asylerheblichkeit zukommt (vgl. zur Rückkehrproblematik die rechtsgrundsätzlichen Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz im Urteil vom 12. März 2004 - 10 A 11952/03.OVG -).
Dem Kläger wurde durch Bundesamtsbescheid vom 07. Januar 1997 Abschiebungsschutz nach § 51 AusIG a.F. im Hinblick auf seine Aktivitäten für die TDKP und seine Inhaftierung zuerkannt. Insoweit entspricht es auch der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz, dass bei Aktivitäten für die TDKP bei Vorverfolgten - wie hier - eine hinreichende Sicherheit vor politischer Verfolgung im Rahmen der Rückkehrerkontrollen bei einer Rückkehr in die Türkei keineswegs mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. August 2002 - 10 A 10593/02.OVG).
Im Hinblick auf die Rückkehrerkontrollen in der Türkei hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass trotz der zwischenzeitlichen Verfassungs- und Gesetzesänderungen zur Verbesserung der Menschenrechtslage und zur Eindämmung der Folter bei den Rückkehrerkontrollen unverändert die Gefahr asylerheblicher Repressalien besteht, sofern es sich bei dem Rückkehrer um einen exponierten und ernst zu nehmenden Gegner des türkischen Staates handelt (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. März 2006 - 10 A 10665/05.OVG - Juris -; Urteil vom 18. November 2005 - 10580/05.OVG - Juris - und Urteil vom 12. März 2004 - 10 A 11952/03.OVG - Juris -).
Vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich die Einschätzung der türkischen Sicherheitsbehörden hinsichtlich der Aktivisten linksextremistischer Organisationen und speziell hinsichtlich des Klägers geändert haben könnte, weshalb eine Gefährdung des Klägers bei seiner Wiedereinreise unverändert fortbesteht, so dass beim Kläger als Sympathisant der TDKP bei einer Wiedereinreise in die Türkei die Gefahr asylerheblicher Repressalien nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann.