OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.11.2008 - 3 M 50.08 - asyl.net: M14503
https://www.asyl.net/rsdb/M14503
Leitsatz:

Eine Soll-Regelung (hier: § 104 a Abs. 1 AufenthG) stellt keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG dar.

 

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Altfallregelung, abgelehnte Asylbewerber, offensichtlich unbegründet, Sperrwirkung, Anspruch, Soll-Regelung
Normen: VwGO § 166; ZPO § 114; AufenthG § 104a Abs. 1; AufenthG § 10 Abs. 3 S. 2; AsylVfG § 30 Abs. 3
Auszüge:

Eine Soll-Regelung (hier: § 104 a Abs. 1 AufenthG) stellt keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 10 Abs. 3 S. 2 AufenthG dar.

(Leitsatz der Redaktion)

[...]

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger mit Recht Prozesskostenhilfe versagt. Die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten zuzusichern, dass der Kläger bei Vorlage eines gültigen iranischen Reisepasses eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104 a AufenthG erhalten wird, hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). [...]

Der Kläger geht jedenfalls zu Unrecht davon aus, dass dem letztlich erstrebten Aufenthaltstitel nur noch der fehlende Pass entgegenstehe.

Dem Kläger darf gemäß 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vor der Ausreise keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, weil sein Asylantrag mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27. Februar 2002 gemäß § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist. Dagegen kann er sich nicht mit Erfolg auf § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG berufen, nach dessen Halbsatz 1 § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung findet, denn der Kläger hat keinen solchen Anspruch. § 104 a Abs. 1 AufenthG, der hier in Betracht kommt, ist eine Sollvorschrift, die nur in der Regel, nicht jedoch bei Vorliegen eines Ausnahmefalles die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vorsieht. Allerdings hat der Senat in einer vergleichbaren Situation, in der es um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem ebenfalls als Sollvorschrift ausgestalteten § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG ging, Prozesskostenhilfe mit der Begründung gewährt, es sei obergerichtlich oder höchstrichterlich nicht geklärt, ob eine Sollvorschrift geeignet sei, einen Anspruch im Sinne von § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG (bei Fehlen eines Ausnahmefalles) zu vermitteln. In der Literatur werde dies überwiegend bejaht. Die Rechtsfrage lasse sich danach jedenfalls nicht eindeutig und ohne weiteres in einem dem Kläger ungünstigen Sinne beantworten (Beschluss vom 12. Dezember 2006 - OVG 3 M 58.06 -).

Diese Rechtsprechung ist indes infolge der Änderung von § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970, 1973) überholt. Die Vorschrift ist um den Halbsatz ergänzt worden, dass § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG auch dann nicht anzuwenden sei, wenn der Ausländer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erfülle. Nach dieser Vorschrift soll einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt. Der Gesetzgeber hat somit trotz der bei der Gesetzesänderung offenen und in der Literatur - wie dargestellt - überwiegend bejahten Frage, ob § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG (a.F.) auch für Sollvorschriften gelte, ausdrücklich nur die Fälle, die nach der Sollvorschrift des § 25 Abs. 3 AufenthG zu einem Anspruch führen, den Anspruchsfällen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 AufenthG gleichgestellt. Dies schließt schon aus gesetzessystematischen Gründen die Anwendung der Norm auf andere Sollvorschriften, also auch auf § 104 a Abs. 1 AufenthG, aus (ebenso für § 25 Abs. 5 AufenthG: OVG Greifswald, Urteil vom 26. September 2007 - 2 L 173/06 -, juris, Rz. 64; s.a. Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Band 1, Stand: April 2008, § 10 AufenthG, Rz. 26).

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