Ein Visums zum Ehegattennachzug setzt auch dann den Nachweis von Deutschkenntnissen nach § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG voraus, wenn der Antrag vor Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes gestellt, aber danach entschieden wird.
Ein Visums zum Ehegattennachzug setzt auch dann den Nachweis von Deutschkenntnissen nach § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG voraus, wenn der Antrag vor Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes gestellt, aber danach entschieden wird.
(Leitsatz der Redaktion)
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Vorliegend entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben, da einerseits die Klägerin in der Hauptsache voraussichtlich unterlegen wäre, sich die Beklagte andererseits jedoch ohne wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage in die Position des Unterlegenen begeben und die Klägerin klaglos gestellt hat.
Der Klägerin stand ein Anspruch auf Erteilung eines Visums zum Zwecke der Familienzusammenführung zu ihrem im Bundesgebiet lebenden deutschen Ehemann nach der einzig in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 6 Abs. 4 Satz 1 und 2 i.V.m. §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet vom 30. Juli 2004 (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) in der aktuell geltenden Fassung nicht zu, denn sie hat das auch für sie geltende Nachzugserfordernis des § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, wonach dem nachzugswilligen Ehegatten das Visum nur erteilt werden darf, wenn er sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann, nicht nachgewiesen.
Anzuwenden ist das Aufenthaltsgesetz in der aktuell geltenden Fassung. Dabei ist es unerheblich, dass die Klägerin ihren Visumsantrag bereits am 8. Februar 2007 und somit vor dem Inkrafttreten der mit Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19, August 2007 eingetretenen Gesetzesänderungen gestellt hat. Denn bei Verpflichtungsklagen, die auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gerichtet sind, ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen, wenn es darum geht, ob schon aus Rechtsgründen eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt oder versagt werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 2001 - 1 C 23.00 - zitiert nach juris). Da das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 ohne gesetzliche Übergangsregelung am 28. August 2007 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007), sind sämtliche Neuerungen - somit auch das Erfordernis der einfachen Kenntnisse der deutschen Sprache nach § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG - auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Der Runderlass der Beklagten vom 30. August 2007 zum Verfahren bei laufenden Visumsanträgen zum Ehegattennachzug, der den Auslandsvertretungen in bestimmten Fällen aufgibt, nach der vorherigen Rechtslage zu entscheiden, enthält eine behördliche Übergangsregelung, die für das Gericht unbeachtlich ist und der Klägerin - entgegen ihrer Ansicht - keinen Anspruch auf Außerachtlassung ihrer Deutschkenntnisse auf der Grundlage des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vermittelt (so auch VG Berlin, Urteile vom 19. Dezember 2007 - VG 5 V 22.07 - und vom 19. Mai 2008 - VG 4 V 8.07 -). Da die Weisungslage der Beklagten mit der geltenden Rechtslage nicht in Einklang steht und es eine Selbstbindung an eine rechtswidrige Verwaltungspraxis grundsätzlich nicht gibt, könnte die Klägerin, auch wenn sie Begünstigte der Weisung sein sollte, nicht verlangen, dass ihr das begehrte Visum unabhängig von dem Nachweis ihrer Sprachkenntnisse erteilt wird. Ungeachtet dessen bedarf die Erteilung eines Visums zum Zwecke der Familienzusammenführung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Aufenthaltsverordnung vom 25. November 2004 (AufenthV) in der aktuell geltenden Fassung der Zustimmung des Beigeladenen, dessen Vorläufige Anwendungshinweise keine dem vorgenannten Runderlass entsprechende Weisung enthalten. Dass für die Klägerin eine der in § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 4 AufenthG vorgesehenen Ausnahmen von dem Erfordernis der Sprachkenntnisse greift, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.