VG Hamburg

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Zitieren als:
VG Hamburg, Urteil vom 25.09.2008 - 2 K 1843/08 - asyl.net: M14477
https://www.asyl.net/rsdb/M14477
Leitsatz:

Umstände, die gegen die Verteilung an einen bestimmten Ort sprechen, müssen vor der Verteilungsentscheidung geltend gemacht werden. Danach können solche Umstände im Rahmen einer Entscheidung nach § 15 a Abs. 5 AufenthG berücksichtigt werden.

 

Schlagwörter: D (A), Verteilung, unerlaubte Einreise, Altfälle, Beweislast, Übergangsregelung, zwingende Gründe, Zuständigkeit, örtliche Zuständigkeit, Ausländerbehörde
Normen: AufenthG § 15a Abs. 1; AufenthG § 15a Abs. 3; AufenthG § 15a Abs. 4; AufenthG § 15a Abs. 6; AufenthG § 15a Abs. 5
Auszüge:

Umstände, die gegen die Verteilung an einen bestimmten Ort sprechen, müssen vor der Verteilungsentscheidung geltend gemacht werden. Danach können solche Umstände im Rahmen einer Entscheidung nach § 15 a Abs. 5 AufenthG berücksichtigt werden.

(Amtlicher Leitsatz)

 

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Verteilungsentscheidung und die Anordnung vom 17. Juni 2008, dass sich die Klägerin zur Aufnahmeeinrichtung in Nostorf-Horst zu begeben hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 AufenthG werden unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, vor der Entscheidung über die Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Nach § 15a Abs. 3 wird von der zentralen Verteilungsstelle die zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung bestimmt. Sofern das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote erfüllt hat, ordnet die Behörde gem. § 15a Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 AufenthG an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat.

Die Anwendung dieser Regelungen ist vorliegend nicht durch § 15 Abs. 6 AufenthG ausgeschlossen. Hiernach gelten die Regelungen der Absätze 1 bis 5 von § 15a AufenthG nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1.1.2005 eingereist sind. Die Klägerin behauptet zwar, bereits Mitte 2003 in das Bundesgebiet eingereist zu sein, sie hat dies aber weder dadurch substantiiert, dass sie konkret vorgetragen hat, was sie seitdem in der Bundesrepublik Deutschland gemacht hat, noch hat sie Nachweise hierfür vorgelegt, noch ist dies sonst ersichtlich. Da nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 15 Abs. 6 AufenthG, eine vorherige Einreise nachgewiesen sein muss, genügt die bloße Behauptung insoweit nicht. Es genügt auch nicht, dass sich die Klägerin – jedenfalls nach ihrer Angabe – bereits von 1996 bis 1997 in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat. Denn § 15 Abs. 6 AufenthG meint ausdrücklich Ausländer die vor dem 1.1.2005 eingereist "sind" und nicht solche, die bereits zuvor einmal eingereist "waren".

Die Klägerin hat schließlich nicht nach § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG vor Veranlassung der Verteilung nachgewiesen, dass zwingende Gründe bestanden, die der Verteilung nach Nostorf-Horst/Mecklenburg-Vorpommern entgegenstanden. In der mündlichen Verhandlung war erkennbar, dass die Klägerin erhebliche psychische Probleme hat. Diese mögen mit ihrem Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung in Nostorf-Horst jedenfalls insoweit zusammenhängen als sie sich dort allein gelassen fühlt. Es gibt dort offenbar Konflikte mit anderen Ausländern und möglicherweise fehlt ihr der Rückhalt von ihren Landsleuten. Abgesehen davon, dass die Klägerin jedoch keinerlei ärztlichen Stellungnahmen zu Art, Ursache und Therapiemöglichkeit ihrer gesundheitlichen Probleme beigebracht hat, hätte sie – soweit sie die Verteilungsentscheidung anficht – die der Verteilung entgegenstehenden Umstände vor der Veranlassung der Verteilung nachweisen müssen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.10.2006, 3 Bs 118/06; Beschl. v. 23.4.2007, 3 Bs 243/06; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 15a, Rn. 6). Ansonsten können solche Umstände im Rahmen einer Entscheidung der nunmehr zuständigen Ausländerbehörde in Mecklenburg-Vorpommern nach § 15 Abs. 5 AufenthG berücksichtigt werden. Diese entscheidet auch über die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG. Eine Zuständigkeit der Beklagten ist insoweit nicht gegeben, was sich aus § 15a Abs. 1 Satz 1 AufenthG ergibt, wonach unerlaubt eingereiste Ausländer im Sinne dieser Vorschrift vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung auf die Länder verteilt werden.