VG Lüneburg

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Zitieren als:
VG Lüneburg, Urteil vom 30.06.2008 - 2 A 41/08 - asyl.net: M14368
https://www.asyl.net/rsdb/M14368
Leitsatz:

Hinreichende Sicherheit vor erneuter mittelbarer Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei.

 

Schlagwörter: Türkei, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Jesiden, Gruppenverfolgung, Verfolgung durch Dritte, mittelbare Verfolgung, nichtstaatliche Verfolgung, Verfolgungssicherheit, herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, Situation bei Rückkehr
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Hinreichende Sicherheit vor erneuter mittelbarer Gruppenverfolgung von Yeziden in der Türkei.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Klage, über die der Einzelrichter im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschiedet (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Der Widerruf der Asylanerkennung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Mit Urteil vom 17. Juli 2007 hat das Nds. Oberverwaltungsgericht entschieden, dass Yeziden in der Türkei seit dem Jahr 2003 nicht mehr einer mittelbaren staatlichen Gruppenverfolgung wegen ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt sind (-11 LB 332/03 -, veröffentlicht in juris und in der Rechtsprechungsdatenbank des Nds. OVG). In dem Urteil hat das Nds. Oberverwaltungsgericht im Einzelnen dargelegt, dass sich die Sicherheitslage der Yeziden in den letzten Jahren entscheidungserheblich verbessert habe. Dass dennoch bisher nur relativ wenig im Ausland lebende Yeziden in ihre Heimat zurückgekehrt seien, sei kein Beleg für das Fortbestehen einer Gruppenverfolgung, sondern erkläre sich aus asylfremden Gründen. So fänden in mehreren traditionellen Siedlungsgebieten der Yeziden im Südosten der Türkei militärische Auseinandersetzungen zwischen der türkischen Armee und der PKK statt. Eine Rückkehr stoße auch auf erhebliche soziale und wirtschaftliche Schwierigkeiten, da die Lebensverhältnisse in der Türkei durch ein starkes West-Ost-Gefälle geprägt seien. Hinzu komme, dass eine Wiederansiedlung auf den Widerstand von Teilen der dort ansässigen muslimischen Bevölkerung stoße. Die daraus resultierenden Konflikte knüpften allerdings nicht vorrangig an die yezidische Religionszugehörigkeit an, im Vordergrund stünden vielmehr Eigentums- und Besitzfragen. Auch seien die meisten Yeziden schon vor langer Zeit ausgewandert und inzwischen in die Gesellschaft ihrer Aufnahmeländer integriert. Sie verfügten über Bleiberechte, etwa ein Viertel der in Deutschland lebenden Yeziden sei mittlerweile sogar eingebürgert. In diesem Zusammenhang hat das Nds. Oberverwaltungsgericht sich auch mit den angeführten Stellungnahmen des Yezidischen Forums in Oldenburg auseinandergesetzt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das genannte Urteil vom 17. Juli 2007 verwiesen, das in das vorliegende Verfahren eingeführt worden ist. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.

In dem hier zu entscheidenden Verfahren sind keine Erkenntnismittel vorgelegt oder benannt worden, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. Weder dem erkennenden Gericht noch dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht liegen Hinweise dafür vor, dass seit dem Urteil vom 17. Juli 2007 (a.a.O.) asylrelevante Übergriffe auf Yeziden in der Türkei vorgekommen sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 7.2.2008 - 11 LB 391/05 - sowie den Lagebericht des Auswärtigen Amtes zur Türkei vom 25.10.2007, S. 20 f.).