Es liegt kein Folgeantrag vor, wenn nach Erlöschen, Widerruf oder Rücknahme einer Flüchtlingsanerkennung ein neuer Asylantrag gestellt wird; die Registrierung eines Ausländers als Mandatsflüchtling durch UNHCR ist ein starkes Indiz dafür, dass er die Flüchtlingseigenschaft besitzt; Flüchtlingsanerkennung eines ehemaligen Mitglieds der Volksmudjahedin aus dem Lager Ashraf im Irak, das dem bewaffneten Kampf abgeschworen hat.
Es liegt kein Folgeantrag vor, wenn nach Erlöschen, Widerruf oder Rücknahme einer Flüchtlingsanerkennung ein neuer Asylantrag gestellt wird; die Registrierung eines Ausländers als Mandatsflüchtling durch UNHCR ist ein starkes Indiz dafür, dass er die Flüchtlingseigenschaft besitzt; Flüchtlingsanerkennung eines ehemaligen Mitglieds der Volksmudjahedin aus dem Lager Ashraf im Irak, das dem bewaffneten Kampf abgeschworen hat.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Die im Übrigen aufrecht erhaltene Klage ist zulässig und begründet.
Es bedarf im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers vom 31.01.2008 zu Recht als Folgeantrag gewertet hat. Ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlautes des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG liegt ein Folgeantrag vor, wenn ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages erneut einen Asylantrag stellt. Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers nicht erfüllt. Weder hat der Kläger einen früheren Asylantrag zurückgenommen noch ist der am 31.01.2008 gestellte Asylantrag nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages gestellt worden. Dem am 13.06.1988 vom Kläger gestellten ersten Asylantrag gab das Bundesamt mit Bescheid vom 08.03.1989 statt und erkannte den Kläger als Asylberechtigten im Sinne des damaligen Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG an. Dem lag die Einschätzung zugrunde, dass der Kläger aufgrund seiner Aktivitäten als Anhänger der Mudjahedin-e-Khalq Iran (MEK), d.h. der Volksmudschaheddin, Verfolgungsmaßnahmen im Sinne dieses Grundrechts ausgesetzt war. Allerdings wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass auch ein neuer Asylantrag, der nach Erlöschen, Widerruf oder Rücknahme einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder eines nach § 60 Abs. 1 AufenthG Schutzberechtigten gestellt wird, als Folgeantrag im Sinne des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG anzusehen sei (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, § 71 AsylVfG, Rdnr. 7; Funke-Kaiser, in:GK-AsylVfG, II § 71 Rdnr. 42.1). Eine solche Auslegung lässt sich jedoch mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht vereinbaren. Dass das Stellen eines weiteren Asylantrages, nachdem eine für den Betroffenen positive, inzwischen aber widerrufene Statusentscheidung getroffen worden war, nicht als Folgeantrag gewertet werden kann, ergibt sich auch aus Art. 32 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 01.12.2005 (Amtsblatt ABl. Nr. L 326/13), wonach die Mitgliedsstaaten im Falle eines Folgeantrags ein besonderes Verfahren einrichten können. Aus Art. 32 Abs. 2 dieser Richtlinie ergibt sich, dass ein solches besonderes Verfahren angewandt werden kann, wenn eine Person einen Folgeantrag auf Asyl stellt, nachdem ihr früherer Antrag zurückgenommen bzw. das Verfahren nicht weiter betrieben wurde oder nachdem eine Entscheidung über den früheren Antrag ergangen ist. Dieser Vorschrift liegt jedoch, wie sich auch aus Abs. 3 ergibt, ersichtlich die Vorstellung zugrunde, dass ein früheres Asylverfahren zu Lasten des Antragstellers ausgegangen war. Eine solche Auslegung findet ihre Bestätigung auch in dem Erwägungsgrund Nr. 15 zur genannten Richtlinie. Danach sollen die Mitgliedsstaaten von der Verpflichtung, ein erneutes Prüfungsverfahren durchzuführen, entbunden sein, wenn ein Antragsteller einen Folgeantrag stellt, ohne neue Beweise oder Argumente vorzubringen. Ersichtlich sind damit neue Beweise oder Argumente gemeint, die seinem ursprünglich abgelehnten Antrag zum Erfolge verhelfen könnten. Im Hinblick darauf spricht vieles dafür, im vorliegenden Falle den vom Kläger gestellten Asylantrag vom 31.01.2008 nicht als Folgeantrag im Sinne des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu werten (in diesem Sinne auch Hailbronner, § 71 AsylVfG, Rdnr. 23; Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 71 Rdnr. 66).
Einer abschließenden Beantwortung dieser Frage bedarf es jedoch im vorliegenden Verfahren nicht, da auch im Falle der Annahme, dass der Asylantrag des Klägers als Folgeantrag zu bewerten ist, diesem stattzugeben ist. Die Wiederaufgreifensgründe des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG liegen vor. Zwar ist dem Bundesamt für Migration insoweit zuzustimmen, als sich der Kläger nach wie vor auf einer Furcht vor weiteren Verfolgungsmaßnahmen aufgrund seiner früheren Zugehörigkeit zu den Volksmudschaheddin beruft. Eine neue Sachlage ist jedoch insoweit eingetreten, als der Kläger nach Ergehen der ablehnenden Entscheidung des Bundesamtes mit seinem Bescheid vom 01.02.2008 befürchten muss, in den Iran oder den Irak abgeschoben zu werden. Insoweit hat der Kläger sowohl in dem von ihm anhängig gemachten Eilverfahren als auch in dem vorliegend zu entscheidenden Klageverfahren substantiiert vorgetragen, dass er begründete Furcht hat, im Falle einer Rückkehr in den Iran oder den Irak dort der Gefahr einer im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG bzw. des Art. 1 Buchstabe A Nr. 2 GFK flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein. Daher sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen, um ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht erfüllt gewesen.
Dass der Kläger jedenfalls im Falle einer Rückkehr in den Iran erneut Opfer einer Verfolgungshandlung sein könnte, wird in dem Bescheid des Bundesamtes vom 01.02.2008 nicht grundsätzlich bestritten, aber letzten Endes im Ergebnis offengelassen, da nach Ansicht des Bundesamtes in seiner Person Ausschlussgründe im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 und 2 AufenthG a.F. bzw. des § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG n. F. vorliegen. [...]
Die frühere Betätigung für die MEK kann jedoch nicht zum Ausschluss des Klägers von einer Zuerkennung des Flüchtlingsstatus nach § 60 Abs. 1 AufenthG führen. Dem steht bereits der Umstand entgegen, dass der Kläger von dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) in Kenntnis seiner früheren Betätigungen für die MEK am 05.05.2006 als Flüchtling unter dem Mandat des UNHCR) registriert worden ist (Blatt 60 der Bundesamtsakte 5299229-439). Allerdings geht das erkennende Gericht mit dem Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 03.11.2006 - 1 B 30/06, Buchholz 402.242, § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 27) und dem OVG Lüneburg (Urteil vom 07.12.2005 - 11 LB 193/04) sowie dem OVG Münster (Beschluss vom 27.09.2006 - 8 A 1363/05.A, NVwZ 2007, Seite 481) davon aus, dass allein eine Registrierung einer Person durch den UNHCR als Mandatsflüchtling keineswegs zwangsläufig zu der Annahme berechtigt, dass dieser die Rechtsstellung als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Zwar geht UNHCR in ständiger Praxis davon aus, dass eine Person gleichzeitig ein Mandatsflüchtling und auch ein Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des Protokolls von 1967 sein kann. Andererseits kann aber danach ein Flüchtling auch nur als Mandatsflüchtling registriert sein, ohne zugleich als ein Flüchtling im Sinne des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 zu gelten. Demzufolge beinhaltet allein die bloße Registrierung einer Person als Mandats-Flüchtling nicht auch zwangsläufig deren Rechtsstellung als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des Protokolls von 1967 (vgl. UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Genf Dezember 2003, Seite 6; vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 07.12.2005 - 11 LB 193/04, sowie OVG Münster, Beschluss vom 27.09.2006 - 8 A 1363/05.A, NVwZ 2007, Seite 481). Entfaltet somit eine UNHCR-Mandatsanerkennung keine unmittelbare Bindungswirkung für eine im nationalen Asylverfahren zu treffende Entscheidung über ein Schutzbegehren, so kommt ihr gleichwohl eine starke Indizwirkung zu (vgl. OVG Lüneburg a. a. O. und OVG Münster a.a.O. sowie z. B. Marx, AsylVfG, 6. Auflage 2005, § 9 Rdnr. 12). Es bedarf somit besonderer Umstände, um dieser Indizwirkung ihre entscheidungserhebliche Bedeutung zu nehmen.
Im Falle des Klägers ist es in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung, dass er nach einer zeitaufwändigen Video-Befragung durch UNHCR und in Kenntnis der vorangegangenen Aktivitäten innerhalb der MEK gleichwohl unter den Schutz des Mandats des Flüchtlingshochkommissars genommen worden ist.
Im Rahmen der Prüfung einer Unterschutzstellung von Angehörigen der MEK, die sich im Lager Ashraf im Irak aufgehalten hatten, hat UNHCR sein besonderes Augenmerk auf die Frage gerichtet, ob im je konkreten individuellen Fall Gründe gegeben sind, die zu einem Ausschluss von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 A Nr. 2 GFK bzw. zur Nichtzuerkennung der Mandatsstellung aufgrund des UNHCR-Status führen (vgl. UNHCR, Hintergrundinformationen zu den Aktivitäten von UNHCR bei der Suche nach einer dauerhaften Lösung für ehemalige Angehörige der Organisation Volksmudschaheddin Iran im Irak, Dezember 2006, Seite 5 = Blatt 73 der Gerichtsakte 7 L 324/08.F.A(V)). Diese Prüfung erstreckte sich darauf, so genannte "bewaffnete Elemente" vom Flüchtlingsschutz auszuschließen. Hierzu hat UNHCR ausgeführt, dass im Interesse der Wahrung des Zivilcharakters des Asyls gemäß Beschluss des UNHCR-Exekutiv-Komitees Nr. 94 (beschlossen auf der 53. Sitzung im Jahre 2003) zunächst grundsätzlich solche Personen vom Anwendungsbereich der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Schutz durch UNHCR ausgeschlossen sind, deren Verhalten eine potentielle Gefahr für andere Schutzsuchende darstellen kann. Dies betreffe insbesondere bewaffnete Elemente. Um diesen Gefahren wirksam zu begegnen, setzt ausweislich der genannten Hintergrundinformationen die Einbeziehung ehemaliger Kämpfer in den Schutz durch den UNHCR und die Genfer Flüchtlingskonvention voraus, dass die betroffenen Personen tatsächlich vollständig entwaffnet sind und sich ernstlich und auf Dauer vom bewaffneten Kampf losgesagt haben (Seite 6 der Hintergrundinformationen). Darüber hinaus hat UNHCR eine Prüfung vorgenommen, ob bei den im Lager Ashraf sich aufhaltenden Personen Ausschlussgründe auf der Grundlage von Art. 1 D, Art. 1 E oder Art. 1 F GFK vorliegen. [...]
Die Regionalvertretung des UNHCR für Deutschland, Österreich und die Tschechische Republik kommt in einer an den Klägerbevollmächtigten gerichteten Stellungnahme vom 06.02.2008 (Blatt 79 der Gerichtsakte 7 L 324108.F.A(V)) zu dem Ergebnis, dass der Kläger im Zeitpunkt des vom UNHCR durchgeführten Flüchtlingsanerkennungsverfahrens "tatsächlich entwaffnet war und dem bewaffneten Kampf endgültig abgeschworen hat" (Seite 10 der Stellungnahme) und dass in der Person des Klägers auch nicht die Voraussetzungen des Art. 1 F GFK erfüllt seien, um ihn aus dem Anwendungsbereich der Genfer Flüchtlingskonvention auszuschließen. [...]
Dass der Kläger terroristischen Bestrebungen abgeschworen hat, ergibt sich im Übrigen aus der von ihm am 19.04.2004 gegenüber dem Repräsentanten der Koalitionsstreitkräfte im Irak abgegebenen Verzichtserklärung (Blatt 36 bzw. 86 der Bundesamtsakte 5299229-439).
Gerade dieser Umstand war es, der UNHCR dazu bewogen hatte, dem Kläger nach einer ausführlichen Video-Befragung, die dazu diente, die Glaubhaftigkeit seiner endgültigen Abkehr von terroristischen Bestrebungen zu prüfen, den Status als Mandatsflüchtling im Sinne der Satzung des Hochkommissars für Flüchtlinge zuzuerkennen und das Vorliegen von Ausschlussgründen im Sinne des Art. 1 F GFK zu verneinen.
Unter Berücksichtigung der besonderen und fast einzigartigen Umstände des vorliegenden Falles des Klägers bedürfte es daher außergewöhnlicher Umstände, um die Indizwirkung der Unterstellung des Klägers unter das Mandat des UNHCR für die Zuerkennung des Status nach § 60 Abs. 1 AufenthG zu beseitigen. Solche außergewöhnlichen Umstände liegen nicht vor. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger wieder terroristischen Bestrebungen zuwenden könnte. Dies wird auch vom Beklagten nicht behauptet.
Es bedarf im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keiner grundsätzlichen Klärung der Frage, ob die Annahme eines Ausschlussgrundes im Sinne des Art. 1 F GFK i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 AsylVfG zwingend voraussetzt, dass von dem betroffenen Ausländer auch weiterhin eine konkrete Wiederholungsgefahr ausgeht, wie dies für die Fallvariante des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG entschieden hat (Urteil vom 01.11.2005 - 1 C 21.04, BVerwGE 124, 276 = NVwZ 2006, S. 707) oder ob es ausreicht, dass ein Asylsuchender in der Vergangenheit terroristische Bestrebungen begangen oder unterstützt hatte unabhängig davon, ob er sich von diesen losgesagt hat. Jedenfalls gebietet der aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles die genannten Ausschlussregelungen jedenfalls dann nicht mehr anzuwenden, wenn von dem Ausländer unter keinen Umständen mehr eine Gefahr ausgeht, etwa weil zur Überzeugung des UNHCR und auch des streitentscheidenden Verwaltungsgerichts feststeht, dass er sich von allen früheren terroristischen Aktivitäten losgesagt hat. Dass eine fortdauernde von dem Ausländer ausgehende Gefährdung erforderlich ist, ergibt sich im Übrigen auch aus der amtlichen Begründung zum Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361), mit dem erstmals die Ausschlussklauseln in § 51 Abs. 3 AuslG 1990 eingefügt worden waren. In der einschlägigen Bundestagsdrucksache 14/7386, S. 57, heißt es: „Hiernach wird der erweiterte Ausschluss des Abschiebungsschutzes durch das Interesse der Staatengemeinschaft an der Verhinderung zukünftiger Terrorakte gerechtfertigt". Dementsprechend wird in der einschlägigen Rechtsprechung eine fortdauernde Gefährdung durch einen Ausländer gefordert, um die Ausschlussklauseln zur Anwendung kommen zu lassen (vgl. nur OVG Münster, Beschluss vom 21.07.2005 - 15 A 1212/04.A; Beschluss vom 07.08.2006 - 15 A 2940/06.A; OVG Koblenz, Urteil vom 06.12.2002 - 10 A 10089/02, NVwZ-RR 2003, S. 596).
Dass die Ausschlussklausel des Art. 1 F GFK nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn weiterhin von einem Schutzsuchenden eine konkrete Gefahr ausgeht, liegt auch den vom UNHCR herausgegebenen "Richtlinien zum internationalen Schutz: Anwendung der Ausschlussklauseln: Artikel 1 F des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge" zugrunde. [...]
Der Kläger wäre im Falle einer Abschiebung in den Iran auch weiterhin von flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen des iranischen Staates bedroht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger als ehemaliger Angehöriger der MEK verfolgungsfrei im Iran leben könnte. [...] Zwar ist es nicht zu bestreiten, dass ehemalige Angehörige der MEK, die sich zur Zusammenarbeit mit den iranischen Behörden bereit erklärt haben, unter bestimmten Voraussetzungen verfolgungsfrei im Iran aufhalten und von der für diesen Personenkreis verkündeten Amnestie Gebrauch machen können. Insoweit hat der Kläger jedoch erklärt, er könne aufgrund der von ihm erlittenen Verfolgungsmaßnahmen, die seinerzeit zu seiner Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne des Art 16 Abs.2 Satz 2 GG führten, nicht in den Iran zurückkehren. Er sehe sich nicht in der Lage, sich zur Zusammenarbeit mit den iranischen Stellen bereit zu erklären und er traue diesen auch nicht, da er befürchte, erneut in Verfolgungsmaßnahmen einbezogen zu werden. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang zu, dass seit dem Sturz Saddam Husseins durch die Koalitionsstreitkräfte im Irak die MEK unter dem Schutz der USA steht und dass führende Mitglieder des amerikanischen Geheimdienstes CIA mehrmals bestätigten, dass es zwischen ihrer Organisation und der MEK eine enge Zusammenarbeit gibt (vgl. nur Heinrich Böll Stiftung, Iran-Report Nr. 07/2008, S. 19 f.). Im Hinblick darauf und auf die gegen den Iran gerichtete Politik der USA liegt es auf der Hand, dass der Kläger, auch wenn er nur noch ehemaliges Mitglied der MEK ist, durchaus begründete Furcht davor hat, im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland mit hinreichender Wahrscheinlichkeit flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt zu werden. Diese Einschätzung des erkennenden Gerichts wird bestätigt durch die sachverständige Äußerung des UNHCR im vorliegenden Verfahren zu einer potentiellen Verfolgungsgefahr, der der Kläger im Iran unter gegenwärtigen Bedingungen ausgesetzt wäre.
Darüber hinaus kann der Kläger auch nicht auf eine Rückkehr in den Irak verwiesen werden. Ein Einreise- und Aufenthaltsrecht steht ihm für dieses Land nicht zu. Die glaubhaft geschilderten Umstände beim Versuch, über den Nordirak auszureisen und die damit einhergehende dreiwöchige Inhaftierung durch nordirakische Sicherheitskräfte, die von UNHCR in seiner Stellungnahme vom 6.2.2008 bestätigt wird, belegen, dass der Kläger als ehemaliger Angehöriger der Volksmudschaheddin Iran sowohl im Nord- als auch im Zentralirak schutzlos wäre. Er hat guten Grund zu befürchten, u.a. wegen seiner früheren Zugehörigkeit zur MEK auch flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt zu werden. Darüber hinaus fehlte es ihm an jeglicher existenzieller Sicherung.
Somit steht dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG zu.
Das beklagte Bundesamt ist darüber hinaus zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG bezogen auf den Iran und die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG bezogen auf den Irak vorliegen. Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen ist davon auszugehen, dass der Kläger im Iran auch einer realen Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 i. V. m. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgesetzt wäre. Aufgrund der Biografie des Klägers liegt es auf der Hand, dass er im Falle einer - nicht auszuschließenden - Inhaftierung im Iran auch einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt wäre.
Darüber hinaus kann der Kläger nicht darauf verwiesen werden, in den Irak zurückzukehren. Bereits die Vorkommnisse bei der Ausreise aus dem Irak belegen mit eindeutiger Klarheit, dass der Kläger im Irak vor einer Inhaftierung nicht hinreichend geschützt wäre. Darüber hinaus hätte er dort keinerlei Existenzmöglichkeiten. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass er dort existieren könnte, ohne in eine lebensbedrohliche Situation zu gelangen.
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