VG Frankfurt a.M.

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Zitieren als:
VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.07.2008 - 8 L 1649/08.F.A(2) - asyl.net: M14363
https://www.asyl.net/rsdb/M14363
Leitsatz:
Schlagwörter: Eritrea, Kriegsdienstverweigerung, Abänderungsantrag, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Pressemitteilung, Internet, Connection e.V., KDV im Krieg, Zeitschrift, Glaubwürdigkeit
Normen: VwGO § 80 Abs. 7; VwGO § 80 Abs. 5; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Auch der zweite Abänderungsantrag hat keinen Erfolg.

Soweit nunmehr als neues Beweismittel der Gutachter Günter Schröder angeführt wird, weist das Gericht darauf hin, dass Herr Schröder mehrfach und seit Jahren von der Kammer - insbesondere im Rahmen von Beweisanträgen - nicht als aktuell sachkundiger und objektiver Sachverständiger eingeschätzt wird. Auch vorliegend äußert er nur allgemeine und eher zufällig erlangte Informationen und Einschätzungen, die keinen konkreten Bezug zum Antragsteller haben und zur Beurteilung des Wahrheitsgehalts von dessen Aussagen nichts Ergiebiges beiträgt.

Auch eine Gefährdung durch die Asylantragstellung und die darauf beruhende Pressemitteilung bzw. durch den Internetauftritt ist offensichtlich ausgeschlossen. Wenn der Antragsteller nicht selbst diese Informationen weiter verbreitet hätte, hätte von der Asylantragstellung außer den beteiligten Behörden und dem Gericht niemand erfahren. Er gab diese Information jedoch an drei Flüchtlingsorganisationen, insbesondere Connection e.V. weiter. Dies führte u.a. zur Pressemitteilung vom 30.05.2008. Ebenso wie der Antragsgegnerin ist auch dem Gericht nicht bekannt geworden, dass diese Pressemitteilung veröffentlicht worden wäre. Bedeutsam für die Einschätzung der behaupteten Gefährdung des Antragstellers bei einer Rückkehr ist jedoch der chronologische Ablauf. Der Eilantrag des Antragstellers, ihm die Einreise in die Bundesrepublik zu gestatten, ging am 21.05.2008 bei Gericht ein. Der ablehnende Beschluss datiert vom 27.05.2008 und wurde per Fax an den damaligen Prozessbevollmächtigten am 28.05.2008 um 10.16 Uhr gefaxt. Gleichwohl erschien die Pressemitteilung am 30.05.2008, also zu einem Zeitpunkt, als dem Antragsteller bekannt war, dass das Gericht seinen Vortrag als unglaubhaft einschätzt, so dass er mit seiner jederzeitigen Zurückschiebung rechnen musste. Gleichwohl ging der Antragsteller über die von ihm eingeschalteten drei Organisationen an die Öffentlichkeit.

Bedeutsam ist auch der weitere Ablauf im Rahmen des ersten Abänderungsantrages des Antragstellers durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten (Eingang des Antrags bei Gericht am 03.06.2008). Der ablehnende Beschluss des Gerichts vom 05.06.2008 wurde am 06.06.2008 um 13.20 Uhr an den Prozessbevollmächtigten gefaxt. Gleichwohl führte dieser zusammen mit dem Verantwortlichen von Connection e.V. am 12.06.2008 ein Interview mit dem Antragsteller, in dem ausführlich dessen persönlichen Daten genannt werden. Dieses Interview - nebst Passfoto (!!), das ohne jeglichen aufklärerischen Zweck für die Leserinnen und Leser ist, aber für die angeblichen Verfolger sehr gut brauchbar wäre - wird als Papierausgabe in der Juli-Ausgabe des Rundbriefs "KDV im Krieg" von Connection e.V. und auf der Website dieser Organisation veröffentlicht.

Diese Handlungsweise und ihre chronologische Abfolge zeigen dem Gericht - und zwar ohne jegliche vernünftige Zweifel -, dass dem Antragsteller und seinem Prozessbevollmächtigten einerseits klar war, dass die Zurückweisung des Antragstellers höchstwahrscheinlich ist. Wenn sie gleichwohl andererseits über Connection e.V. erneut (!) an die Öffentlichkeit gingen und den Antragsteller nebst der Dokumentation seiner angeblich regimekritischen Taten den eritreischen Behörden auf dem Präsentierteller zeigen, kann dies für einen vernünftig denkenden Menschen nur heißen, dass sie wissen und sicher sind, dass dem Antragsteller all die beschworenen Gefahren nicht drohen. Es übersteigt die Vorstellungskraft des Gerichts, dass ein Organ der Rechtspflege, wie es der Prozessbevollmächtigte darstellt, sich daran beteiligen würde, einen vom Tod Bedrohten seinen Häschern auszuliefern. Vielmehr versuchen die Genannten im bewussten und gewollten Zusammenwirken, ein ungerechtfertigtes Bleiberecht für den Antragsteller zu schaffen.