Eine außerordentliche Beschwerde wegen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" ist nicht statthaft, so dass eine Beschwerde gegen eine einstweilige Anordnung auf Stopp einer Dublin-Überstellung gem. § 80 AsylVfG unzulässig ist.
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Die "außerordentliche" Beschwerde ist nicht statthaft.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. September 2008 ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar. Diese Bestimmung regelt, dass Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz - vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 VwGO - nicht mit der Beschwerde angefochten werden können. Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit im Sinn von § 80 AsylVfG, da die Parteien über die Rechtmäßigkeit der angekündigten Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Griechenland gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG streiten. Hierüber hat das Verwaltungsgericht durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO entschieden. Der sich damit von Gesetzes wegen ergebende Rechtsmittelausschluss wirkt grundsätzlich unabhängig davon, ob die angegriffene Entscheidung in der Sache als falsch anzusehen ist oder die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 34a Abs. 2 AsylVfG gesetzlich ausgeschlossen war.
Im vorliegenden Fall ist auch eine "außerordentliche" Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit nicht zulässig. Zwar wurde bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder bei greifbarer Gesetzwidrigkeit einer Entscheidung aus sonstigen Gründen in eng begrenzten Ausnahmefällen eine "außerordentliche" Beschwerde zugelassen (vgl. z.B. BVerwG vom 31.1.2000 Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 25; vom 4.12.1998 NVwZ-RR 2000, 257; BGH vom 4.3.1993 BGHZ 121, 397; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 8a vor § 124). Diese Rechtsprechung fand auch Anwendung auf an sich nach § 80 AsylVfG unanfechtbare Entscheidungen von Verwaltungsgerichten zu § 34a AsylVfG (vgl. OVG NW vom 17.6.1996 NVwZ-Beilage 12/1996, 92; OVG Bbg vom 7.4.1994 NVwZ-Beilage 6/1994, 42; BayVGH vom 28.10.1993 DVBl 1994, 61).
Die Neuregelung des Beschwerderechts durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreformgesetz - ZPO-RG) vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887) mit der Schaffung des § 321a ZPO wurde jedoch vom Bundesverwaltungsgericht zum Anlass genommen, die oben dargestellte Rechtsprechung aufzugeben. Maßgeblich dafür war die Erwägung, dass der Gesetzgeber mit § 321a ZPO eine (über § 173 Satz 1 VwGO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbare) Abhilfemöglichkeit bei der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör für Verfahren geschaffen hat, in denen eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung im Wege der Selbstkontrolle bislang nicht möglich war. Daraus kann gefolgert werden, dass die Erhebung einer "außerordentlichen" Beschwerde auch in den Fällen der Verletzung sonstiger Verfahrensgrundrechte sowie bei greifbarer Gesetzwidrigkeit ausscheidet (BVerwG vom 5.10.2004 NVwZ 2005, 232; vom 16.5.2002 NJW 2002, 2657; BGH vom 7.3.2002 NJW 2002, 1577).
Diese Rechtsauffassung wird durch das im Rahmen des Erlasses des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3220) am 1. Januar 2005 erfolgte Inkrafttreten des § 152a VwGO weiter gestützt, da damit eine § 321a ZPO entsprechende Vorschrift in das Verwaltungsprozessrecht übernommen wurde und § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO ebenfalls eine Befassung der nächsthöheren Instanz mit der Sache ausschließt (so z.B. BVerwG vom 8.12.2005 BVerwG 5 B 92.05 - juris Rn. 3).
Der in § 152a VwGO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Entscheidung ist als allgemein geltender Grundsatz zu entnehmen, dass eine im Rechtsmittelzug nicht mögliche Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung aufgrund eines außerordentlichen Rechtsbehelfs demjenigen Gericht vorbehalten bleiben soll, das die Entscheidung erlassen hat. Damit kommt die Erhebung einer "außerordentlichen" Beschwerde generell nicht (mehr) in Betracht (vgl. z.B. BVerwG vom 3.5.2007 Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 2; vom 26.9.2006 BVerwG 7 B 67.06 - juris Rn. 1; vom 21.7.2005 BVerwG 9 B 9.05 - juris Rn. 2; ebenso BFH vom 30.11.2005 BFHE 211, 37; BSG vom 15.8.2005 BSG B 1 A 1.04 S - juris Rn. 5; OVG Hamburg vom 2.10.2008 Az. 3 Bs 182/08 - juris Rn. 15 f.; Funke-Kaiser in GK-AsyLVfG, RdNr. 30 zu § 80; Kettinger, BayVBL 2007, 489).
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Schaffung einer extralegalen Beschwerdemöglichkeit im vorliegenden Fall aufgrund einer ansonsten ernsthaft in Betracht kommenden Verletzung des Justizgewährungsanspruchs (Art. 19 Abs. 4 GG) bzw. des Asylgrundrechts (Art. 16a Abs. 1 GG) unter Zurückstellung des aus dem Rechtsstaatspnnzip abgeleiteten Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit (BVerfG vom 30.4.2003 BVerfGE 107, 395/416) zwingend geboten wäre, sind nicht ersichtlich. Der Antragsgegnerin stehen hier ausreichend effektive verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, um beim Verwaltungsgericht selbst auf eine Korrektur seiner Entscheidung hinwirken zu können. So dürfte der Anwendungsbereich des § 152a VwGO unmittelbar eröffnet sein, da die von der Antragsgegnerin erhobenen Rügen inhaltlich (auch) die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Verwaltungsgericht in Frage stellen (s. hierzu Schenke, NVwZ 2005, 729/735). Zudem spricht einiges dafür, dass hier - falls § 152a VwGO als nicht einschlägig angesehen werden sollte - die Erhebung einer Gegenvorstellung in Betracht kommt (so z.B. BVerwG vom 16.5.2002 a.a.O.; BGH vom 7.3.2002 a.a.O.; BFH vom 13.10.2005 NJW 2006, 861; BSG vom 28.7.2005 NJW 2006 860; a.A. BayVGH vom 20.7.2006 Az. 5 ZB 06.462 - juris Rn. 5 ff.).
Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen für die Erhebung der von der Antragsgegnerin als zulässig erachteten "außerordentlichen" Beschwerde nicht vor, so dass der Rechtsbehelf auch aus sachlichen Gründen ohne Erfolg hätte bleiben müssen. Der Beschwerdebegründung ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsgemäßheit der Drittstaatenregelung und hier insbesondere zu den Erfordernissen der Auslegung von § 34a AsylVfG (BVerfG vom 14.5.1996 NVwZ 1996, 700/705 ff.) bereits keine greifbare Gesetzwidrigkeit zu entnehmen. Für die Annahme, eine Entscheidung entbehre jeder gesetzlichen Grundlage und sei inhaltlich dem Gesetz fremd, also mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar, genügt der von der Antragsgegnerin erhobene Vorwurf nicht, das Verwaltungsgericht habe entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 34a Abs. 2 AsylVfG keinen einstweiligen Rechtsschutz gewähren dürfen. Der Rüge einer Missachtung des Verbots der Aussetzung einer Abschiebung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG steht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht für im Einzelnen bezeichnete Ausnahmefälle die Gewährung von Rechtsschutz nach § 80 oder § 123 VwGO als Erfordernis einer hier notwendigen verfassungskonformen Auslegung ausdrücklich für zulässig erachtet hat (BVerfG a.a.O.). Soweit beanstandet wird, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines auf der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruhenden Ausnahmetatbestands angenommen, wird damit nur eine unzutreffende Bewertung des Sachverhalts, d.h. das Treffen einer falschen Entscheidung, gerügt. Diese Möglichkeit ist in der Rechtsordnung berücksichtigt; eine Korrektur ist aber nur in dem dafür von der Rechtsordnung selbst vorgesehenen Umfang zulässig. Die Statthaftigkeit einer "außerordentlichen" Beschwerde unterstellt, müsste diese daher jedenfalls mangels Vorliegens einer greifbaren Gesetzwidrigkeit erfolglos bleiben. [...]